Universität Bamberg: Kulturelle Vielfalt im Unterricht fördern
Bamberger Projekt bringt neue Erkenntnisse zum Lehramtsstudium: Biographie-Arbeit ermöglicht kultursensiblen Unterricht
Angehende Lehrerinnen und Lehrer spielen besonders häufig ein Instrument, besuchen Theater, Oper oder Ausstellungen. Besonders auffällig ist die religiöse Bindung von angehenden Lehrkräften. Sie sind religiöser als ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen: Lehramtsstudierende beten öfter und sind häufiger im kirchlich-religiösen Bereich ehrenamtlich tätig. Im Bereich Politik engagieren sie sich dagegen seltener als Nicht-Lehramtsstudierende.
Ihre Erfahrungen prägen sie später im Beruf – darüber machen sich viele Lehramtsstudierende aber wenig Gedanken. Zu diesem Schluss kommt das Bamberger Forschungsprojekt „Kultur in der Lehrerbildung“, kurz KulturLeBi. „Wir brauchen eine verstärkte Persönlichkeitsbildung der Studierenden an der Universität“, fordert daher die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Annette Scheunpflug, Sprecherin von KulturLeBi. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als 500.000 Euro gefördert.
Als Datengrundlage verwendeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Erziehungswissenschaften und Psychologie unter anderem Befragungen von 550 Lehramtsstudierenden aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) an der Universität Bamberg. Informationen zu Freizeitverhalten wie Opern- oder Kinobesuchen, freiwilligem Engagement, politischen Aktivitäten und Religionspraxis gaben ihnen Aufschluss über die kulturellen Aktivitäten der Studierenden.
Selbstverständnis als Kulturvermittler
In 28 Gruppendiskussionen mit 112 Lehramtsstudierenden untersuchten die Forscherinnen und Forscher parallel, wie stark angehende Lehrkräfte ihren Umgang mit Kultur reflektieren, aktiv gestalten und für ihr Selbstverständnis als Kulturvermittler nutzen. „Alle Studierenden kommen mit unterschiedlichen Erfahrungen in das Studium“, erklärt Annette Scheunpflug. „Während manche von ihnen bereits von Anfang an souverän mit ihrer Rolle als Kulturvermittler umgehen und kulturelle Vielfalt zulassen können, zeigte sich, dass manchen das Bewusstsein, dass sie in ihrem Beruf als Lehrkräfte auch Kultur vermitteln werden, noch weitgehend fehlt!“
In Einführungswerken finden Lehramtsstudierende wenig Hilfestellung. In insgesamt 18 Einführungswerken der untersuchten Fächer Englisch, Geschichte, Deutsch und Musik fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur selten konkrete Anregungen zu einer kultursensiblen Unterrichtsgestaltung. „Die Verlage versuchen, kulturelle Vielfalt abzubilden, aber in Texten und Bildern wird dennoch häufig auf Stereotype Bezug genommen“, sagt Scheunpflug. So ist beispielsweise der türkische Schüler per se in einer orientalischen Musikwelt verortet und die englische Sprache britischen und amerikanischen Menschen vorbehalten.
Biographie-Arbeit nötig
Um Lehramtsstudierende zu kultursensiblem Unterricht zu befähigen, sei daher vor allem Biographie-Arbeit nötig. „Wie habe ich selbst Kultur erlebt? Wie prägt mich das heute? Wie sieht der Werdegang anderer aus? Die Auseinandersetzung mit solchen Fragen der Persönlichkeitsbildung befähigt Lehramtsstudierende, eine andere Perspektive einzunehmen“, sagt Annette Scheunpflug. Einige Bamberger Professorinnen und Professoren haben bereits einzelne Seminare neu konzipiert und um Biographie-Arbeit erweitert – und so angefangen, die Erkenntnisse, die sie in diesem neuen Forschungsgebiet gewonnen haben, in die Praxis umzusetzen.
Weitere Informationen unter: www.uni-bamberg.de/kulturlebi
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