2 Mil­lio­nen Über­stun­den in Bay­reuth – 1,1 Mil­lio­nen davon für „umsonst“

Gast­ge­wer­be-Kam­pa­gne #fair­dient für 2.400 Kell­ner, Köche & Co. – NGG warnt vor einem „Durch­lö­chern des Arbeitszeitgesetzes“

Wenn Bay­reuth rich­tig schuf­tet, kommt ein Über­stun­den-Berg her­aus: Rund 2 Mil­lio­nen Arbeits­stun­den haben die Beschäf­tig­ten hier im ver­gan­ge­nen Jahr zusätz­lich geleis­tet. Davon 1,1 Mil­lio­nen Über­stun­den zum Null­ta­rif – ohne Bezah­lung. Das geht aus dem „Über­stun­den-Moni­tor“ her­vor, den das Pest­el-Insti­tut im Auf­trag der Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) erstellt hat. Danach haben alle Beschäf­tig­ten den Bay­reu­ther Unter­neh­men 27 Mil­lio­nen Euro „geschenkt“.

Allein in Hotels und Gast­stät­ten leis­te­ten die Beschäf­tig­ten hier im ver­gan­ge­nen Jahr rund 51.000 Über­stun­den. Das hat das Pest­el-Insti­tut auf Basis des Mikro­zen­sus berech­net. Die Wis­sen­schaft­ler sind von bun­des­wei­ten Durch­schnitts­wer­ten aus­ge­gan­gen. Dem­nach waren 45 Pro­zent aller in Bay­reuth geleis­te­ten Über­stun­den im Gast­ge­wer­be unbe­zahlt. Für 2018 bedeu­tet dies – bei 12 Euro Lohn­kos­ten pro Stun­de für den Arbeit­ge­ber – ein „Lohn-Geschenk“ von 271.000 Euro.

„Von der Küchen­hil­fe im Hotel bis zum Kell­ner im Bier­gar­ten: Wer im Gast­ge­wer­be arbei­tet, ist auf jeden Euro ange­wie­sen. Dabei sind 57 Pro­zent die­ser Arbeits­plät­ze in Bay­reuth Mini­jobs“, sagt NGG-Geschäfts­füh­rer Micha­el Grundl. Das Pro­blem der 450-Euro-Kräf­te: Sie dür­fen kei­nen Euro hin­zu­ver­die­nen. „Also wer­den die Über­stun­den ent­we­der gar nicht oder schwarz bezahlt – bar auf die Hand. Statt Mini­job­ber mit 450 Euro abzu­spei­sen, soll­te das Gast­ge­wer­be end­lich mehr Men­schen regu­lär beschäf­ti­gen und ordent­lich bezah­len“, for­dert Grundl.

Die NGG geht in Sachen Arbeits­zeit jetzt in die Offen­si­ve: Sie stellt sich mit der Gast­ge­wer­be-Kam­pa­gne „#fair­dient“ hin­ter die rund 2.400 Beschäf­tig­ten in den Bay­reu­ther Hotels, Restau­rants und Gast­stät­ten. Denn ihnen dro­he – über den ver­lo­re­nen Lohn bei Umsonst-Über­stun­den hin­aus – noch ein ande­res Pro­blem: Der Deut­sche Hotel- und Gast­stät­ten­ver­band (Deho­ga) drän­ge die Bun­des­re­gie­rung, die Arbeits­zei­ten noch fle­xi­bler zu machen. „Es geht dar­um, das Arbeits­zeit­ge­setz zu durch­lö­chern. Ziel der Arbeit­ge­ber ist es, die Höchst­ar­beits­zeit auf bis zu 13 Stun­den pro Tag aus­zu­wei­ten“, kri­ti­siert Grundl.

Der Deho­ga wer­de sich mit sei­nem Vor­stoß „ein Eigen­tor schie­ßen“, so die NGG. Denn das Hotel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be könn­te durch eine wei­te­re Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeits­zeit an Attrak­ti­vi­tät ein­bü­ßen. „Gera­de jun­ge Men­schen wer­den dadurch ver­schreckt. Und das bei der – im Bran­chen­ver­gleich – ohne­hin schon beson­ders nied­ri­gen Aus­bil­dungs­quo­te“, sagt Grundl.