Bericht zur Podiumsdiskussion „Mobilität“ mit Bamberger OB-Kandidaten

Abschluss mit Kandidat*innen auf dem Podium. Foto: privat

Abschluss mit Kandidat*innen auf dem Podium. Foto: privat

Der VCD hatte die OB-Kandidat*innen zur Diskussion rund um Mobilität eingeladen und 10 von ihnen kamen am 24. Januar in den Stephanshof. Über 100 Besucher*innen verfolgten dann über zwei Stunden die Vorträge und Diskussionen. Andreas Irmisch, Vorsitzender des VCD Kreisverbands, kritisierte in seinem Eingangsvortrag die mangelnden Fortschritte bei der Entwicklung des neuen Verkehrsentwicklungsplans und die zunehmend polarisierenden Meinungen in der öffentlichen Diskussion zu diesem Thema. Die vom Stadtrat beschlossenen Ziele für die Verteilung auf die Verkehrsarten streben bis 2030 eine um fast 50 % erhöhte Nutzung des Umweltverbunds aus Bus, Rad und Fußverkehr gegenüber 2015 an – wobei gleichzeitig der Autoverkehr um 30 % reduziert werden soll.

Die Frage lautete daher, wie denn die Kandidat*innen dieses Ziel anpacken würden. Während unter den Kandidat*innen weitgehend Einigkeit bestand, den Umweltverbund zu stärken und die Bürger bei der Entscheidungsfindung zu beteiligen, wollten nur wenige das heiße Eisen „Reduzierung von Autoverkehr“ anpacken. Es bleibt zu hoffen, dass die Kandidat*innen vor der Kommunalwahl noch für mehr Klarheit sorgen.

Den zweiten Teil der Veranstaltung leitete Prof. Dr. Marc Redepenning mit einem sehr anregenden Vortrag über die Themen ein, die bei der Planung einer autofreien Innenstadt betrachtet werden sollten. So betonte er die positive soziale und kulturelle Auswirkung auf Bürger und Besucher der Stadt. Die Vision eines autofreien Welterbes wurde vom VCD erst im September 2019 im Rahmen der Europäischen Woche der Mobilität durch ein Gesprächsangebot auf dem Maxplatz und einen Antrag in der Bürgerversammlung in die öffentliche Diskussion gebracht. Im November lehnte der Umweltsenat den Vorschlag ab, ein autofreies Welterbe als Ziel in den Verkehrsentwicklungsplan einzubringen. In der Diskussion ergab sich ein anderes Bild: Alle anwesenden Kandidat*innen können sich dieses Ziel grundsätzlich vorstellen, jedoch bestehen Unterschiede bei der Ausgestaltung und beim Zeitplan. Der VCD regte an, die kommende Europäische Woche der Mobilität im September 2020 für einen Modellversuch zu nutzen, an dessen Umsetzung die Bürger beteiligt werden sollten. Diese Initiative stieß auf offene Ohren, so dass nun eine Planung für einen solchen Versuch gestartet werden kann.

Stellungnahmen der Kandidaten (soweit verfügbar):

Eingangsstatement von Christian Lange zum Verkehrsentwicklungsplan

Die Mobilitätswende ist eine – weitere – große Herausforderung, vor der unsere Stadt steht. Ich will sie deshalb gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern meistern. Das heißt: Gemeinsam, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen der einzelnen Bevölkerungsgruppen.

Das Ziel der CSU und meines dabei ist die „Mobilität für alle!“ Wir wollen nicht alleine und ausschließlich auf ein einzelnes Verkehrsmittel – etwa das Rad – setzen, sondern uns sind schlaglochfreie Gehwege, barrierefreie Bushaltestellen, der Ausbau des ÖPNV in Zusammenarbeit mit dem Landkreis, die Organisation des Ausbaus der ICE-Strecke oder neue einzelne Verkehrsprojekte wie eine neue Zufahrt zum Klinikum von der Waizendorfer Straße ebenso wichtig. Wir erstreben eben: Mobilität für alle!

