Gemeinsamer Neujahrsempfang von Justiz, Notariat und Rechtsanwaltschaft im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg
Der traditionelle Neujahrsempfang von Justiz, Notariat und Rechtsanwaltschaft im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg fand am 31. Januar 2020 in der Aula der Otto-Friedrich-Universität Bamberg statt. Über 300 Gäste aus Rechtspflege, Politik und Verwaltung sowie weiteren gesellschaftlichen Institutionen konnte der Vizepräsident der Landesnotarkammer Bayern Dr. Thomas Baumann stellvertretend für die weiteren Gastgeber, den Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg Clemens Lückemann, den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Bamberg Dr. Lothar Schwarz und den Generalstaatsanwalt in Bamberg Thomas Janovsky willkommen heißen.
Weiter im Programm ging es mit einem Grußwort des Bayerischen Staatsministers der Justiz Georg Eisenreich, der den Kampf gegen Hass im Netz als zentral herausstellte: „Hass und Hetze im Internet haben inzwischen ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Im Internet hat sich etwas zusammengebraut, das eine Gefahr für unsere Demokratie darstellt. Hass im Netz unterdrückt die Meinungsfreiheit anderer und vergiftet das gesellschaftliche Klima. Eine Demokratie lebt aber davon, dass eine offene Diskussion möglich ist und jeder Einzelne vor Bedrohung und Gewalt geschützt wird. In Bayern gehen wir deshalb konsequent gegen Hasskriminalität vor. Wir haben bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hate-Speech eingerichtet. Zudem haben wir zentral für ganz Bayern einen eigenen Hate-Speech-Beauftragten bestellt. Unsere Justiz ist beim Kampf gegen Hass im Netz gut aufgestellt.“
„Die Kunst der Gesetzgebung – was noch offen ist“, so lautete der Titel des diesjährigen Festvortrags, der traditionsgemäß der fachliche Höhepunkt der Veranstaltung war. Der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg Clemens Lückemann begann seine Rede mit einem Zitat des französischen Politikers Jean Foyer: „Gesetze sind wie Kleider. Eine Zeit lang sitzen sie gut. Dann sind sie abgetragen, und es wird Zeit, sie auszuwechseln.“ Darauf aufbauend setzte er sich mit der Frage auseinander, in
welchen Bereichen des Zivil-, Straf- und öffentlichen Rechts der Gesetzgeber tätig werden könnte oder müsste, damit kein Stillstand oder gar Rückschritt eintrete. Seinen ersten Blick richtete er auf den Zivilprozess und machte sich Gedanken, wie dieser praxistauglicher und effizienter gestaltet werden und an die stattfindende digitale Transformation angepasst werden könnte. Als sinnvoll erachtete Clemens Lückemann, wenigstens im Anwaltsprozess zwingende gesetzliche Vorgaben zu machen, dass die Parteien ihr Vorbringen nach einheitlichen Kriterien und in einer bestimmten Reihenfolge durch Eingabe in entsprechende elektronische Masken strukturieren müssten, so dass gewissermaßen „auf Knopfdruck“ eine Gegenüberstellung des Prozessstoffs sowohl für die Richter als auch für die Rechtsanwälte möglich wäre. Im strafrechtlichen Teil seiner Rede befasste er sich mit der Problematik, dass eine erhebliche Zahl von Straftaten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss begangen werde, darunter eine Vielzahl von Straßenverkehrs-, aber auch schweren Gewaltdelikten. Er sei der Ansicht, dass die geltende Rechtslage, wonach bei der Strafzumessung für derartige Taten häufig ein herabgesetzter Strafrahmen zu Grunde gelegt werde und bei rauschbedingter Schuldunfähigkeit im Anwendungsbereich des Vollrauschtatbestands eine Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren verhängt werden könnte, nicht befriedigend sei. Es würde der Eindruck erweckt, dass Alkohol- und Rauschmittelkonsum in der Regel zu milderen Strafen führen würden. „Dies widerspricht nicht nur dem Rechtsempfinden eines Großteils der Bevölkerung, sondern sendet auch ein verheerendes rechtspolitisches Signal an potenzielle Straftäter“, meint Lückemann. Dieses Problems solle sich der Gesetzgeber annehmen. Sein abschließender Gedanke betraf den Bereich des öffentlichen Rechts. Er stellte die Frage, ob es richtig sein kann, dass Verkehrsgroßprojekte annähernd so lange zur Prüfung vor Gericht ständen, wie sie geplant worden seien. Dies habe zur Folge, dass solche Projekte in Deutschland kaum mehr realisierbar seien, bzw. wenn sie realisiert werden, dies sehr lange dauere. „Wenn dies schon vor 100 oder 150 Jahren so gewesen wäre, würden wir noch heute in Kutschen durch das Land rumpeln!“, so Clemens Lückemann. In seinen schließenden Worten verabschiedete er sich von allen Gästen in den Ruhestand, der mit Ablauf des heutigen Tages beginnt. Als großer Eisenbahnfan werde er sich künftig verstärkt mit Bahntrassen auf Reisen kreuz und quer durch Deutschland beschäftigen.
Musikalisch stimmungsvoll umrahmt wurde der Neujahrsempfang durch die Dixie Combo der Keep Swinging Big Band.
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