Gegenwind für Bundesgesundheitsminister aus Bamberg
AOK Direktion macht sich stark für regionale Gesundheitsversorgung
Wer an der Nordseeküste wohnt, soll sich künftig auch bei der AOK Bayern versichern können. Umgekehrt gilt: Wer in Bamberg wohnt, könnte sich bei der AOK in Niedersachsen versichern. Dies sehen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor, der die regionalen Kassen bundesweit öffnen will. „Das klingt zunächst gut, birgt jedoch einige Fallstricke“, so Matthias Graßmann, Beiratsvorsitzender der AOK in Bamberg. Denn die regionalen Kassen würden in einen unsinnigen Preiswettbewerb gezwungen. Vor allem junge und gesunde Versicherte werden unterschiedliche Beitragssätze nutzen, um zu wechseln. Die Folge: „Der Krankenkasse fehlt in ihrem Kerngebiet das Geld für die Gestaltung einer guten und passgenauen Versorgung“, so der AOK-Beirat. Die Kranken haben das Nachsehen. Und auch der wirtschaftliche Druck auf Fusionen erhöht sich. Am Ende wird es weniger Kassen und weniger Wettbewerb geben. Für Graßmann ist klar: „Die AOK ist eine regionale Kasse und das muss sie auch bleiben.“
Mehr Spielräume im Freistaat statt Gleichmacherei
Offensichtlich steht die AOK nicht allein. „Wir sind mit unserer Sorge in guter Gesellschaft, denn auch die bayerische Staatsregierung lehnt die Pläne von Spahn vehement ab“, so Graßmann. Statt eines unsolidarischen Preiswettbewerbs sei ein Wettbewerb um die beste Gesundheitsversorgung gefragt. Jetzt sorge die AOK Bayern durch ihre starke Verankerung vor Ort gemeinsam mit den bayerischen Ärzten, Kliniken und Gesundheitsberufen für eine gute regionale Gesundheitsversorgung. „Um dies zu erhalten und regional noch passgenauer werden zu können, brauchen wir mehr vertragliche Spielräume und nicht Gleichmacherei“, sagt Graßmann. Nur so könne die Gesundheitsversorgung vor Ort dauerhaft gesichert werden, gerade in einem Flächenland wie Bayern. Die Verhandlungen für den Bereich Heilmittel – darunter fällt zum Beispiel Krankengymnastik – habe Spahn bereits völlig zentralisiert. Die Musik spiele jetzt in Berlin. „Die bayerischen Gestaltungsmöglichkeiten sind auf ein Minimum reduziert“, ärgert sich Graßmann.
Arbeitsplätze in der Region erhalten
Wenn es um negative Auswirkungen der Pläne des Gesundheitsministers geht, verweist Graßmann auf bundesweit tätige Krankenkassen. Gerade in den ländlichen Regionen Bayerns haben diese in den letzten Jahren immer mehr Geschäftsstellen geschlossen mit entsprechenden Folgen für die Arbeitsplätze. Versicherte und Patienten, die eine wohnortnahe Beratung und Betreuung brauchen, haben keinen Ansprechpartner mehr vor Ort. Bei der AOK Bayern arbeiten über 90 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Regionen. Sie kennen die Menschen und die Gesundheitspartner vor Ort. „Die Nähe zu den Menschen ist unser Erfolgsmodell und das soll auch so bleiben“, sagt Graßmann. In den letzten zehn Jahren habe die AOK im Freistaat über 400.000 Versicherte gewonnen. „Vor allem wollen wir die qualifizierten Arbeitsplätze in den bayerischen Regionen erhalten“, betont der Beirat. Nur so könne eine wohnortnahe Betreuung und Beratung sichergestellt werden. Die Pläne Spahns würden das gefährden.
Vertreter der Beitragszahler übergangen
Die Vertreter der Beitragszahler in den Verwaltungsräten der Krankenkassen sind offensichtlich nicht gefragt worden vom Gesundheitsminister. Für Graßmann zeigt dies, dass Spahn die gesetzlich verankerte Selbstverwaltung der Krankenversicherung nicht ernst nimmt. Dabei sei im Koalitionsvertrag verabredet worden, die Sozialpartnerschaft und ihre Institutionen zu stärken. Graßmann: „Spahns Bekenntnisse zur Sozialpartnerschaft sind offensichtlich nur Lippenbekenntnisse.“
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