Diese Mobilitätswende will ich in der neuen Wahlperiode konkret als Chefsache umsetzen: Die Neugestaltung der Langen Straße. Sie soll zu einem Vorzeigeprojekt in einer attraktiven Innenstadt werden.

Eingangsstatement von Christian Lange zur „autofreien Innenstadt“

Ich glaube, das Ziel einer „autofreien Innenstadt“ ist eine Frage, die man nicht einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Es hängt davon ab, was man unter „autofrei“ versteht?

Dazu kommt ein zweiter Aspekt: In der Region Bamberg hängen viele Arbeitsplätze von der Automobilindustrie ab. Wir sollten alle verkehrlichen Schritte deshalb auch unter dem Gesichtspunkt diskutieren, welche Auswirkung hat welche verkehrliche Maßnahme für die Arbeitsplätze in der Region und die Beschäftigten.

Geht es beispielsweise um eine „schadstofffreie“ Erreichbarkeit der Innenstadt? Was ist mit Anwohnerinnen und Anwohnern? Wie sollen beispielsweise ältere Menschen zum Arzt oder zur Martinskirche gelangen? Was bedeutet eine „autofreie“ Innenstadt für den Einzelhandel? All das sind Fragen, die man in diesem Zusammenhang diskutieren muss.

Für uns als CSU ist es daher ein übergeordnetes Ziel, dass die Bamberger Innenstadt für möglichst viele Menschen erreichbar sein muss; und das am Besten mit einem attraktiven ÖPNV, gut ausgebauten Fahrradwegen und auch denjenigen, die mit dem eigenen Fahrzeug einfahren. Deshalb wollen wir solche Veränderungen mit der Bevölkerung breit diskutieren und nur solche Schritte mittragen, die in der Bamberger Bevölkerung auf Zustimmung stoßen und unsere Innenstadt attraktiv halten.

Statement zur Verkehrswende von Claudia John, OB-Kandidatin für die Freien Wähler

Schönen guten Abend, zuerst einmal möchte ich mich für die Einladung bedanken. Es freut mich, dass ich, wenn auch nur kurz, die Möglichkeit bekomme, mich zu diesem wichtigen Thema zu äußern. Mein Name ist Claudia John und ich bin Ihre OB-Kandidatin für die Freien Wähler. Als jüngste Kandidatin im Rennen um den begehrten Posten ist es mir ein echtes Anliegen, eine gute Zukunft für unsere Stadt zu bekommen.

Die Verkehrswende besteht nach meiner Auffassung aus drei wesentlichen Akteuren: den Fußgängern, den Radfahrern und den Autofahrern. Hier ist es dringend zu vermeiden, dass die verschiedenen Gruppen künstlich in Konkurrenzsituationen gepresst werden, denn der natürliche Konkurrenzkampf um mehr Verkehrsflächen ist schon groß genug. Oft vergessen und doch so wichtig sind die Fußgänger. Wer mit offenen Augen durch unsere Stadt läuft, wird merken, dass an einigen wichtigen Stellen, die Fußwege ins Nichts laufen. Ein Beispiel wäre hier die Kreuzung Richard-Wagner-Straße/Hainstraße vor der Hainapotheke und dem Ärztehaus, oder die Kreuzung vor der Tiefgarage Geyerswörth zum Zentrum Welterbe. Auch den Fußgängern muss der nötige Raum geboten werden, und auch die nötige Sicherheit gewährleistet werden, sich von A nach B zu kommen.

Sehr präsent in unserer Stadt und vergleichsweise gut vertreten sind die Radfahrer, die hierdurch auch oft den Unmut der anderen Verkehrsteilnehmer auf sich ziehen. Ich setze mich für einen sicheren Ausbau des Radwegenetzes ein. Dieser bedeutet für mich, dass breite, abgetrennte Radwege geschaffen werden und die Radfahrer nicht künstlich in den Verkehr integriert werden, was beispielsweise beim Radeln mit Kindern eine echte Gefahr ist. Um das Rad auch sicher abzustellen, setze ich mich für je nach Standort verschiedene Ausführungen der Anlehnbügel ein.

