ÖDP -Kreisvorstand diskutiert über Geflügelaufzuchtanlage in Messenfeld
Wie gefährlich sind Multiresistente Keime aus Geflügelaufzuchtanlagen? – Pressemitteilung der ÖDP
Der Vorstand des ÖDP Kreisverbandes Kulmbach-Lichtenfels traf sich am Montag in Burgkunstadt. 1. Vorsitzender Thomas Müller (Burgkunstadt) gab seinen Vorstandskollegen einen Sachstandsbericht zur geplanten Erweiterung der Geflügelaufzuchtanlage in Messenfeld (Ebensfeld). Dort soll die bestehende Anlage von z.Z. knapp 40 000 auf 79 200 Hähnchen erweitert werden. Im Moment läuft das Verfahren nach dem Immisionsschutzrecht. Müller selbst hatte beim Landratsamt Lichtenfels Einwendungen zu dem Verfahren gemacht, nachdem er durch den Film „Resistance Fighters“ auf ARTE im März dieses Jahres erneut auf die Gefahren für die Bevölkerung durch solche Anlagen aufmerksam geworden war. Müller hatte verlangt, dass in der Umgebung der Anlage Messungen der Staphylokokken-Konzentration durchgeführt werden. Denn in nur ca. 50 Meter Abstand verläuft der Mainwanderweg, der auch von vielen Familien mit kleineren Kindern begangen wird. Dies wurde vom Landratsamt abgelehnt mit der Begründung, dass Staphylokokken überall vorkommen und es keine Grenzwerte dafür gebe. Diese Begründung ist (laut Film) typisch für Deutschland. Wenn man weiß, dass laut DIN-Norm aus den Abluftanlagen bis zu 2.1 Millionen keimbildende Einheiten pro Sekunde (bei 30 000 Hähnchen) abgegeben werden können, dann erscheint diese Verweigerung als fragwürdig. Zumal man bei Untersuchungen in England durchaus feststellen konnte, wo und in welcher Entfernung man mit höherer Keimbelastung rechnen muss (bis zu 1000 Meter). Auch der zweite Teil der Begründung der Ablehnung – nämlich dass nur 2% der multiresistenten Keime aus der Landwirtschaft stammen – dürfte mittlerweile überholt sein. Dieser Anteil betrifft sicherlich nur den Teil der chromosomalen Übertragung der Antibiotika-Resistenzen. Das bedeutet, dass resistente Bakterien diese Eigenschaft über ihre DNA durch Zellteilung an ihre Nachkommen weitergeben. Heute weiß man aber, dass die Resistenz-Eigenschaft auch durch „Gen-Schnipsel“, die sog. Plasmiden, außerhalb der Chromosomen weitergeben wird. Und das auch noch über die Artgrenzen der Bakterien hinweg. Dadurch lässt sich auch nicht mehr zurückverfolgen, aus welcher Quelle der gefährliche Keim ursprünglich stammte. Allerdings ist sehr auffallend, dass bis zu 50% der Betreiber von Ställen mit industrieller Tieraufzucht Träger von multiresistenten Keimen sind. Sie müßten bei einem Krankenhausaufenthalt sofort auf die Isolierstation gebracht werden. Dass in der Massentierhaltung antibiotikaresistente Keime geradezu gezüchtet werden, ergibt sich aus der Tatsache, dass nicht nur die erkrankten Tiere behandelt werden, sondern ganze Bereiche – oft auch der ganze Stall. Erschwerend kommt hinzu, dass in Deutschland von 8 von der WHO als absolute Reserveantibiotika für den Menschen festgelegte Substanzen 3 in der Tiermast verwendet werden dürfen. Müller, der sich als Apotheker auch beruflich mit der Problematik befasst hat, bezeichnete es als besonders kritisch, dass z. B. der Wirkstoff Colistin, der weltweit oft als letztes Mittel gegen multiresistente Keime eingesetzt wird, in Deutschland im Tonnenmaßstab in der Tierzucht verwendet wird.
Im Jahr 2015 starben in Deutschland 2400 Menschen, europaweit 33 000 Menschen an multiresistenten Erregern. In Dänemark wird unter Anderem deshalb ein Gesetz vorbereitet, das den Aufenthalt von Kindern in der Nähe von Mastanlagen verbietet. Im Film wurde von einem Mediziner einer Intensivstation das Verschweigen und die Untätigkeit deutscher Behörden als Beihilfe zur Körperverletzung bzw. sogar zur Tötung bezeichnet. Außer über die Luft werden die gefährlichen Keime auch durch die Gülle, das unbehandelte Fleisch und durch Fliegen verbreitet. Der ÖDP Vorstand war sich einig, dass solche Aufzuchtstationen der völlig falsche Weg für die Landwirtschaft sind. Einer Vergrößerung des Betriebes in Messenfeld sollte auf gar keinen Fall zugestimmt werden. Außerdem sollten zum Schutz der Bevölkerung in der Nähe Warnhinweise aufgestellt werden. Besonders Kinder und immunsupprimierte Patienten sollten sich von der Anlage fernhalten.
Schriftführererin Carita Müller verwies in diesem Zusammenhang auch noch auf die Internetseite “ Klaus grausts“ des ÖDP – EU-Parlamentariers Prof. Dr. Klaus Buchner. Dort kann man sich zu diesem Thema noch ausführlichere Informationen besorgen, z.B. in der ARTE-Doku “ Killerkeime“.
Thomas Müller
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