Herzogenaurach: Schaeffler erzielt im 1. Halbjahr 2020 trotz starkem Umsatzrückgang positives operatives Ergebnis
Umsatzrückgang im 1. Halbjahr 2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie währungsbereinigt 21,8 Prozent (Vorjahr: 0,8 Prozent), zweites Quartal zeigt im Verlauf deutliche Erholungstendenzen, Wachstum Greater China im 1. Halbjahr plus 3 Prozent
Der weltweit tätige Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler hat heute seinen Zwischenbericht für das erste Halbjahr 2020 vorgelegt. In den ersten sechs Monaten liegt der Umsatz der Schaeffler Gruppe bei 5.574 Millionen Euro (Vorjahr: 7.226 Millionen Euro). Währungsbereinigt ging der Umsatz in diesem Zeitraum insbesondere als Folge des Nachfragerückgangs im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie deutlich um 21,8 Prozent zurück, im zweiten Quartal betrug der Rückgang 34,5 Prozent. Maßgeblich hierfür war die rückläufige Umsatzentwicklung in allen drei Sparten, wobei der währungsbereinigte Rückgang in der Sparte Automotive OEM im ersten Halbjahr mit 26,8 Prozent mit Abstand am stärksten war. Die vier Regionen waren unterschiedlich von der Pandemie betroffen. Die Region Greater China konnte aufgrund der im zweiten Quartal in der Region einsetzenden Erholung im Berichtszeitraum auf währungsbereinigter Basis ein Umsatzwachstum von 3,0 Prozent aufweisen. Die übrigen drei Regionen wiesen in den ersten sechs Monaten deutliche Umsatzrückgänge auf. Im Laufe des Monats Juni stellte sich in allen Sparten und Regionen eine spürbare Erholung des Geschäftsverlaufs ein.
Operatives Ergebnis (EBIT vor Sondereffekten) mit 65 Millionen Euro (Vorjahr: 556 Millionen Euro) positiv, solide Ergebnisse der Sparten Automotive Aftermarket und Industrie
Die Schaeffler Gruppe erzielte in den ersten sechs Monaten ein EBIT vor Sondereffekten in Höhe von 65 Millionen Euro (Vorjahr: 556 Millionen Euro). Dies entspricht einer EBIT-Marge vor Sondereffekten von 1,2 Prozent (Vorjahr: 7,7 Prozent). Die Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr resultierte insbesondere aus dem Rückgang der Bruttomarge als Folge der volumenbedingten Umsatzrückgänge.
Das EBIT im Berichtszeitraum war durch Sondereffekte in Höhe von 288 Millionen Euro belastet (Vorjahr: 73 Millionen Euro). Hierin enthalten war eine im ersten Quartal vorgenommene Wertminderung des der Sparte Automotive OEM zugeordneten Geschäfts- oder Firmenwertes um 249 Millionen Euro. Zudem umfassen die Sondereffekte Aufwendungen in Höhe von 39 Millionen Euro für die Ausweitung der Programme RACE (Sparte Automotive OEM) und FIT (Sparte Industrie), insbesondere im Zusammenhang mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. Mit diesen Sondereffekten betrug das EBIT minus 223 Millionen Euro (Vorjahr: plus 483 Millionen Euro).
Umsatz Automotive OEM minus 26,8 Prozent, robuste Auftragslage mit hohem Anteil von E-Mobilität
Die Sparte Automotive OEM erzielte im ersten Halbjahr Umsatzerlöse in Höhe von 3.264 Millionen Euro (Vorjahr: 4.517 Millionen Euro). Währungsbereinigt ging der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr vor allem volumenbedingt deutlich um 26,8 Prozent zurück. Vorübergehende Produktionsstilllegungen infolge der Coronavirus-Pandemie wirkten sich im Berichtszeitraum erheblich auf die globale Automobilproduktion aus, die während der ersten sechs Monate des Jahres 2020 um rund 33 Prozent zurückging. Auf dieser Basis lag die Outperformance der Sparte Automotive OEM bei rund 6 Prozentpunkten. Der Auftragseingang entwickelte sich in den ersten sechs Monaten gemessen an dem schwierigen Umfeld gut und lag bei 4,6 Milliarden Euro. Das so genannte „Book-to-Bill-Ratio“, das den Auftragseingang im Verhältnis zum Umsatz angibt, betrug damit im ersten Halbjahr 1,4x (Vorjahr: 1,8x). Der Unternehmensbereich E-Mobilität konnte im Berichtszeitraum zwei Aufträge von globalen Premiumherstellern für die Lieferung von elektrischen Achsantrieben im Volumen von rund 1,1 Milliarden Euro gewinnen.
