Stadtjugendring Bamberg: „Jugendarbeit lässt sich nicht digitalisieren“
Mit der Coronakrise hat sich für die Bamberger Jugendarbeit vieles verändert. Seit März 2020 sind die Aktivitäten des Stadtjugendrings und seiner Mitgliedsverbände aufgrund der bestehenden Schutzmaßnahmen in weiten Teilen ausgesetzt.
Die bestehenden Rahmenbedingungen lassen auch weiterhin eine Jugendarbeit in der gewohnten Form nicht zu. Mithilfe eines Fragebogens und vielen persönlichen Gesprächen haben der Vorstand und die Geschäftsstelle des SJR Bamberg ermittelt, mit welchen Schwierigkeiten die (verbandliche) Bamberger Jugendarbeit derzeit zu kämpfen hat und ob Aktivitäten in veränderter der bestehenden Gesetzgebung angepassten Form möglich sind. Dabei wurde deutlich, dass Jugend natürlich allen digitalen Formen gegenüber sehr aufgeschlossen und kompetent ist. Soziale Kontakte laufen über Whatsapp, Twitter, Facebook oder Snapshot. Online-Konferenzen boomen.
Gleichzeitig ist zu erkennen: „Der Kern von Jugendarbeit lässt sich nicht digitalisieren“. So fällt bei der Jugend der Sportfischer praktisch das komplette Jahresprogramm ins Wasser, da es sich überwiegend im Zeitraum April bis September abspielt. Jugendleiter Andi Redler: „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Programminhalte und -vorbereitungen aufs nächste Jahr zu übertragen!“ Für die Offene Jugendarbeit ist es eine Herkulesaufgabe, das Stammpublikum bei der Stange zu halten. Online-Angebote werden aus dem Boden gestampft, sichtbar und präsent zu bleiben ist jetzt ein schwieriges Unterfangen. Claudia Duda (Jugendtreff St. Urban) und Jürgen Reinisch (Jugendkulturtreff Immerhin) müssen Einnahmeverluste verkraften, ihr Team an Bord behalten und können auf den verlässlichen Träger der katholischen Kirche bauen. „Wir haben in der Krise mehr Arbeit als im Normalbetrieb. Hygienekonzepte entwickeln und einhalten, digitale Angebote schaffen, Personal verwalten. Überall müssen wir Neuland betreten.“
Nun steht am kommenden Wochenende der Tag der Jugend auf dem Programm. Dass der in gewohnter Form auf der Kettenbrücke in diesem Jahr nicht stattfinden kann, stand schon seit längerem fest und die Entscheidung wurde auch von allen Jugendverbänden geteilt. Die Vorsitzende des SJR Bamberg Michaela Rügheimer setzt nun auf eine abgespeckte digitale Version, die von der Gestaltung einiger Großflächen der dsm-Städtereklame flankiert wird: „Die Bevölkerung soll erkennen, dass auch für Jugendleiter, Vereine und Verbände der Neustart und die Suche nach einer „neuen Realität“ eine große Herausforderung ist. Mit den digitalen Beiträgen von Jugendarbeit auf unserer Website wollen wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass eine gelingende Jugendarbeit unverzichtbar für unsere Gesellschaft ist und Unterstützung braucht. Gleichzeitig laufen unsere Bemühungen auf Hochtouren, um Jugend- und Jugendbildungsarbeit wieder möglich zu machen.“
