„Speed-Dating“ mit 10 Kommunalpolitiker/ -innen im Bamberger Jugendkulturtreff IMMER HIN

Alle reden von den bevorstehenden Kommunalwahlen. Und wie steht es da mit Bambergs jungen Menschen? Sind sie am politischen Geschehen interessiert? Und wenn ja – welche Themen berühren sie dann besonders?

Der Stadtjugendring Bamberg hat am Mittwoch, 5. Februar 2020 zum Speed-Dating mit 10 Kommunalpolitiker/-innen – davon 9 OB-Kandidat/-innen – in den Jugendkulturtreff IMMER HIN eingeladen, um diesen Fragen nachzugehen. 84 junge Menschen waren dieser Einladung gefolgt. Und auch vorbereitet wurde die Veranstaltung gemeinsam mit jugendlichen Vertretern der DGB-Jugend, des BDKJ und der Bayerischen Sportjugend (BSJ). Dabei wurden die fünf Bereiche „Schule und Ausbildung“ – „Nachhaltigkeit, Umwelt und Verkehr“ – „Kultur“ – „Mitbestimmung und Jugendförderung“ – „Sport- und Spielangebote“ als Thementische festgelegt.

Anders als gewohnt sprachen die Kandidat/-innen also nicht vom Podium zu den Menschen, sondern sie konnten als Teil des jeweiligen Gesprächskreises am Thementisch den Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen. In einer kurzen Vorstellungsrunde zu Beginn zeichnete der Moderator Julian Megerle (univox) den Weg der Kandidat/-innen vor, in welcher Reihenfolge sie am Ende alle Thementische durchlaufen haben werden. Dabei wechselten nicht nur die Thementische, sondern auch die Politikerpärchen ihre/n Partner/in, denn jeweils zwei Kandidat/-innen standen in den fünf zehnminütigen Gesprächsrunden Rede und Antwort.

Spannend war, dass an den Tischen jugendliche „Experten“ des Stadtjugendrings, der BSJ, von Fridays for Future, von Change e.V., von der Naturfreundejugend, von der DGB-Jugend, von Kontakt-Festival, von der Jugendfeuerwehr und von den Schülern aus FLG, Eichendorfgymnasium und Graf Stauffenberg Realschule gezielt Fragen an die Politker/-innen stellten. Diese breitgefächerte Beteiligung sorgte für eine hohe fachliche Qualität.

So fassten die Experten am Ende auch einige wesentliche Inhalte und Ergebnisse zusammen.

Claas Meyer (DGB-Jugend) informierte, dass für Schule und Ausbildung besonders der Lehrermangel und ein aufzuarbeitendes Defizit an Digitalisierung behoben werden müssen, dies scheint bei den Volksvertretern angekommen und ein vorrangiges Ziel zu sein. Allerdings wurde deutlich, dass schon die räumlichen und sanitären Voraussetzungen eine große Herausforderung für die Stadt bedeuten. Darüber hinaus möchte Frau Reinfelder durch eine gute Planung und Organisation die Nutzung von Schulhöfen und insbesondere deren Hallen auch in den Ferien zugänglich machen. Herr Lange möchte die Hallenkapazitäten im Rahmen der finanziellen Kapazitäten sogar erweitern und außerdem vier Kunstrasenplätze gleichmäßig über die Stadt verteilt wissen.
Die spannende Frage am Thementisch Umwelt und Verkehr war, ob die große Einigkeit unter den Politikern bei den anstehenden Aufgaben und Maßnahmen auch nachhaltig nach den Wahlen Bestand hat. Stefan Hofknecht vom BDKJ informiert über diese Zweifel, denn in den Gesprächen waren die Zugeständnisse in vielen Bereichen weitgehend bis hin zu vierspurigen Fahrradwegen und autofreiere Innenstadt.

Hanne Engert-Alt vom Stadtjugendring informierte darüber, dass viele Politiker die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre durchaus begrüßen würde. Auch die stärkere Förderung der Jugendarbeit wurde großzügig versprochen. Im Bereich der Mitbestimmung stand die Einführung eines Jugendparlaments neben dem Funktionieren des vorhandenen Jugendportals ganz oben. Überraschend war hier die Ankündigung zweier Kandidatinnen, dass sie dieses Jugendparlament mit bester Mittel- und Personalausstattung noch in diesem Jahr umsetzen würden. Die Vorsitzende des SJR Bamberg Micha Rügheimer informierte, dass es den Jugendlichen sehr wichtig ist, irgendwo einen Treffpunkt zu haben oder ein Jugendzentrum, bei dem sie auch mitbestimmen dürfen, wie die Abläufe und das Programm dort gestaltet werden. Jugendliche sollten bei der Planung mit eingebunden sein.

Udo Schoberth von der Bayerischen Sportjugend stellte eine wohlwollende Haltung der Politik gegenüber Sportverbänden fest, Sport- und Spielmöglichkeiten in der Stadt zu erhalten und zu schaffen. Die Förderung der Vereine ist gut, allerdings wollte Herr Pöhner eine größere Gerechtigkeit in der Sportförderung unter objektiven Gesichtspunkten schaffen. Herr Brückner forderte eine bessere und planmäßige Bestandssanierung der Hallen, die sich nicht alleine von Fördergeldern abhängig macht. Potential sieht Frau John noch bei den Sporteinrichtungen der Bundespolizei, die in den Abendstunden zur Verfügung gestellt werden sollten. Einen umweltgerechten Kunstrasenplatz neben dem ehemaligen Hallenbad kann sich Jonas Glüsenkamp vorstellen. Dieser würde zusammen mit dem daneben entstehenden Unisportgelände Synergieeffekte erzielen und ganzjährig Sportkapazitäten in Innenstadtnähe erzeugen. Für kleinere Vereine sieht Andreas Starke durch Vereinsfusionen Möglichkeiten zur Existenzsicherung gegeben.

