„Gerichte mit Geschichte“ Teil 1: Auberginenpüree von Familie ShaRabi
Die Geschichte: Familie Sharabi und Herr Al Saman und der Wunsch nach Frieden
Wäre es, wie es sein sollte, hätte die Familie an diesem Tag ein Schaf geschlachtet. Die ganze Familie und alle Freunde wären auf den Beinen gewesen, hätten Vorbereitungen getroffen für das große Fest. Hätten geschlachtet, gekocht, vorbereitet, die Armen beschenkt und dann vier Tage lang gefeiert. Doch es ist nicht, wie es sein sollte. Die Familie ist nicht mehr zu Hause. Sie ist auf der Flucht. In Syrien herrscht Krieg.
Motasam Sharabi und Samar Al Saman sitzen auf der abgewohnten Couch im größten Zimmer der Wohnung. Der Fernseher läuft zur Ablenkung, drei Kinder sitzen davor. Das vierte, das Jüngste, schläft nebenan. Seit ein paar Monaten lebt die Familie hier. In engen Räumen, in abgewohnten Möbeln, die der, der vorher hier war, hatte stehenlassen. Motasam Sharabi und Samar Al Saman sind dankbar dafür. Die beiden mögen Speichersdorf. „Wir haben hier alles. Ruhe, einen Kindergarten, die Schule.“ Frieden.
Der Weg nach Speichersdorf war lang und gefährlich. Über die Türkei zu fliehen, funktionierte nicht, also nahm die Familie den weiteren Weg auf sich. Von Syrien in den Libanon, von dort in die Türkei, dann nach Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Deutschland. „Fertig“, schließt er die Aufzählung.
Als sie ihre Heimatstadt Hama zwischen Aleppo und Damaskus verließen, ließen sie alles zurück. „Wir hatten so eine schöne Wohnung in Syrien.“ Doch sie dachten nicht an die schöne Wohnung, sondern an ihre Kinder, als der Entschluss fiel, zu fliehen. „Ich denke an mein Kind, das hat es hier besser. Ich vermisse alles, aber Deutschland ist sehr gut für mein Kind.“
Sie packten für jeden einen Schlafanzug und Unterwäsche ein, dazu die Ausweise. „Wir hatten nur zwei Taschen, da passt kein Spielzeug rein“, sagt er und blickt seine Kinder an. Das Jüngste wurde bereits in Deutschland geboren. Im Dezember 2015 flohen sie, im Januar 2016 kamen sie in Deutschland an. Wurden von München nach Berlin verfrachtet, von dort nach Bayreuth, dann nach Bad Berneck, dann nach Weidenberg. In Speichersdorf fügte es sich, dass die Familie eine kleine Wohnung fand. Sie liefen, fuhren in kleinen Booten, immer dabei die Angst. Hatten sie Angst? „Ja, klar.“ Kalt war es, sehr kalt. Zu essen gab es nur, was sie von Zuhause mitgenommen hatten. Vor allem den Kindern fehlten die Freunde. Die große Tochter ist 14 Jahre alt. Per Whatsapp hält sie Kontakt zu ihren Freundinnen in Syrien.
Familie Sharabi und Herr Al Saman und der Wunsch nach Frieden „Ich habe mich ja nicht verabschieden können, wir mussten auf einmal weg.“ Was die Freundinnen sagten, dass Ghaba plötzlich fort war? „Was sollen sie schon sagen? Es ist Krieg.“
Das Opferfest steht vor der Tür, das Fest, das Zuhause groß gefeiert werden würde. Mit Familie und Freunden. Weder Familie noch Freunde sind hier. Auch wenn die Speichersdorfer sie freundlich begrüßt hätten, Heimat ist hier nicht. Doch das Opferfest soll auch hier stattfinden. Der Tisch biegt sich unter den Speisen, die Motasam Sharabi und Samar Al Saman auftischen. Tischsets aus Papier zieren weiß-blaue Rauten, Stühle werden zusammengerückt, es wird gegessen und gelacht und erzählt. Von früher, von daheim. Wer am Tisch sitzt, wird zum Freund, selbst wenn man sich gerade erst kennen gelernt hat. Im Fernsehen dudelt ein Kindersong.
Das Gericht: Auberginenpüree (Beilage)
Zutaten für vier Personen
- 1 kg Auberginen
- 2 Knoblauchzehen
- 150 g griechischer Sahnejoghurt
- 40 g Tahine (Sesampaste)
- 2 EL Zitronensaft
- Salz
- 20 g Walnusskerne
- 2 EL Olivenöl
- 1 TL edelsüßes Paprikapulver
Auberginen waschen, abtupfen und mit einer Nadel rundum einstechen. Auf ein Backblech legen und im vorgeheizten Backofen bei 240 Grad auf der 2. Schiene von unten 30 Minuten garen, dabei mehrfach wenden. Sie sind gar, sobald man mit einem Zahnstocher glatt durchstechen kann.
Auberginen aus dem Backofen nehmen, kurz abkühlen lassen, dann die Haut abziehen und den Stielansatz entfernen.
Fruchtfleisch grob schneiden und in einem Sieb 30 Minuten abtropfen lassen. Dabei mit einem Teller leicht beschweren. Knoblauch mit den Auberginen fein pürieren. Mit Joghurt, Tahine und Zitronensaft verrühren, mit Salz würzen.
Walnüsse grob hacken, Auberingenpüree in eine Schale füllen, mit Öl beträufeln, Walnüsse darüber verteilen.
Mit Paprikapulver bestreut zu Fladenbrot servieren.
Serie Gerichte mit Geschichte
Das Buch
„Gerichte mit Geschichte“, herausgegeben von Ulrike Sommerer, Dolores Longares-Bäumler und Christian Porsch. Erhältlich für zehn Euro im Speichersdorfer Rathaus und beim Verlag Eckhard Bodner (Pressath). ISBN: 978-3-939247-62-3.
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