Zu guter Letzt das Auto. Eine generelle Verteufelung des Automobils lehne ich ab. Bamberg lebt von Arbeitspendlern und in Bamberg leben Pendler, die Außerorts arbeiten. Es ist nicht möglich, das Auto komplett zu verbieten oder durch überteuerte Anwohnerparkausweise „abzugewöhnen“. Unsere Altstadt und das gesamte Welterbe leben von den Menschen, die hier leben. Wenn wir vermeiden wollen, dass unsere Stadt eine hohle Kulisse wird, muss den Menschen die Möglichkeit geboten werden, ihr Automobil abzustellen. Um die Autos von der Straße zu kriegen, wären Quartiersgaragen eine hilfreiche Möglichkeit. Das Pendeln könnte effektiver und attraktiver gestaltet werden, indem Pendlerparkplätze geschaffen werden, an denen man auch sein Rad abstellen kann und sein Auto ruhigen Gewissens bis zum Abend parken kann. Stichwort ist hier: Mobilitätsknotenpunkt.

Zusammenfassend heißt das für mich:

  1. Fußwegeausbauen, Querungshilfen schaffen
  2. Radwegenetz ausbauen und Abstellmöglichkeiten schaffen
  3. Echte Alternativen zum Auto anbieten; Quartiersgaragen und Mobilitätsknotenpunkt

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Statement Daniala Reinfelder, OB-Kandidatin für Bambergs unabhängige Bürger (BuB)

Fahrrad wichtig ja, gerade weil …

… Fahrräder nur einen Teil der Mobilität in unserer Stadt darstellen, braucht es keine autofreie Innenstadt, in der nur das Fahhrad als Verkehrsmittel dient. Steigende Anmeldezahlen beim Straßenverkehrsaufsichtsamt (ein plus von knapp 1000 Kraftfahrzeugen insgsamt in 2019) zeigen, dass Bambergerinnen und Bamberg das Auto noch wollen und brauchen. Es muss weiterhin eine Erreichbarkeit zwischen allen Stadtteilen dieser Stadt für alle Verkehrsteilnehmer geben. Unsere Senioren müssen mobil bleiben können, weil es Ihnen Lebensqualität erhält. Wer, aus welchen Gründen auch immer, ob als Mutter mit drei Kindern, oder als Berufstätiger, Handwerker oder auch ohne Grund das Auto benutzen muss und will, muss die Möglichkeit dazu haben und dies frei entscheiden können. Bamberg ist mit seiner Struktur auf sieben Hügeln und weit verteilt (Gaustadt, Bug, Wildensorg) eine Stadt in der es wichtig ist, dass das Auto, neben dem Fahrad, dem Fußgänger und dem ÖPNV ein gleichberechtigtes Verkehrsmittel bleibt. Farradstrecken sollen sicher sein, genauso wie Fußwege und Buseinstiege. Wir Bambergs unabhängige Bürger wollen das Fahrrad nicht bevorrechtigen.

Die Wirtschaft und Wissenschaft muss dazu gebracht werden, einen ökonomisch, wie auch ökologisch vertretbaren Wandel zu meistern. Es braucht eine weitergehende Forschung, die weit über das Elektroauto oder E-Bike hinausgeht, z. B. Zum Wasserstoffantrieb oder Techniken, die noch nicht bekannt sind. Wir brauchen jetzt eine fundierte Begründung und Unterstützung aus der Wirtschaft, warum Dieselmotoren bis auf weiteres die Autos mit der besten ökologischen und ökonomischen Bilanz und damit umweltverträglich in unserer Stadt sind. Der Übergang in neue Antriebstechniken muss in einem vernünftigen Zeitrahmen erfolgen und alle Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind, mitnehmen und für jeden finanzierbar sein. Fahrräder mit E-Bike Motor müssen für die Verkehrsteilnehmer sicherer gemacht werden. Die Unfallzahlen bei E-Scootern sind erschreckend hoch und daher muss dieses Fortbewegungsmittel hinterfragt werden. Wir werden uns dennoch zukünftig breiter aufstellen müssen, um die wegfallenden Arbeitsplätze der Automobilbranche und deren Zulieferer mit neuen ersetzen zu können. Allein mit dem Fahrrad werden wir diesen Wandel und Mix, den wir brauchen, nicht schaffen. Hierfür braucht es neue Unternehmen, neue Ideen und neue Gewerbeflächen und eine kurzfristige, unbürokratische Unterstützung von Arbeitnehmern und Familien, die schon jetzt direkt betroffen sind.