Regional war die Umsatzentwicklung sehr heterogen. In der Region Europa sank der Umsatz währungsbereinigt um 36,0 Prozent. Die Region Americas verzeichnete währungsbereinigt ein Umsatzminus in Höhe von 32,6 Prozent. In der Region Greater China betrug der Umsatzrückgang auf währungsbereinigter Basis 2,2 Prozent. Nach einer sehr schwachen Nachfrage im ersten Quartal setzte hier im April eine deutliche Erholung im Automobilsektor ein, was zu einem Umsatzplus im zweiten Quartal führte. In der Region Asien/Pazifik ging der Umsatz im ersten Halbjahr währungsbereinigt um 24,9 Prozent zurück. In den vier Unternehmensbereichen (UB) konnten lediglich die Produktgruppen Aktorik und elektrische Achsen (beide UB E-Mobilität) sowie die Produktgruppe Thermomanagementmodul (UB Motorsysteme) ihre Umsatzerlöse steigern.
In den ersten sechs Monaten wurde ein EBIT vor Sondereffekten in Höhe von minus 179 Millionen Euro (Vorjahr: 221 Millionen Euro) erzielt. Die EBIT-Marge vor Sondereffekten lag damit im selben Zeitraum bei minus 5,5 Prozent und somit erheblich unter dem Vorjahreswert von 4,9 Prozent.
Umsatz Automotive Aftermarket minus 14,8 Prozent, EBIT-Marge 13,8 Prozent
Die Sparte Automotive Aftermarket verzeichnete im ersten Halbjahr mit einem Umsatz von 747 Millionen Euro (Vorjahr: 904 Millionen Euro) volumenbedingt einen Umsatzrückgang um währungsbereinigt 14,8 Prozent. Nachdem in den ersten beiden Monaten des Jahres insbesondere das Independent-Aftermarket-Geschäft in der Region Europa gegenüber dem Vorjahr deutlich angestiegen war, gingen im weiteren Verlauf des Berichtszeitraums die Umsatzerlöse in allen Regionen deutlich zurück. Im Verlauf des zweiten Quartals verbesserte sich der globale Auftragseingang und näherte sich dem Durchschnittswert des Vorjahres an. Zudem verzeichnete das digitale Werkstattportal REPXPERT im Verlauf des zweiten Quartals eine deutliche Zunahme der Aktivität.
Der Umsatzrückgang in der Region Europa betrug auf währungsbereinigter Basis 13,3 Prozent, in der Region Americas 19,5 Prozent, in der Region Greater China 12,3 Prozent und in Asien/Pazifik 27,0 Prozent. In Greater China setzte zu Beginn des zweiten Quartals eine Erholung ein.
Auf dieser Basis betrug das EBIT vor Sondereffekten 103 Millionen Euro (Vorjahr: 141 Millionen Euro). Dies entspricht einer EBIT-Marge vor Sondereffekten von 13,8 Prozent (Vorjahr: 15,6 Prozent).
Umsatz der Sparte Industrie minus 12,8 Prozent, starkes Wachstum in Greater China vor allem getrieben durch das Windgeschäft
Die Sparte Industrie erzielte im ersten Halbjahr Umsatzerlöse in Höhe von 1.562 Millionen Euro (Vorjahr: 1.804 Millionen Euro). Währungsbereinigt lag der Umsatzrückgang bei 12,8 Prozent. Während der ersten sechs Monate des Jahres 2020 haben die Regionen Europa, Americas und Asien/Pazifik krisenbedingt eine deutlich negative Geschäftsentwicklung verzeichnet. Eine zweistellige Wachstumsrate konnte hingegen die Region Greater China vorweisen, in der insbesondere der Sektorcluster Wind weiterhin ein deutliches Wachstum aufwies. Auch der Sektorcluster Power Transmission trug zum Wachstum bei. Der Auftragseingang der Sparte Industrie hat sich zur Jahresmitte hin stabilisiert. Im zweiten Quartal konnten wichtige Kundenaufträge mit neuen Produkten, auch im wachsenden Sektor der Robotics und mit Produkten der Lineartechnik, verbucht werden. Weiterhin wurde das Condition-Monitoring-System OPTIME, das gezielt für die einfache Nachrüstung in bestehende Industrieanlagen entwickelt wurde, zur Marktreife gebracht. Die Markteinführung erfolgte im Juli.
Das Umsatzwachstum lag in der Region Greater China auf währungsbereinigter Basis bei 17,6 Prozent, während die Umsatzentwicklung in den Regionen Asien/Pazifik mit 23,4 Prozent, Europa mit 20,6 Prozent und Americas mit 16,8 Prozent rückläufig war.
Die Sparte Industrie erzielte in den ersten sechs Monaten ein EBIT vor Sondereffekten in Höhe von 141 Millionen Euro (Vorjahr: 194 Millionen Euro), was einer EBIT-Marge vor Sondereffekten von 9,0 Prozent entspricht (Vorjahr: 10,8 Prozent).
Free Cash Flow vor Ein- und Auszahlungen für M&A-Aktivitäten mit minus 148 Millionen Euro besser als im Vorjahr (minus 229 Millionen Euro)
Das den Anteilseignern zuzurechnende Konzernergebnis vor Sondereffekten ging in den ersten sechs Monaten 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich auf minus 76 Millionen Euro zurück (Vorjahr: 324 Millionen Euro). Das Konzernergebnis betrug minus 353 Millionen Euro (Vorjahr: 273 Millionen Euro). Das Ergebnis je Vorzugsaktie belief sich damit auf minus 0,52 Euro (Vorjahr: 0,42 Euro).
