Blick über den Zaun: Landkreis Wunsiedel klagt gegen SüdOstLink
Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB hat heute beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Klage des Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge, des BUND Naturschutz in Bayern e.V. sowie des Landesverband Bayern der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine e.V. gegen das Vorhaben SuedOstLinK eingereicht.
Die Klage wendet sich gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur vom 18.12.2019, Az. 6.07.00.02/5-2-3/25.0, welche für den „Abschnitt C: Raum Hof – Raum Schwandorf“ einen 1000m breiten Trassenkorridor rechtsverbindlich festgelegt hat.
Die angegriffene Entscheidung wurde von der Bundesnetzagentur im Rahmen des Gleichstromprojekts SuedOstLink getroffen, das als Erdkabel geplant ist. Es besteht aus den vier Abschnitten A bis D, welche die beiden Netzverknüpfungspunkte der Höchstspannungsleitung Wolmirstedt und Isar gemäß Nummer 5 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 des Bundesbedarfsplangesetzes vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2543; 2014 I S. 148, 271) verbinden.
Auf Grundlage dieser Entscheidung hat die Bundesnetzagentur am 11.01.2020 bereits eine Veränderungssperre in der Gemeinde Gattendorf im Landkreis Hof in Kraft gesetzt. Es ist daher zu erwarten, dass auch auf dem Gebiet des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge in Kürze mit entsprechenden Maßnahmen zu rechnen ist. Aus diesem Grund ist die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB beauftragt, zusätzlich zur eingereichten Klage auch einen Eilantrag an das Bundesverwaltungsgericht vorzubereiten.
Aus Sicht des Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge ist die eingereichte Klage gegen die Bundesfachplanungsentscheidung sowohl zulässig als auch begründet. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Kläger können das Bundesverwaltungsgericht anrufen , obgleich das Gesetz explizit keine Klage gegen die Feststellung des Ergebnisses der Bundesfachplanung mit der Festlegung des Trassenkorridors vorsieht. Die Kläger können sich insoweit auf die Aarhus-Konvention und auf die Europäische Grundrechtscharta berufen, die effektiven Rechtsschutz als elementaren Grundsatz gewähren. Dies ist umso wichtiger, als die Wirkungen der Entscheidung als Ergebnis der Bundesfachplanung gravierend sind. Die Bundesfachplanungsentscheidung enthält eine verbindliche Regelung des Verlaufs des Trassenkorridors. Gleichzeitig entscheidet sie sich gegen Alternativenplanungen.
Die Bundesfachplanungsentscheidung hat Bindungswirkung und Vorrang „vor nachfolgenden Landesplanungen und Bauleitplanungen“ (§15 Abs. 1 S. 2 NABEG). Dies bedeutet, dass Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Planungshoheit nicht mehr frei ausüben können. Verstärkt wird diese Bindungswirkung noch durch die Möglichkeit des Erlasses von Veränderungssperren. Grundstückseigentümer können Projekte nicht verwirklichen. soweit sie mit den Interessen des Übertragungsnetzbetreibers kollidieren. In Vorbereitung auf das Planfeststellungsverfahren ist die Bundesnetzagentur berechtigt, die Grundstückseigentümer zur Duldung von Untersuchungen und diversen Eingriffen in das Eigentumsrecht zu verpflichten. Nach Auffassung der Kläger kann in einem solchen Fall der Rechtsschutz nicht ausgeschlossen sein.
Die Bundesfachplanungsentscheidung ist aus mehreren Gründen rechtswidrig und verletzt den Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge in seinen Rechten. Darüber hinaus sind zahlreiche Verstöße gegen naturschutz- und umweltrechtliche Belange erfolgt, welche vom BUND Naturschutz in Bayern e. V. und vom Landesverband Bayern der deutschen Gebirgs- und Wandervereine e. V. vorgetragen werden können.
Schon das Verfahren des Bundesfachplanung war rechtsfehlerhaft.
• Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Bundesverwaltungsgericht für die Klage zuständig (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO).
• Die von der Bundesnetzagentur ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Unterlagen waren unvollständig und fehlerhaft
o Die zugrunde gelegte Raumverträglichkeitsstudie der Vorhabenträger weist erhebliche Ermittlungsdefizite und Bewertungsmängel auf und war im Ergebnis nicht geeignet, die Raumverträglichkeit der in Planung befindlichen Trassenkorridore realistisch abzubilden und im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 1 NABEG festzustellen.
o Gleiches gilt für die Unterlagen der strategischen Umweltprüfung. Die tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter (Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft, Kulturgüter, sonstige Sachgüter) und deren Umweltziele waren auf Grundlage der von den Vorhabenträgern vorgelegten Unterlagen nicht absehbar. Für Dritte, insbesondere auch den Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge und die Naturschutzverbände war es im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung entgegen § 40 Abs. 2 Satz 2 UVPG auf Grundlage des Umweltberichts nicht möglich zu beurteilen, „ob und
o Auch die artenschutzrechtlichen Belange wurden nicht im erforderlichen Umfang ermittelt und umfassend ordnungsgemäß bewertet. Es ist davon auszugehen, dass durch die Bundesfachplanungsentscheidung die Verletzung von Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht ausgeschlossen werden kann.
o Ebenso kann nicht mit Gewissheit, d.h. ohne vernünftige Zweifel, ausgeschlossen werden, dass die von den Vorhabenträgern beabsichtigte Planung sich nachteilig auf die im Untersuchungsraum vorhandenen FFH-Gebiete auswirkt. Die Anforderungen an § 34 BNatSchG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 und 3 FFH-RL sind damit nicht erfüllt, sodass die Planung aktuell gegen zwingendes Europarecht verstößt.
o Die Bundesfachplanungsentscheidung berücksichtigt das Bündelungsgebot nur unzureichend. Sie verstößt damit gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 1 Abs. 5 S. 2 BNatSchG und verletzt den Grundsatz aus Ziff. 7.1.3 LEP Bayern (2018).
o Die Alternativenprüfung wurde unsachgemäß und methodisch fehlerhaft durchgeführt.
• Der Erörterungstermin wurde entgegen den Vorgaben nach § 10 Abs. 1 NABEG durchgeführt. U. a. erfolgte eine rechtswidrige Trennung des Termins in einen Erörterungstermin für Privateinwender und einen gesonderten Erörterungstermin für die Träger öffentlicher Belange. Den hiergegen gerichteten Antrag des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge vom 10.07.2019 hat die Bundesnetzagentur zu Unrecht abgelehnt und die getrennten Erörterungstermine dennoch durchgeführt. Eine substantielle Erörterung des Vorhabens und der Einwendungen des Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge war dadurch erheblich erschwert und teilweise nicht möglich.
• Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge und die Umweltverbände sind im Ergebnis sowohl durch die Verfahrensgestaltung, als auch durch die inhaltliche Behandlung ihrer Einwendungen im Verfahren in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten bzw. ihren Beteiligungsrechten verletzt. Die Entscheidung der Bundesfachplanung ist daher aufzuheben. ß
Würzburg, den 20. Januar 2020 gez. RA W. Baumann/Fachanwalt f. Verwaltungsrecht
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