Fahrrad ist gut, der Mix aller Verkehrsmittel ist besser.

Statement von Ursula Redler zu Verkehrspolitik/Mobilität

Klimaschutz muss bei allen kommunalen Entscheidungen eine hohe Priorität haben. Wir wollen diverse Verbesserungen, zB des ÖPNV durch engere Taktung , bessere Linienführung, kleinere effizientere Busse mit schadstofffreiem Antrieb, ggf. die schrittweise Einführung der kostenlosen Busnutzung in der Innenstadt. Mögl. Flussstaxis von P&R Heinrichsdamm zur Luitpold- oder Kettenbrücke, dort auch Ausstiegsmöglichkeit für Flusskreuzfahrer um Bustransfers zu halbieren. Auch einfache Verbesserungen – wie mehr Zebrastreifen – müssen in ein zu erarbeitendes umfassendes und nachhaltiges Verkehrskonzept eingebracht werden; dafür bedarf es eines Sachverständigen und einer echten Bürgerbeteiligung.

Die Erreichbarkeit der Innenstadt für alle Verkehrsteilnehmer zu zumutbaren Bedingungen soll möglich bleiben, Durchgangsverkehr muss deutlich vermindert werden. Zu der Frage autofreie Innenstadt sollte nichts überstürzt werden, sondern man sich zunächst einmal mit den Erfahrungen anderer Städte auseinandersetzen, so zum Beispiel Hamburg.

Ein Mobilitätsdrehpunkt in der Südflur, außerhalb des Wohngebiets Gereuth, mit S-Bahn-Halt und ROB samt Shuttle zum Bahnhof und Parkpalette mit Anbindung von Polizeizentrum, HWK und Arena könnte entzerren und entlasten.

Eine Verkehrswende kann nur gelingen, wenn Rad-, Fußgängerverkehr sowie ÖPNV gleichermaßen ausgebaut und die Verkehrswegeführung insgesamt auch für Pkw verbessert werden; dies gelingt nur miteinander (!) und mit Hilfe von Fachleuten.

Statement von Gregor Großkopf zur Verkehrspolitik

Das vielleicht komplexeste Thema, denn der ICE Ausbau wird Bamberg vor Herkulesaufgaben stellen. Es wird die nächsten 10 Jahre auf ein Höchstmaß von Improvisation und Geduld ankommen. Die Planung steht ja auch erst 30 Jahre fest da konnte in der Kürze der Zeit und durch die Ablenkung der Brückenmiseren nicht besser vorgearbeitet werden.

Hier sind katastrophale Zustände zu erwarten, die schwer vorhersehbar sind!!!

Bambergs Innenstadt ist nicht Auto tauglich, das wird sie auch nie werden…

Lösung: Der Individualverkehr soll minimiert werden

Deshalb brauchen wir einen alternativen, kostenlosen, funktionierenden Personennahverkehr, die Infrastruktur dafür muss geschaffen werden. Das wird eine Verkehrsreduzierung ergeben, es braucht dann keine ungenügenden Radwege wie sie im Moment getestet werden. In anderen Städten mit Weltkulturerbe ist es selbstverständlich, dass kein Schwerverkehr durch das Zentrum oder an Denkmälern vorbei donnert. Hier müssen wir umdenken lernen und beginnen!!!