Bamberger Kreis-Grüne fordern Aufklärung und klare Abgrenzung zur AFD

Pressemitteilung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN KV Bamberg-Land

Bei einem Treffen des Kreisvorstandes der Kreisgrünen mit der Fraktionsspitze der GAL wurde über die Vorgänge während der konstituierenden Sitzung des Kreistages im Landkreis Bamberg am 18.05.2020 diskutiert. In dieser Sitzung wurde Bruno Kellner (Freie Wähler) mit 32 von 61 Stimmen zum stellvertretenden Landrat gewählt (CSU und Freie Wähler haben zusammen 31 Stimmen). Die grüne Kreistagsfraktion gratulierte dem stellvertretenden Landrat und wünschte sich eine gute Zusammenarbeit!

Doch damit ist das Thema leider nicht abgehakt. In den darauffolgenden Tagen gratulierten zwei Kreistagsmitglieder der AFD-Fraktion Bruno Kellner zur Wahl und erklärten auf ihren Social Media Seiten, dass die AFD-Fraktion geschlossen mit 5 Stimmen Bruno Kellner unterstützt habe. Angenommen, diese Aussagen treffen zu, wovon begründet ausgegangen werden kann, dann hat Bruno Kellner 27 Stimmen der anderen, im Kreistag vertretenen Parteien erhalten, 29 Stimmen haben gegen ihn gestimmt. Folglich ist er erst durch die Stimmen der AFD zum stellvertretenden Landrat gewählt worden!

Damit haben wir im Landkreis eine ähnliche Situation wie beispielsweise in Höchstadt. Die SPD versucht dort händeringend den Schaden zu begrenzen, da bei der Wahl zum 2. Bürgermeister (SPD) ebenfalls eine AFD Stimme entscheidend war, wie der FT ausführlich am 22.05.2020 berichtete. In der Stadt Bayreuth ist die grüne Kandidatin unmittelbar nach einer ähnlich verlaufenen Wahl vom Amt der 3. Bürgermeisterin zurückgetreten, da sie sich nicht sicher sein konnte, ob sie nicht mit AFD Stimmen gewählt wurde.

Unbestritten hat die AFD bei demokratischen Wahlen ihre 5 Mandate errungen. Die AFD ist aber heute aus grüner Sicht keine demokratische Partei mehr. Der Verfassungsschutz prüft, die AFD als rechtsextrem einzustufen. Der rechtsradikale „Flügel“ ist gerade in der bayerischen AFD sehr stark vertreten. Jüngst forderte die AFD einen Austritt des Bayerischen Landtags aus dem bayerischen Bündnis für Toleranz, das von evangelischen und katholischen Kirchen ins Leben gerufen wurde. Die Machtkämpfe innerhalb der Bundes AFD um den Ausschluss des Rechtsextremen Kalbitz deuten auf eine weitere Radikalisierung der AFD hin. Die AfD muss mehr denn je als das bezeichnet werden, was sie ist: der parlamentarische Arm der rechtsradikalen Szene.

Gerade deshalb müssen sich die demokratischen Parteien im Kreistag ganz klar gegenüber der AFD abgrenzen und dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass es sich hier um eine normale bürgerliche demokratische Partei handelt. Dazu gehört, dass gewählte Ämter unbedingt von der Mehrheit der Vertreter der demokratischen Parteien legitimiert sein sollten. Das ist mit der Wahl des 1. Stellvertretenden Landrats Kellner aber nicht gelungen. Die demokratischen Parteien haben es im Vorfeld nicht geschafft für klare politische Mehrheitsverhältnisse jenseits der AFD zu sorgen. Es ist zu befürchten, dass sich dieses Muster zukünftig bei vielen Entscheidungen im Bamberger Kreistag wiederholen, wird, solange die AFD in die Rolle des „Zünglein an der Waage“ schlüpfen kann.