Die Kulturschaffenden fordern mehr Raum für Musikförderung und Nachwuchsbands und wiesen auch gleich auf die bevorstehende Demo am 22. Februar hin. Schwerpunktthemen waren das Kulturobjekt Kesslerhaus, die Lagardekaserne oder das „Objekt Sandstraße 20“ . Grundsätzlich äußerten sich alle Politker/-innen sehr positiv zu den Forderungen. Die Öffnung von Räumlichkeiten des ETA-Hofmann-Theaters und der VHS für die freie Kulturszene wäre wünschenswert. Ob es ein selbstverwaltetes Kulturzentrum geben kann, blieb offen. Die Öffnung von Schulen für beispielsweise „Kulturatteliers“ ist dagegen eine Zukunftsvision, die so schnell nicht in Erfüllung gehen wird. Ein geplantes Proberaumhaus soll nach Aussagen des „Kulturexperten“ Max Mende in diesem Jahr realisiert werden. OB Andreas Starke hofft, dass in den Gesprächen am 4. März eine Einigung über das Gebäude Obere Sandstraße 20 erzielt werden kann und dort das Bedürfnis nach einem musikalischen Veranstaltungsort für Jugendliche erfüllt wird.

In seiner abschließenden Frage, wollte der Moderator Julian Megerle wissen, was vorrangig für junge Menschen in Bamberg getan werden soll. Frau Redler bedankte sich bei den Veranstaltern für die Einladung und die inspirierende Veranstaltung damit, dass sie die Umsetzung konkreter Planungen fördern möchte, ein Mentorenprogramm für Jugendliche anregt, die Kulturförderung unterstützt und sich für die Öffnung von öffentlichen Räumen wie Theater und VHS für Proberäume einsetzen wird.

Kettner glaubt, dass Kulturräume zeitnah geöffnet werden können, wenn vorhandene Räumlichkeiten und Leerstände in der Stadt jetzt bespielt werden können. Dem schließt sich Brückner direkt an, lobt diese coole Veranstaltung und spiegelt die Frage ans Publikum zurück, dass es nun selbst entscheiden muss, wem es die Umsetzung am ehesten zutraut.

Frau Reinfelder und Frau John würden – begeistert von dieser einzigartigen Veranstaltung – ein Jugendparlament 2020 einführen und mit einem guten eigenen Haushalt ausstatten, der Personal und einen zusätzlichen umfangreichen Etat für dessen Handlungsfähigkeit beinhaltet.

Martin Pöhner forderte dazu auf, sich in Vereinen zu engagieren, Verantwortung zu übernehmen und fand den gemeinsamen Abend toll. Erste Aufgabe ist für ihn der konkrete Sanierungsplan Schule für Schule in Bamberg und ein Fahrradweg in der Langen Straße, für den er notfalls auch selbst einen Pinsel in die Hand nehmen würde, um ihn einzuzeichnen.

Auch wenn die Grünen hier ein anderes Konzept favorisieren, ließ Jonas Glüsenkamp wissen, dass sein Motto die Mitmachstadt Bamberg ist, die Menschen sind die wichtigste Ressource die mitwirken und mitdenken sollen. Das erste Thema ist für ihn der Klimaschutz, über den nicht nur geredet werden soll und damit möchte er direkt nach der Wahl beginnen.

Einzig Fabian Dörner zeigte sich vom Speeddating etwas enttäuscht, denn es sei das erste Mal dass er bei so einer Gelegenheit ohne Date nach Hause fahre. Er möchte die Politik zurück zu den Leuten und Jugendlichen bringen, dafür steht er auch mit seinem unglaublich schönen Namen.

Am Ende bedankte sich Dr. Lange für die spannende Diskussionen und den Austausch. Er regte für die Zukunft an, auch junge Kandidaten bei anderen Formaten in diese Diskussion einzubinden. Er wird in den nächsten Tagen einen neuen Vorschlag für ein Haus of Musik einbringen und zu einem kulturellen Aufbruch noch in diesem Jahr beitragen.

Am Ende wurden vom Stadtjugendring noch die bemerkenswerten aber nicht repräsentative Umfrage unter Jugendlichen im Rahmen der U-18-Wahlen bekanntgegeben. 100 Jugendliche hatten am gleichen Tag in der Mittagszeit am Wahllokal des SJR am Gabelmann ihre Stimme zu den Kommunalwahlen abgegeben. Die Auswertung für Stadt und Landkreis ergab dabei jeweils eine überwältigende Mehrheit für die Grünen Kandidaten, die etwa die Hälfte der Stimmen auf sich einen konnten. Alle anderen Kandidaten und Parteien blieben dahinter weit zurück. Mindestens eine kleine Ahnung für die zukünftigen Wahlergebnisse oder die Themen die junge Menschen für wichtig halten, könnte man daraus ableiten.

Michaela Rügheimer verabschiedete alle Beteiligten mit einem respektvollen Dank für ihr großartiges Mitwirken und gab den Kandidat/-innen eine kleine Stärkung mit auf den Weg.