Buchvorstellung: „Das Land Leben“ von Prof. Dr. Werner Bätzing
„Das Land Leben“ heißt ein neues Buch von Prof. Dr. Werner Bätzing, der damit seine Forschungen als Kulturgeograf an der Uni Erlangen einer breiten Öffentlichkeit als zeitgeschichtliches Werk zur Verfügung stellt und dabei der Frage nachgeht, ob das Leben auf dem Lande eine Zukunft hat.
Bätzing ist kein Unbekannter. Viele Jahre lang, von 1995 bis 2014 hatte er den Lehrstuhl Kulturgeografie an der Erlanger Friedrich-Alexander-Uni inne, war bekannt dafür, dass er mit seinen Studenten unter anderem die Fränkische Schweiz erforschte und dabei große Spuren hinterließ, wie zum Beispiel bei der Einrichtung von Kulturwegen in Kunreuth oder in Egloffstein. Er war auch ein Mahner und er zeigte Schwachstellen auf, wenn es darum ging, eine Region zu entwickeln und die schlummernden Potentiale zu wecken. In der Tradition des Heiligenstädter Landforschers Philipp Hümmer hat er sich mit der großen Frage befasst, ob es denn ein Landleben überhaupt (noch) gibt.
Dabei geht er zurück bis zum Anfang der Siedlungsgeschichte als der Mensch gerade sesshaft wurde und das Land urbar machte. Einen ersten Höhepunkt findet er im 19. Jahrhundert, als die Industrialisierung das Leben der Menschen auch auf dem Land stark veränderte. Einen weiteren Epochenwechsel machte er mit der Grenzöffnung 1989 aus, als eine Menge ehemals staatlicher Großbauernhöfe auf den Markt drängte und die „Kleinen“ aus dem Westen im Kampf um Marktanteile verdrängte. Dabei zeigt Bätzing auf, die fortschreitende Modernisierung nur teilweise das Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung war. Oftmals spielte der Zeitgeist der Zeit ein Schnippchen, wenn er fragt, warum gerade in den 80-er Jahren und nicht zehn Jahre früher, ein Umdenken begann und das eigene selbst gebackene Brot auf einmal vielen wichtiger war, als das Brot vom Bäcker nebenan – den es damals ja noch gab. Er zeigt auch auf, dass oftmals die Politik auf EU-Ebene den Förderwünschen der Industrielandwirtschaft nachgab, um die Lebensmittelpreise niedrig zu halten. Er erinnert an das große Bauernsterben in den 60-er Jahren und daran, dass sich seit damals viele Arbeitsplätze vom Land in die Städte ringsum verlagert haben.
In Bezug auf die Fränkische Schweiz setzte sich Bätzing schon immer für die Stärkung des Naturparkvereins ein, weil jener über drei wichtige und zukunftsweisende Potentiale verfügt:
- Die Nähe zum Verdichtungsraum Nürnberg-Fürth-Erlangen und das starke Image des Naturparks als Erholungsregion bieten eine sehr gute Grundlage für seine dezentrale wirtschaftliche Aufwertung in natur- und sozialverträglichen Formen.
- Eine umweltverträgliche und nachhaltige Landnutzung, die mit den Naturparkzielen vereinbar ist, ist heute am besten in Verbindung mit der Produktion von hochwertigen Regionalprodukten möglich. Hierfür gibt es im Naturpark mit den 69 Brauereien eine sehr gute Ausgangssituation, die zu einer Naturpark-Dachmarke im Rahmen von „Original Regional“ (der Marke der Metropolregion Nürnberg) weiterentwickelt werden sollte.
- Die Fränkische Schweiz ist nicht nur eine Tourismusregion mit einer sehr langen Tradition und einem starken Image, sondern auch das Kletterkonzept ist bundesweit bekannt. Rund 200 000 Menschen nutzen alljährlich allein diese sportlichen Angebote in freier Natur.
Bätzing kommt in seinem Buch zu dem Schluss, dass es nach wie vor fundamentale Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt und dass alle ländlichen Gebiete nach einer gemeinsamen Strategie suchen müssen, um der Verstädterung und damit einer Verschlechterung der Lebensqualität auf dem Lande entgegen zu wirken. Reinhard Löwisch
Das Buch: Das Landleben, Geschichte und Zukunft einer gefährdeten Lebensform, ist erschienen beim C.H.Beck in München. Es hat die ISBN-Nummer 978 3 406 74825 7 und kostet 26 Euro.
Reinhard Löwisch
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