Deutsche BierAkademie in Bamberg startet ersten Online-Kurs für Biersommeliers

Markus Raupach. Foto: Christian Lietzmann
Markus Raupach. Foto: Christian Lietzmann

Die Deutsche BierAkademie bietet eine innovative Fortbildung für Freunde des Gerstensaftes

Die Deutsche BierAkademie startet im Juli 2020 den ersten Online-Kurs zur Ausbildung von Biersommeliers. Das Unternehmen reagiert damit auf die Herausforderungen der Corona-Krise und startet in das Thema digitale Fort- und Weiterbildung.

Die 16 Teilnehmer der Fortbildung zum „International Beer Sommelier“ werden im Zeitraum vom 29. Juli bis 7. November an 15 wöchentlich stattfindenden Online-Abendseminaren teilnehmen und zum Ende einen kompletten Tag lang in Präsenz eine Intensivschulung rund um das Thema Bierbewertung und Bierwettbewerbe besuchen. Dazwischen stehen individuelle und Gruppenaufgaben auf dem Programm – und natürlich reger Austausch mit den Kollegen und Ausbildern. Dieses Format wird als „Blended Learning“ bezeichnet und ist für die Deutsche BierAkademie die Antwort auf die Herausforderungen der Corona-Krise.

Kompletter Stillstand seit Mitte März

Schließlich mussten seit 13. März alle Kurse und Veranstaltungen der Deutschen BierAkademie abgesagt werden, erste Versuche mit Präsenzveranstaltungen starten Ende Juni. Dies bedeutete einerseits einen fünfstelligen Umsatzverlust, andererseits aber auch, dass viele geplante Projekte komplett ausfallen oder verschoben werden mussten. Andererseits entwickelten Markus Raupach und Holger Hahn, die beiden Geschäftsführer der Deutschen BierAkademie bereits im März ein neues, komplett digitales Format, den Podcast „BierTalk“ und eine dazugehörige Verkostungsreihe, den „BierTalk Live“.

Online-Verkostungen als Ausweg

Bis Mitte Juni entstanden über 40 Podcast-Folgen, in denen die beiden mit verschiedensten nationalen und internationalen Persönlichkeiten aus der Bierwelt sprechen, und es fanden bereits neun Online-Verkostungen statt, bei denen die Teilnehmer zuvor ein Bierpaket geliefert bekommen und dann in einer Online-Runde zusammen mit Raupach und Hahn die enthaltenen Biere verkosten. Dazu gehören auch Foodpairing-Empfehlungen und BierCocktail-Rezepte, für die die Teilnehmer zuvor die Rohstoffe einkaufen und dann während des Seminars Zubereitung und sensorische Einordnung kennenlernen. Mit in der digitalen Runde sind auch immer mehrere Brauer und Brauereibesitzer, deren Biere verkostet werden, wie zum Beispiel Sebastian Priller von der Augsburger Riegele Brauerei oder Jan Niewodniczanski von der Bitburger Brauerei. Hierüber berichtete bereits das Bayerische Fernsehen anlässlich des Tages des Bieres am 23. April.

Biersommelier als logische Konsequenz

Nachdem die Online-Verkostungen so gut angenommen wurden, beschlossen Markus Raupach und Holger Hahn, auch ihre Ausbildung zum „International Beer Sommelier“ zu digitalisieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das neue Format läuft berufsbegleitend am Abend und am Wochenende, es können themenbezogen zahlreiche internationale Experten zugeschaltet werden und niemand muss nach den Verkostungen noch in ein Fahrzeug steigen. Natürlich gibt es für Teilnehmende und Dozenten auch eine Menge Herausforderungen, schließlich erfordert das reine Online-Seminar methodische und didaktische Kompetenzen, wenn beispielsweise statt an einem realen Flipchart auf dem digitalen Whiteboard Post-It-Zettel geklebt und Punkte vergeben werden müssen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website zum Kurs: www.biersommelierkurs.online

Interview mit BierAkademie-Geschäftsführer Markus Raupach

Die Deutsche BierAkademie startet als erster deutscher Anbieter Ende Juli einen Online-Kurs zum Biersommelier. Wir haben mit Geschäftsführer Markus Raupach darüber gesprochen, wie es zu der Idee an sich kam und was den Kurs von anderen Angeboten unterscheidet.

Herr Raupach, als Erstes interessiert uns natürlich, wie Sie auf die Idee gekommen sind, gerade so ein Thema wie den Biersommelier als Online-Seminar anzubieten. Ist es nicht irgendwie albern, sich am Bildschirm zuzuprosten?

MR: Ganz grundsätzlich geht es bei unserem Kurs zum „International Beer Sommelier“ ja nicht darum, sich einmal in der Woche zu betrinken, sondern es ist eine echte Fortbildung mit Anspruch und vielen Prüfungen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch bestehen müssen. Aber andererseits haben wir in der Corona-Zeit gelernt, dass es zwar anders ist, über eine Internet-Verbindung gesellig zu sein, aber dennoch möglich und auf eine neue Art und Weise auch schön. Ich habe das zum ersten Mal an meinem Geburtstag am 29. März ausprobiert, als ich meine Geburtstagsfeier online mit etwa 50 Gästen gefeiert habe.

Wie muss man sich das vorstellen, ist das nicht ein totales Chaos?

MR: Das dachte ich am Anfang auch, aber dann habe ich mich intensiv mit den Möglichkeiten digitaler Meetings beschäftigt und das dann auf meine private Feier übertragen. So haben wir beispielsweise für jeden echten Raum in unserer Wohnung einen virtuellen Raum eingerichtet. Die Gäste konnten dann wie im echten Leben vom einen Raum in den anderen gehen und dann jeweils mit neuen Leuten zusammen sein. Außerdem haben wir gemeinsame Aktionen geplant, beispielsweise einen Weg gefunden, das Würfelspiel „Mäxchen“ an Bildschirm zu spielen. Meine Gäste haben sogar ein passables Ständchen gesungen. Sehr schön war natürlich auch, dass wir trotz über sieben Stunden Feier am nächsten Tag nichts aufzuräumen hatten.

Und deswegen gibt es jetzt einen Online-Kurs für Biersommeliers?

MR: Mehr oder weniger ja. Denn Sie müssen sich vorstellen, dass wir zu Jahresbeginn einen komplett gefüllten Terminkalender hatten. Zahlreiche Seminare, Verkostungen, Weiterbildungen, Bierwettbewerbe, Messen, Auslandsreisen etc. standen für 2020 an. Als ich am 12. März von einer Fortbildung für oberfränkische Genussbotschafter zurückkam und von dem bevorstehenden Lockdown hörte, war das erstmal ein Schock. Der Terminkalender war von einem Tag auf den anderen komplett leer – und damit auch der zu erwartende Umsatz gleich null. Am darauffolgenden Wochenende haben wir uns dann in der Deutschen BierAkademie Gedanken gemacht und angesichts unseres vollen Lagers erstmal einen Lieferservice für Bier auf die Beine gestellt. Die zweite Idee war dann, ein komplett neues Produkt zu entwickeln, den BierTalk. Dazu gehören einerseits eine Podcast-Reihe mit hochrangigen Gästen aus der gesamten nationalen und internationalen Bierwelt und andererseits eine Serie von Online-Bierverkostungen, die ich auf den Erfahrungen meiner Geburtstagsparty aufgebaut habe. Als wir dann gesehen haben, wie gut das tatsächlich funktionieren kann, haben wir schließlich beschlossen, den eigentlich im September anstehenden Präsenz-Biersommelierkurs vorzuziehen, aber eben als Online-Version mit dem Dozententeam Holger Hahn, Meinhard Wicht und mir.

Online-Kurse an sich sind doch allerdings nichts Neues, das gibt es doch schon lange. Was macht Ihr Angebot da besonders und was erwartet die Teilnehmer?

MR: Es stimmt, dass es bereits digitale Angebot gibt, allerdings sind dies meistens eine Mischung aus Videos, die ich mir Online ansehen kann, digitalen Unterlagen und Webinaren, bei denen ich als Teilnehmer zuschauen kann, wie eine Dozentin oder ein Dozent irgendwas erklärt und Präsentationsfolien zeigt. Wir verstehen darunter etwas völlig anderes. Alle unsere Termine laufen komplett live und interaktiv ab. Das bedeutet, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ständig gefordert sind und sich beteiligen. So gestalten sie selbst über die Hälfte des Seminars und machen alle Lernerfahrungen direkt. Das heißt, ich höre nicht nur, dass es beispielsweise verschiedene Malze und Hopfen gibt, ich habe sie direkt am Platz, verkoste sie in einer Kleingruppe und tausche mich dann mit allen anderen darüber aus. Zudem können wir durch unsere guten Verbindungen zu allen Themen interessante Gäste aus der ganzen Welt zuschalten und so Informationen aus erster Hand an die Teilnehmenden weitergeben. Hierfür verwenden wir neueste digitale Lernplattformen, mit denen alle Möglichkeiten eines realen Seminarraums auch digital verfügbar werden, vom Flipchart bis zur Kleingruppenarbeit. Hausaufgaben und Peergroup-Aufgaben runden das Seminargeschehen schließlich ab.

Das klingt alles ganz nett, aber wo bleibt denn das Bier dabei? Das kann man sich schließlich nicht einfach runterladen?

MR: Richtig, aber versenden. Deswegen bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehrere Bierpakete und besorgen auch Zutaten für Speisekombinationen von Bier mit Käse oder Schokolade. Außerdem mixen wir Biercocktails und lernen das Kochen mit Bier. Neben den Online-Verkostungen steht ja außerdem noch der abschließende Präsenztag auf dem Programm, in dem es um Fehlaromen im Bier und die Arbeit in Bierwettbewerben geht. Und natürlich gibt es am Ende ein richtig schönes Bierkulinarium, bei dem sich die Kursteilnehmer nochmal richtig feiern können.

Abschließend würde uns noch interessieren, für wen dieser Kurs eigentlich gedacht ist und was er kostet…

MR: So ein Biersommelierkurs kann grundsätzlich für Jede und Jeden interessant sein, der oder die Freude am Bier und an der Bierkultur hat. Aber natürlich richtet sich das Angebot hauptsächlich an Menschen, die gerne auch beruflich mit Bier zu tun haben wollen. Für den International Beer Sommelier ergeben sich viele interessante Tätigkeitsfelder: In der klassischen Gastronomie sind sie unter anderem für die Bierauswahl, Speisenempfehlungen und die Ausschankqualität zuständig, bei einer Brauerei kann es zusätzlich um die Planung und Organisation von Veranstaltungen wie Verkostungen, Biermenüs oder innovativen Brauereiführungen gehen. Biersommeliers arbeiten aber auch in Werbung, Kommunikation und Marketing, sind freie Journalisten oder Berater in der Branche. Auch auf Messen und Vortragsbühnen sind Biersommeliers zu finden, für Vertriebsteams und Gastronomiekunden erarbeiten und leiten sie Workshops – und oft sind sie gefragte Juroren bei den nationalen und internationalen Bierwettbewerben. Die Kursgebühr beträgt 1.500 Euro netto. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer, die ja wahrscheinlich ab Juli anders sein wird. Außerdem bestellen die Teilnehmer noch die Bierpakete und kaufen die Materialien für die Foodpairings und das Kochen ein. Weitere Infos finden Sie auf der Website www.biersommelierkurs.online.

Vielen Dank für das Interview.

MR: Ebenfalls, sehr gerne! Ich möchte vielleicht noch kurz erwähnen, dass unsere Erfahrungen im Bereich der Online-Verkostungen auch Pate für den ersten großen internationalen Bierwettbewerb stehen, der seine Verkostungen nun komplett digital durchführt. Ich bin Vorsitzender der deutschen Jury des World Beer Awards, und wir führen kommende Woche zum ersten Mal die komplette Verkostung über unser Online-Portal durch. Wenn das klappt, wovon ich ausgehe, werden die kompletten World Beer Awards in diesem Jahr nach unserem Schema durchgeführt werden. Drücken Sie uns also die Daumen!

Text: Nicole Schramm

Foto: Christian Lietzmann

Link zum Beitrag des Bayerischen Fernsehens: https://www.br.de/mediathek/video/tag-des-bieres-online-bierverkostung-av:5ea1caeedb0cb800134f58df

Podcast BierTalk und weitere Online-Videos von Verkostungen: http://www.biertalk.de