Der grüne Kreisverband stellt deshalb folgende Fragen, die Kreisvorstand Klaus Fischer zusammenfasst: Wie bezieht der stellvertretende Landrat Kellner dazu Stellung, dass er mutmaßlich entscheidend durch die Stimmen der AFD zum stellvertretenden Landrat gewählt wurde? Wie will er sich in diesem Raum der Vermutungen und Spekulationen positionieren? Aber auch die Freien Wähler und die CSU im Kreistag müssen sich fragen lassen, wie eine klare Abgrenzung zur AFD aussehen soll und hierzu Stellung beziehen. Gerade die CSU hat sich im Vorfeld der konstituierenden Sitzung mehrfach sehr klar dahingehend geäußert, dass es keine Zusammenarbeit mit der AFD geben wird. Passt diese Haltung jetzt zur Wahl des stellvertretenden Landrats? Angesichts der sehr knappen Mehrheitsverhältnisse im Kreistag (31 von 61 Stimmen für CSU und Freie Wähler) stellt sich für beide Listen die Frage, wie man für stabile Mehrheitsverhältnisse sorgen möchte, bei denen das Abstimmungsverhalten der AFD keine Rolle spielt? Zumal es ja in den beiden Fraktionen Freie Wähler und CSU Abweichler gegeben haben muss, wenn Bruno Kellner mit mehr als einer Stimme von der AFD zum stellvertretenden Landrat gewählt wurde. Und wie ist die Meinung des Landrats Johann Kalb zu den Vorgängen, der während der Kommunalwahl in einer Pressemitteilung (vgl. FT vom 27.03.2020 S.14) schrieb: „Die AfD ist für mich das politische Virus dieser Zeit. Für diese Partei ist in meinem politischen Verständnis von Demokratie kein Platz. Ich bin nicht auf die Stimmen angewiesen und lehne diese entschieden ab.“

Die Fraktionssprecher der GAL Bernd Fricke und Helga Bieberstein laden alle Fraktionen ein, Themen und Inhalte in den Mittelpunkt zu stellen und sich gemeinsam für eine moderne, freiheitliche, demokratische, pluralistische, soziale und ökologische Gesellschaft einzusetzen. Es geht nicht um einzelne Personen oder Posten, sondern um einen breiten Konsens über Parteigrenzen hinweg mit klaren inhaltlichen Schwerpunkten Zielen. Aus grüner Sicht sind das: eine nachhaltige Wirtschaft, Klimaschutz, eine umwelt- und klimafreundliche Mobilität, ein soziales und gerechtes Miteinander, eine lebendige und transparente Demokratie sowie ein engagierter Einsatz für eine intakte Umwelt und Natur. Wenn man beispielsweise über ein fraktionsübergreifendes Eckpunktepapier zu einer breiten Zusammenarbeit kommt, dann ist es in Zukunft völlig gleichgültig wie die AFD abstimmt, da es eine klare Mehrheit der demokratischen Parteien gibt. Die aktuelle Entwicklung in der Stadt Bamberg könnte hier als mustergültiges Beispiel dienen.

In den Gesprächen der Fraktionsvorsitzenden im Vorfeld der konstituierenden Sitzung war auch der Posten einer weiteren Stellvertretung des Landrats für die Grünen im Gespräch. Die grüne Fraktion hat dies aber klar abgelehnt, da keinerlei Bereitschaft auf Seiten der CSU erkennbar war, gemeinsame Inhalte und Ziele festzuschreiben. Die anstehenden Herausforderungen des Landkreises wie die wirtschaftlichen Folgen der Corona Krise, der Strukturwandel der Autoregion Bamberg, aber auch die großen Themen Folgen des Klimawandels, Mobilität im Landkreis und Pflegenotstand brauchen aber die Kompetenz aller demokratischen Parteien und eine konstruktive Zusammenarbeit, die sich zu allererst über Inhalte und nicht über Posten definiert.