Besuch im ANKER-Zentrum Bamberg: „Jetzt sind überraschend Ausweise da!“

Bei ihrem Besuch im Anker-Zentrum Bamberg würdigen Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel und Ursula Sowa Fortschritte bei der Unterbringung der Geflüchteten, aber sehen auch aktuellen Änderungsbedarf

Sonnenschein fällt durch das Klassenzimmer, als die Kinder aufgeregt hereinlaufen. Heute ist ein großer Tag, denn sie dürfen einer Besuchergruppe ihr Theaterstück vorführen. Gespielt wird: Rotkäppchen und der Wolf. Sie führen das Märchen mit viel Leidenschaft vor und ernten großen Applaus.

Dieser Empfang im ANKER-Zentrum Bamberg vermittelt den Eindruck, alles liefe wunderbar in der Einrichtung. Zuletzt riss die negative Berichterstattung über das Vorzeigeprojekt der bayerischen Landesregierung jedoch nicht ab: „Gewalt-Vorwürfe gegen Sicherheitsdienst im Ankerzentrum Bamberg“ titelte beispielsweise BR24, nachdem es mehrfach zu massiven Beschwerden wegen gewalttätiger Übergriffe durch das Sicherheitspersonal der Einrichtung gekommen war. Doch an diesem sonnigen Freitagvormittag lächeln die Securities die Besucher*innen freundlich an und präsentierten stolz ihre frischgedruckten Ausweise. „Für eine sichtbare Kennzeichnung der Sicherheitsleute haben Ehrenamtliche und wir Mitglieder des Ombudsteams uns drei Jahre lang eingesetzt,“ sagt Ursula Sowa, Landtagsabgeordnete der bayerischen Grünen, „just zu unserem Besuch sind sie da!“

Die Gruppe geht weiter über das Gelände, auf dem früher Familien von US-Soldaten wohnten, vorbei an einem WLAN-Hotspot und Spielplätzen. „Der kontinuierliche Austausch über das Ombudsteam hat merklich zur Verbesserung der Situation speziell hier in Bamberg beigetragen“, konstatiert Gülseren Demirel, grüne Landtagsabgeordnete aus dem Münchner Südosten. Sie hat sich bereits fünf der sieben Anker-Zentren in Bayern angesehen und kritisiert starke Unterschiede in der Unterbringungssituation zwischen den Depandancen: „Es gibt keine verbindlichen Standards vom Bayerischen Staat für alle Zentren. Es kann nicht sein, dass z.B. die Betreuung oder der Beschulung von Kindern keine verbindlichen Vorgaben haben und von dem guten Willen vor Ort abhängen.“

Trotz des Lobs für die Leitung der Bamberger Aufnahmeeinrichtung sehen Demirel und Sowa auch aktuellen Änderungsbedarf. Es sollten mehr weibliche Securities eingesetzt werden, zudem sehen sie keinen Grund, warum die Bewohner*innen des Anker-Zentrums in ihren Wohnungen nicht kochen oder ihre Zimmertüren abschließen dürfen. In anderen Einrichtungen ist das durchaus möglich. Am Nachmittag findet dann ein Runder Tisch statt, zu dem neben der Einrichtungs-Leitung auch Ehrenamtliche, Geflüchtete und Vertreter*innen von NGOs geladen waren. Thematisiert wurde unter anderem die dezentrale Unterbringung von bereits anerkannten Geflüchteten, die viele am Tisch für wünschenswert halten. Auch das Thema Sicherheitspersonal kommt erneut zur Sprache: Wer kontrolliert die Securities? Warum hat es mit der Kennzeichnung so lange gedauert? Stefan Krug, Bereichsleiter bei der Regierung von Oberfranken, stellt fest: „Dass es anscheinend zwischen Wachleuten eine WhatsApp-Gruppe namens ,Sons of Odin‘ gegeben haben soll, die untereinander menschenunwürdige Äußerungen ausgetauscht hat, geht gar nicht. Leute, die bei uns nicht respektvoll mit den Bewohnern umgehen, fliegen raus.“

Nachdem Für- und Gegenargumente abgewogen wurden, ist der Tenor der Anwesenden des Runden Tisches mit Ausnahme der drei Behördenvertreter am Ende des Tages eindeutig: Die Institution der Anker-Zentren hat sich nicht bewährt. „Mit jedem Besuch wird in meinen Augen klarer, dass Anker-Zentren als solche abgeschafft gehören.“, bringt es Gülseren Demirel auf den Punkt. Denn es sei schön und gut, Behörden aufgrund der schnelleren Abwicklung der Asylverfahren zu bündeln – Menschen deswegen in einer Massenunterkunft zusammenzubringen aber noch lange nicht.