Ausstellungseröffnung im Bamberger Diözesanmuseum: Coca-Cola-Vase findet zu goldenen Kelchen

Leiko Ikemuras „Memento Mori“ trifft auf die Bamberger Kaisermäntel. Foto: Dominik Schreiner
Leiko Ikemuras „Memento Mori“ trifft auf die Bamberger Kaisermäntel. Foto: Dominik Schreiner

Zeitgenössische Kunst von über 60 bekannten Künstlern aus aller Welt

Schon von Weitem ist sie zu sehen und leuchtet in der Nacht: die zehn Meter breite Neon-Skulptur des Berliner Künstlers Via Lewandowsky „Good God“. In luftiger Höhe zwischen den Türmen am Ostchor des mehr als 1000 Jahre alten Bamberger Doms angebracht, strahlt sie in die Stadt und beschreibt damit zugleich ein zentrales Motto der Ausstellung im benachbarten Diözesanmuseum: „Der Funke Gottes! Schatz + Wunderkammern im Bamberger Diözesanmuseum“ ist der Titel der neuen Sommerausstellung, die am Freitag eröffnet wurde und bis November zu besichtigen ist.

Zeitgenössische Werke treffen auf sakrale Kunst

Zeitgenössische Kunst von rund 60 Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt sowie ausgewählte Stücke der Moderne korrespondieren mit sakraler Kunst, mit Werken von Tilman Riemenschneider oder Veit Stoß, den Kaisermänteln Heinrichs II. und seiner Gemahlin Kunigunde. Genau das mache den Flair der Ausstellung aus, betonte Domkapitular Norbert Jung, Leiter der Hauptabteilung Kunst und Kultur, während der Eröffnung der Ausstellung. „Durch das ungewohnte In-Beziehung setzen altehrwürdiger und moderner Kunstwerke entstehen ganz neue Zusammenhänge und Interpretationsspielräume.“ Ob und in welcher Weise dabei der Funke Gottes überspringe, dass sei jedem selbst überlassen. Erzbischof Ludwig Schick ergänzte, dass moderne Kunst mit Kunstwerken der Tradition zu verbinden, im Trend liege. „Diese Verbindung kann helfen, dem Wahren, Guten und Schönen auf der Spur zu bleiben und sich so auch Gott zu nähern.“

Hochrangige Goldschmiedekunst und Kostbarkeiten aus Elfenbein treffen auf Kunstwerke aus zeitgenössischen Materialien wie Beton, Stahl, Foto-Papier oder Plastik: Julian Charrière schmilzt Computerschrott ein, Karsten Konrad verwendet Abfall aus Haushaltsauflösungen und von Schrottplätzen: Töpfe, Teile alter Möbel oder Kaufhaus-Vasen aus den 1960ern. Ernst Barlachs erste Modell-Skulptur für „Der Schwebende“, den Engel von Güstrow, gefertigt aus Gips und überzogen mit gelbem Lack, spricht mit dem goldfarbenen Ornat von Papst Clemens II. aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Coca-Cola-Vase von Ai Weiwei

Noch älter als die christliche Kunst aus der Sammlung des Museums ist Ai Weiweis „Coca-Cola-Vase“: das Logo des amerikanischen Softdrink-Multis malte der chinesische Künstler mit roter Farbe auf ein Gefäß aus der Han-Dynastie. Die Zeit der Han-Kaiser ist zwischen 206 vor und 220 nach Christus datiert, das Objekt wird zwischen goldenen Kelchen des Museums präsentiert. Die in den Domschatz eingeladenen säkularen Kunstwerke verstehen sich nicht als religiöse Arbeiten und wurden nicht speziell für die Ausstellung produziert.