Davon kann der Sport ein Lied singen. Elmar Schmitt, Abteilungsleiter des Mädchen– und Frauenfußballs bei der TSG, und Jan Scheibe mit seinem Trainerstab bei der DJK Don Bosco entwickelten nicht nur Trainingsangebote im Videoformat. Die können die Jugendlichen dann zuhause umsetzen. Gleichzeitig wird bei der zaghaften Rückkehr auf die Trainingsplätze deutlich, welche Last den ehrenamtlichen Trainer/-innen aufgebürdet wird. Elmar Schmitt dagegen zeigt auf, dass ein Training unter den bestehenden Auflagen ein vielfaches an Vor– und Nachbereitung erfordert: „Vieles ist für mich nicht nachvollziehbar. Bei uns dürfen Eltern nicht am Platz sein, Bälle und Torwarthandschuhe müssen in kurzen Abständen desinfiziert werden. Und auf Freizeitanlagen und Spielplätzen beobachte ich ein kunterbuntes Treiben.“ Er ist wie viele andere seiner Kollegen besorgt über die Zukunft seiner Abteilung. „Die lange Pause lässt viele junge Menschen überlegen, ob sie einer alternativen Freizeitbeschäftigung nachgehen. Die entgangenen Einnahmen aus der Beteiligung am Verpflegungsstand beim ausgefallenen Pfingstcup reißt ein tiefes Loch in die Mannschaftskasse.“
Dass die umfangreiche Vorarbeit für das 15, 20 oder 30-jährige Jubiläum einiger Vereine oder Abteilungen umsonst war, lässt den Schaden erahnen, den viele ausgefallene Maßnahmen in der Jugendarbeit hinterlassen. Die große Anzahl der bis ins Detail vorbereiteten Freizeiten, die seit März bei den Jugendgruppen und Verbänden ausfallen müssen, sind für die Jugendarbeit ein unwiederbringlicher Verlust. Sie sind Kernstücke der Jugendarbeit, die von gemeinsamen Erlebnissen und persönlichen sozialen Kontakten lebt.
Sabine Schuberth von den Bamberg Phantoms erklärt: „Wir gehen schon in normalen Zeiten an unsere Leistungsgrenzen. Nun müssen wir irrsinnigen Aufwand betreiben, um Hygienekonzepte umzusetzen, Desinfektionsmaterial anzuschaffen, Gebühren und Trainergehälter zu stemmen. Die Vorbereitungen für unser 10-jähriges Jubiläum waren für die Katz!“.
Kreisjugendleiter Udo Schoberth legt den Finger in diese Wunde: „Es muss nach der Krise eine Anschubfinanzierung für die Jugendarbeit in Bamberg geben. Ehrenamtliche und Vereine dürfen mit den entstandenen Zusatzkosten nicht alleine gelassen werden.“ Oliver Wolf von der DPSG Bischof Otto Bamberg sagt es deutlich: „Die Stadt sollte die Zuschüsse für die Jugendarbeit im Rahmen der Zuschüsse an den Stadtjugendring (Topf für Freizeiten) in voller Höhe für Ausfall– und Stornokosten bei den Verbänden bereitstellen.“
Kleine Silberstreifen sieht Benjamin Lulla (SJR-Vorstandsmitglied und Dekanatsjugendreferent der Evangelischen Jugend) am Horizont: „Es haben sich neue digitale Arbeitsformen entwickelt. Einige davon werden sich sicherlich etablieren und die Qualität der Jugendarbeit weiter verbessern. Trotzdem trifft auch die EJ der Ausfall vieler Maßnahmen hart. Die `Konfi-Burgen` im Herbst auf Burg Feuerstein sind nicht möglich. Und wie unsere Bildungshäuser die Krise überstehen, vermag ich noch nicht zu sagen. Auch hier könnte der Jugendarbeit ein großer Verlust entstehen.“
Am 18. Juli 2020 startet auch der SJR wieder mit analogen Angeboten für die Jugendarbeit. Das Seminar Aufsichtspflicht gibt Jugendleiterinnen und Jugendleitern Hilfen an die Hand, dass ihren Umgang mit den Jugendlichen rechtssicher gestalten können. Einige wenige Plätze sind noch frei.
Optimismus bleib also ein herausragendes Merkmal von Jugendarbeit. Bleibt zu hoffen, dass auch die Politik ihren Teil dazu beiträgt und der Jugendarbeit mit den nötigen Mitteln zur Seite steht.
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