Kastellan vom Bamberger Domberg geht in Pension
Baptist Ruß kümmerte sich 39 Jahre um die Alte Hofhaltung und die Neue Residenz Bamberg
Traurige Stimmung herrschte dieser Tage in den beiden großen Palästen am Domberg. Baptist Ruß, seit Jahrzehnten für die Schloss- und Gartenverwaltung Bamberg tätiger Kastellan und Stellvertreter des Amtsvorstands, ging am Freitag in die Pension verabschiedet. Corona bedingt wurde der seit 1981 in der Neuen Residenz am Domplatz tätige Beamte in kleiner Runde von Amtsvorstand Bernhard Schneider für seine langjährigen Verdienste gewürdigt.
„Es war stets eine Freude, mit Herrn Ruß zusammenzuarbeiten, der seine Tätigkeit über die reinen Verwaltungsaufgaben auch als echte Berufung sah und ausübte“, so Verwaltungsvorstand Schneider. Ihm sei dabei seine Empathie und auch sein handwerkliches Geschick zugutegekommen. Für die Schlossführerinnen und Schlossführer, die Gärtner und die Verwaltungskräfte sei er stets ein Ansprechpartner mit offenem Ohr und viel Langmut gewesen, der sich der Sorgen Fragen und an ihn heran getragenen Ideen und Verbesserungsvorschläge gegenüber stets aufgeschlossen gegenüber gezeigt habe.
Der Amtsvorstand blickte mit einem gewissen Stolz auf über dreißig Jahre gemeinsamer Arbeit mit dem Kastellan für die Schloss- und Gartenverwaltung Bamberg zurück, die zu einemPrunkstück im Kulturangebot Bambergs geworden sei. Schneider gab zu, auch nach über 35 Jahren Zusammenarbeit mit Ruß immer noch von dessen Detailwissen über die Liegenschaften der Schloss- und Gartenverwaltung Bamberg verblüfft zu sein. „Auch als 2003 das Schloss Seehof von der Schlösserverwaltung vom Landesamt für Denkmalpflege übernommen wurde, hat sich Herr Ruß in dieses neue Objekt sofort intensiv eingearbeitet und große Kenntnisse dazu angeeignet“. Kenntnisse, die nun mit ihm in Pension gehen.
Der 1954 geborene Ruß absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und wechselte 1981 von einem großen Handelskonzern für Autozubehör und Werkstatteinrichtung in den Staatsdienst und fing zunächst als Schlossführer in der Neuen Residenz an. Ab 1984 wurde er Kastellan der Neuen Residenz und kurze Zeit später mit mehr Personalverantwortung auch für die von Bamberg aus verwaltete Burg Lauenstein in Ludwigstadt Stellvertreter des Amtsvorstands. Vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Aushilfen im Museumsdienst tätigen war er ein Mentor, der nicht nur Dienstzeiten einplante, sondern ihnen das ganze Wissen um die Schlösser, den Umgang mit Kollegen und Besuchern mitgeben konnte. Viele Studenten konnte von ihm für ihr späteres Leben so manch wichtige Lektion lernen.
Gerade auch das Kulturelle war Ruß sehr am Herzen gelegen. Die Bewahrung der Schlösser versuchte er mit den unterschiedlichen Nutzungen derselben in Einklang zu bringen. Schneider erinnerte an zahlreiche Ausstellungen in der Neuen Residenz, die Ruß begleitet und vor Ort mit organisiert habe. Der Kastellan trug durch sein Organisationstalent und sein ausgleichendes Wesen zum Erfolg von mehr als einem Dutzend von vielen zahntausend Besuchern gesehenen Ausstellungen bei, wie etwa „Von Athen nach Bamberg – König Otto von Griechenland“ im Jahr 2002, „Kaiserräume- Kaiserträume“ von 2007. Auch die in wenigen Tagen beginnende Ausstellung „Unbekannte Schätze. Möbel und Kunstwerke aus den Depots der Bamberger Residenz“ hat er in den vergangenen Monaten noch in Zusammenarbeit mit dem Museumsreferenten Dr. Sebastian Karnatz vorbereitet. Dabei war sich Ruß stets bewusst, dass er einen wesentlichen Teil des in christlicher Tradition und auf Basis des Glaubens entstandenen architektonischen und künstlerischen Erbes der Fürstbischöfe von Bamberg und der Bamberger Kirche als Ganzes verwaltete. Dessen Erhalt und Schutz war für ihn immer vorrangig, eine gute Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche als Nachbarn stets wichtig.
Die aktuell laufende Generalsanierung der Neuen Residenz verlangte ihm in den vergangenen Jahre viel Arbeit und Geduld ab. Ruß war als personifizierte Schnittstelle in der Residenz zwischen ausführenden Firmen, der Bayerischen Schlösserverwaltung und dem Staatlichen Bauamt Bamberg gefragter Partner in vielen Fachfragen von notwendiger Elektrifizierung über Planung von Veranstaltungen bis hin zum Verbleib und korrekten Lagerung von Kunstgut in den zahlreichen Depots der Verwaltung.
Viele große Feste hat Ruß in der Neuen Residenz und in Seehof erlebt und mit organisiert, darunter Staatsempfänge für die drei Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß, Edmund Stoiber und Markus Söder sowie einer ganzen Reihe von Finanzministern. Zuletzt den Empfang von Staatsminister Albert Füracker anlässlich der Ausstellungseröffnung „Majestäten, Königskinder, Verfassungsväter“ vom Juni 2019. Auch für die Auftritte großer Künstler wie dem Sänger Herrmann Prey oder dem Pianisten Alain Bernheim und den Bamberger Symphonikern und für die Rosengarten Serenaden schuf Ruß mit seinen Kolleginnen und Kollegen Voraussetzungen und den Rahmen für denkwürdige Auftritte im Kaisersaal. Auch bei den Planungen für Großveranstaltungen auf dem Domplatz und in der Alten Hofhaltung wie etwa den alljährlichen Vereidigungen der Bundespolizei, dem Heinrichsfest, den Calderon-Festspielen oder den Domplatz-Open Airs war der heute 65-jährige in vielfältiger Weise beteiligt. Der technisch wie kulturell versierte Kastellan war als helfender Held im Hintergrund tätig für zahlreiche Dreharbeiten für Spielfilme wie die „Drei Musketiere“ von 2011 oder „Farinelli“ von 1994 und Fernsehproduktionen „Die Seelen im Feuer“ des ZDF oder „Kunst- und Krempel“ des BR aus dem Kaisersaal der Neuen Residenz.
Einen stets guten Draht bewahrte sich der ausgewiesene Profi im Kulturbetrieb dabei zum Tourismus- und Kongressservice und den Museen der Stadt Bamberg, der katholischen Kirche und dem Staatlichen Bauamt Bamberg, wohl wissend, wie notwendig eine gute und rücksichtsvolle Zusammenarbeit im Herzen des UNESCO-Welterbes Altstadt Bamberg ist.
Ruß wird sich als Pensionär nicht der Ruhe und Muße hingeben, sondern laut eigenen Angaben um die Ausstattung seines Hauses mit neu gebautem Kaltwintergarten sowie als Helfer im Landwirtschaftsbetrieb seiner Familie betätigen. Seine technischen und menschlichen Fähigkeiten werden ihm dabei bestimmt von Nutzen sein.
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