Kurator der Ausstellung – Alexander Ochs und Holger Kempkens

Die Kuratoren der Ausstellung, der Berliner Alexander Ochs sowie der Kunsthistoriker und Leiter des Diözesanmuseums Holger Kempkens, unterziehen die gezeigten Werke dabei keiner theologischen oder kunsthistorischen Einordnung. Vielmehr entstehen Assoziationslinien und -räume zu Begriffen wie Berührung, Feier, Zeit, Gewalt und anderen Themen.

Ochs: „Eine Erfahrung aus vielen Ausstellungen in Kirchen und in religiösen Kontexten ist, dass zeitgenössische Kunst sich dort noch einmal anders zeigt als im White Cube eines Museums oder einer Galerie. Einerseits verstehen wir, dass sich Moderne und Zeitgenossenschaft nicht aus einem luftleeren säkularen Raum entwickeln kann und gleichzeitig in einer vieltausend-jährigen Geschichte fußt. In unserer Ausstellung beachten wir jedoch sorgsam den autonomen Charakter jedes einzelnen Kunstwerkes und sehen anderseits, welches Gefühl es in uns auslöst. Wir sind sehr überzeugt, dass jedes gute Kunstwerk einen spirituellen Impetus in sich trägt, der sich dem Publikum mitteilt. Zwischen dem Christentum und der Kunst gab es einmal eine durchaus erotisch zu nennende Liebesgeschichte. Wir hoffen, mitzuhelfen, diese Liaison wieder zu beleben. Diesen nennen wir den Funken Gottes! und so wird aus einer Schule des Sehens eine Schule des Fühlens.“

Künstlerliste

Marina Abramović, Ai Weiwei, Nobuyoshi Araki, Robert Barta, Ernst Barlach, Joseph Beuys, Guillaume Bruère, Dany Chan, Julian Charrière, Oliver Clegg, Paula Doepfner, Christina Doll, Valerie Favre, Anke Feuchtenberger, Katharina Fritsch, Marianna Gartner, Pedro Gómez-Egaña, Antony Gormley, Richard Haizmann, Jeppe Hein, Beate Höing, Leiko Ikemura, Hans Josephson, Isaac Julien, Hubert Kiecol, Karsten Konrad, Andréas Lang, Young-Jae Lee, Judy Ledgerwood, Wilhelm Lehmbruck, Via Lewandowsky, Liza Lou, Markus Lüpertz, Anna Malagrida, Marino Marini, Oliver Mark, Michael Melcer, Meng Huang, Andreas Mühe, Michael Müller, Mwangi Hutter, Hermann Nitsch, Meret Oppenheim, Benyamin Reich, Yvonne Roeb, Miguel Rothschild, Ralf Schmerberg, Patricia Schon, Helmut Schweizer , Micha Ullman, Jorinde Voigt, Simon Wachsmuth, Andy Warhol, Donata Wenders, Matthias Wollgast, Erwin Wortelkamp, Yin Xiuzhen, John Young, Andrius Zakarauskas.

Die Ausstellung findet im Rahmen einer Medienpartnerschaft mit der WELTKUNST und der MEDIENGRUPPE Oberfranken statt; sie wird außer vom Erzbistum Bamberg, von der Oberfrankenstiftung, dem VAH – Verein Ausstellungshaus christliche Kunst e. V. München, der Sparkassenstiftung der Stadt Bamberg, dem Villa Aurora & Thomas Mann House e. V. Los Angeles/Berlin, dem Kulturbüro der EKD und zahlreichen privaten Sammlerinnen und Sammlern wie Art‘Us Collectors‘ Collective e.V., Olbricht Collection, ProWinko ProArt Collection, Sammlung Tobeler Contemporary, Sammlung Wemhöner, Sammlung Ivo Wessel und vielen weiteren Persönlichkeiten und Institutionen gefördert und unterstützt.

Die Eröffnung der Ausstellung findet am 26. Juli 2019 um 11 Uhr im Dom zu Bamberg statt. Interessierte können die Ausstellung bis zum 10. November besuchen. Das Diözesanmuseum hat von Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet.