BN Forchheim zu den Bürgerentscheiden “Bebauung Schirnaidler Straße, Markt Eggolsheim”
Pressemitteilung des Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN), Kreisgruppe Forchheim
Natur zerstört – Gemeideetat gerettet?
Die Bürger der Marktgemeinde Eggolsheim haben am 17.5.2020 Gelegenheit, über das zukünftige Aussehen der Schirnaidler Straße zu entscheiden. Zur Abstimmung stehen dabei 2 Entwürfe. Der Entwurf des Bürgerbegehrens sieht die ausschließliche Bebauung der Flurnummern 5676/1, 5677 und 5678 vor, das vom Gemeinderat aufgestellte Ratsbegehren “Wohnraum schaffen im Markt Eggolsheim im Einklang mit Natur und Landschaft” bezieht eine Streuobstwiese auf Flur Nr. 229 und eine Fläche mit Privatgärten östlich des Friedhofs mit ein.
In den auf der Internetseite des Marktes Eggolsheim zugänglichen Unterlagen zum Ratsbegehren wird der Anschein erweckt, als sei dem Markt der Spagat zwischen bezahlbarem Wohnraum, nachhaltiger Dorfentwicklung und Schonung der Umweltressourcen gelungen, indem gegenüber der ursprünglichen Planung einige Zugeständnisse an die Belange der Kritiker gemacht wurden. Doch eine genauere Betrachtung der Sachlage lässt einige dieser Aussagen zweifelhaft erscheinen.
Die im Ratsbegehren zur Bebauung vorgesehene Streuobstwiese steht zweifellos unter dem Schutz des Gesetzes (Art 23 BayNatSchG) als artenreicher und zu erhaltender Lebensraum. Eine Beseitigung ist ohne triftige Gründe nicht erlaubt. Als triftiger Grund kann nun gerade nicht gelten, dass die Erschließungskosten des Gesamtprojekts bei Nicht-Bebauung der Streuobstwiese in unzumutbarem Maß steigen würden. Dieses Argument öffnet – etwas genauer beleuchtet – der Relativierung von Naturschutzrecht Tür und Tor, muss also in diesem Zusammenhang als unerheblich gelten.
Warum ist die Streuobswiese an der Schirnaidler Straße so wichtig? Nicht nur, dass sie die traditionelle Einfassung fränkischer Dörfer, die als identitätsstiftend und erhaltenswert gilt, darstellt. Nicht nur, dass alte Gehölzbestände und ihre Standorte in Ortsschaftsnähe klimaverbessernd wirken – eine Eigenschaft, die wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu schätzen lernen werden. Obstbäume im Alter von 50 Jahren und mehr – wie in der betrachteten Streuobstwiese reichlich vorkommend – stellen Lebensräume in Form von Wurzelraum, Baumkronen und Hohlräumen für seltene Vögel zur Verfügung und sind im Frühjahr Nahrungspflanzen für zahlreiche Insektenarten.
Aufgrund dieser Eigenschaften wurde besagte Streuobstwiese als Zielvorgabe im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan des Markts Eggolsheim als zu erhalten beschrieben. Auch das mit öffentlichen Geldern geförderte “Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) für den Ort Eggolsheim” (2017) unterstreicht in seinen Handlungsansätzen den Wert der behutsamen Innenentwicklung, des Erhalts “grüner Inseln” und von Gartengrundstücken als identitätsfördernde Maßnahmen. Die beabsichtigte Bebauung der Streuobstwiese und der Privatgärten läuft diesen Planungsabsichten zuwider.
Die Nähe der zu errichtenden Gebäude und der Parkplätze zu den Obstbäumen lässt für die Zukunft erahnen, dass von dem Steuobstbestand nicht – wie von Seiten der Verwaltung verkündet – nur 8, sondern ein Großteil der Obstbäume den Baumaßnahmen und den Folgenutzungen (Wegeanlage) weichen muss. Eine Streuobstwiese ohne Bäume oder auch ohne typische Wiesenfläche ist aber keine Streuobstwiese mehr – der Biotopwert ist zerstört, die ortsprägende, geschützte Struktur verschwunden.
Die vorgesehenen Ersatzmaßnahmen in Form von Baumpflanzungen und dem Aufstellen von Vogel- und Fledermaus-Nistmöglichkeiten entspricht dem üblichen Prozedere. Doch sind diese Maßnahmen erst in Jahrzehnten ökologisch wirksam, ersetzen also das zu erwartende Maß an Naturzerstörung nicht annähernd. Leider zeigt der Umgang von vielen Gemeinden mit dem Mittel der Ersatzpflanzung, dass einem gepflanzten Gehölz nur selten eine jahrelange Pflege folgt, was unbedingt erforderlich ist zur Entwicklung des Gehölzes. Weder zu diesem Punkt noch zur Frage, wer die neu aufzustellenden Vogel- und Fledermausnistkästen pflegen soll – ein solcher Kasten muss jährlich gewartet werden – ist den Unterlagen der Gemeinde nicht zu entnehmen.
Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN), Kreisgruppe Forchheim, wurde im Zusammenhang mit der Beteiligung am Anhörungsverfahren zu einer Stellungnahme aufgefordert. Diese wurde fristgerecht zum 15.1.2020 eingereicht, findet sich aber bis zu diesem Zeitpunkt an keiner Stelle der von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Unterlagen wieder. In der besagten Stellungnahme wird eine kritische Sicht auf das Bauvorhaben gemäß dem Ratsbegehren geworfen. Der BN fordert in Person des 1. Vorsitzenden, Dr. Ulrich Buchholz, dazu auf, das Bürgerbegehren zu unterstützen und folgerichtig das Ratsbegehren abzulehen. Auch sollte die Stellungnahme des BN zum Verfahren den Bürgern von Eggolsheim auf der Homepage der Gemeinde zugänglich gemacht werden.
Dr. Ulrich Buchholz, 1. Vorsitzender Bund für Umwelt- und Naturschutz Bayern e.V, OG und KG Forchheim
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