Wildkatzen in Nordbayern wieder entdeckt – u.a. bei Bamberg, Lichtenfels und Coburg
Seit Mitte des letzten Jahrhunderts galt die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) in Bayern als ausgerottet. Eine groß angelegte Untersuchung des BUND Naturschutz (BN) ergab nun, dass diese scheue Mäusejägerin in einige Regionen Nordbayerns wohl dauerhaft zurückgekehrt ist. „Die neuen Nachweise bestätigen eindrucksvoll den Erfolg der Wiedereinbürgerung von 1984 bis 2009 durch den BN!“, so der BN-Vorsitzende Richard Mergner. Allerdings gehen die Naturschützer noch von einer geringen Dichte aus: nur 600 Wildkatzen leben in Bayern. Dies ist weit entfernt von einer sicheren Population. Die Wildkatze braucht weiterhin Unterstützung!
Dank des Einsatzes von 150 ehrenamtlichen Wildkatzenforschern in Nordbayern konnte das Vorkommen der Wildkatze bei Lichtenfels, Coburg und Bamberg in Oberfranken, in Cham in der Oberpfalz und im unterfränkischen Spessart bestätigt werden. Im Landkreis Kitzingen konnte im Rahmen des Projekts zum ersten Mal eine Wildkatze nachgewiesen werden. In Mittelfranken sind Wildkatzen im Nürnberger Land und mindestens eine im Landkreis Neustadt/Aisch unterwegs.
Insgesamt haben bei der Aktion die Aktiven des BN in 23 nordbayerischen Landkreisen 361 Haarproben an knapp 600 Lockstöcken gesammelt. Es ließen sich 68 Haarproben genetisch Wildkatzen zuordnen, 89 weitere stammten von Hauskatzen.
Die Wildkatze zählt zu den seltensten und scheuesten Bewohnern in Bayerns Wäldern. Die Unterscheidung zwischen Wild- und Hauskatzen gelingt nur über eine Genanalyse. Um an das benötige Genmaterial zu gelangen, kam bei dieser nach 2014 zweiten „Wildkatzeninventur“ in Nordbayern erneut die sogenannte Lockstockmethode zum Einsatz: es werden sägeraue Holzlatten von BN-Ehrenamtlichen im Wald ausgebracht und mit Baldriantinktur besprüht. Kommen Wildkatzen im Waldgebiet vor, werden sie von dem für sie unwiderstehlichen Geruch angelockt, reiben sich am Stock und hinterlassen dabei Haare. Diese wurden bei den wöchentlichen Kontrollen von den Freiwilligen im Frühjahr 2019 eingesammelt und am Ende der 8-wöchigen Aktion in das Labor der Wildtiergenetik am hessischen Senckenberg-Institut gesandt. Dort lässt sich feststellen, ob sich hier „echte“ Wildkatzen gerieben haben oder doch nur ihre Verwandten, die Hauskatzen. Die aufwändigen genetischen Analysen sind nun fast ein Jahr später abgeschlossen und die Ergebnisse lassen sogar Wanderbewegungen von einzelnen Wildkatzen erkennen:
Besonders auffällig und umtriebig war ein Wildkater bei Cham. Nach dem Erstfund bei Hirschau 2015 (Lkr. Amberg-Sulzbach) konnte ihn der BN seit 2016 immer wieder an verschiedenen Stöcken 63 km südöstlich im Landkreis Cham nachweisen. Bei Litzendorf (Landkreis Bamberg) wurde eine weibliche Wildkatze, die bereits 2014 dort nachgewiesen wurde, bestätigt, in Lichtenfels ein Weibchen von 2016.
„Ein großer Erfolg für das Wildkatzenprojekt ist der Erstnachweis im Landkreis Kitzingen,“ erklärt Professor Dr. Kai Frobel, Artenschutzreferent des BN, „er zeigt uns, dass sich die einst ausgerotteten Wildkatzen ehemalige Lebensräume langsam zurückerobern. Der Straßenverkehr ist aber die häufigste Todesursache vor allem für junge Tiere. Das extrem dichte Straßennetz gefährdet damit die Ausbreitung der Wildkatze.“
Die Ehrenamtlichen leisteten dabei Tausende Stunden ehrenamtlicher Forschungsarbeit, die vom Bayerischen Naturschutzfonds aus Zweckerträgen der GlücksSpirale sowie von Förstern (BaySF), Jägern vor Ort und dem Landwirtschaftsministerium unterstützt wurde. Neben erwachsenen Wildkatzenliebhaber*Innen waren Kinder- und Jugendgruppen des BN sowie Waldkindergärten dabei. Kai Frobel: „Es handelt sich um die aktuell größte Mitmachaktion zur Erfassung einer seltenen Tierart in Bayern. Viele für den erfolgreichen Wildkatzenschutz notwendige Erkenntnisse können wir nur durch dieses große ehrenamtliche Engagement erlangen.“
Seit Anfang Februar 2020 findet im Moment ein ebenso aufgebautes Wildkatzenmonitoring mit Hilfe von Freiwilligen in Südbayern statt, wie in Nordbayern als Wiederholung der ersten Untersuchung vor fünf Jahren.
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