Der Free Cash Flow vor Ein- und Auszahlungen für M&A-Aktivitäten betrug im ersten Halbjahr minus 148 Millionen Euro und lag somit über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (minus 229 Millionen Euro). In den ersten sechs Monaten lagen die Investitionsauszahlungen (Capex) für Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte mit 300 Millionen Euro deutlich unter dem Niveau des Vorjahres (594 Millionen Euro), was einer Investitionsquote bezogen auf den Umsatz in Höhe von 5,4 Prozent (Vorjahr: 8,2 Prozent) entspricht.
Klaus Rosenfeld, der Vorsitzende des Vorstands der Schaeffler AG, sagte: „Durch die vorausschauende Steuerung des Free Cash Flow konnten wir im ersten Halbjahr einen besseren Wert als im Vorjahr erzielen. Die strenge Kosten- und Kapitaldisziplin der letzten Monate hat sich ausgezahlt. Wir werden diese auch im zweiten Halbjahr weiter aufrechterhalten.“
Die Netto-Finanzschulden erhöhten sich zum 30. Juni 2020 auf 3.002 Millionen Euro (31. Dezember 2019: 2.526 Millionen Euro). Das Gearing-Ratio, also das Verhältnis von Netto-Finanzschulden zu Eigenkapital, stieg deutlich auf rund 160 Prozent an (31. Dezember 2019: 86,6 Prozent). Der Verschuldungsgrad vor Sondereffekten liegt per Ende Juni 2020 bei 1,8x (31. Dezember 2019: 1,2x).
Der Konzern beschäftigte zum 30. Juni 2020 84.223 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (31. Dezember 2019: 87.748), was einem Rückgang der Beschäftigtenzahl im ersten Halbjahr um 4 Prozent oder 3.525 Stellen entspricht.
Spartenprogramme und Kostensenkungsmaßnahmen wirken, starke Liquiditätsposition
Die im Frühjahr 2019 in den drei Sparten initiierten Programme RACE (Automotive OEM), GRIP (Automotive Aftermarket) und FIT (Industrie) zeigen die beabsichtigte Wirkung. Die in diesem Kontext initiierten Struktur- und Effizienzmaßnahmen wirkten sich positiv auf die Umsatzkosten aus. Zudem wurden im Berichtszeitraum Maßnahmen ein- und fortgeführt, mit denen die finanziellen Effekte, die durch die Coronavirus-Pandemie ausgelöst sind, abgemildert werden. Dazu gehören temporäre Maßnahmen wie zum Beispiel die Einführung und Ausweitung von Kurzarbeit, der Abbau von Urlaubstagen und Zeitkonten, Einstellungsstopps und Schließtage in unseren Werken. Bereits im ersten Quartal wurde das Freiwilligenprogramm von 1.300 auf 1.900 abzubauende Stellen ausgeweitet.
Die Schaeffler Gruppe verfügt über frei verfügbare Mittel in Form von Barmitteln und Kreditlinien in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro, was rund 19 Prozent vom Umsatz der letzten zwölf Monate entspricht.
Der Vorstand der Schaeffler AG hat am 24. März 2020 aufgrund der sich weltweit ausbreitenden Coronavirus-Pandemie und der daraus resultierenden Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung die am 10. März 2020 veröffentlichte Prognose für das Geschäftsjahr 2020 für die Schaeffler Gruppe und ihre Sparten ausgesetzt. Aus heutiger Sicht gilt weiterhin, dass sich weder der weitere Verlauf der Pandemie noch die wirtschaftlichen Auswirkungen verlässlich abschätzen lassen. Die Schaeffler Gruppe geht derzeit davon aus, im Geschäftsjahr 2020 ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum, eine EBIT-Marge vor Sondereffekten und einen Free Cash Flow vor Ein- und Auszahlungen für M&A-Aktivitäten unterhalb der jeweiligen Vorjahreswerte zu erzielen.
Gegenmaßnahmen und Fokus auf Kapital- und Kostenmanagement zahlen sich aus
Klaus Rosenfeld sagte: „Dank der konsequent umgesetzten Gegensteuerungsmaßnahmen und des soliden Ergebnisbeitrags unserer Sparten Automotive Aftermarket und Industrie sind wir bisher besser durch die Krise gekommen als erwartet. Die Belebung der Nachfrage im Juni deutet darauf hin, dass es nach dem Tiefpunkt im April schrittweise wieder aufwärts geht. Gleichwohl bleibt die Unsicherheit hoch, wann die Vorkrisenniveaus wieder erreicht werden. Das heißt für uns, dass wir weiterhin sehr diszipliniert und vorausschauend agieren müssen.“
Neueste Kommentare