20 Jahre Kunstmuseum Bayreuth: Ausstellungen aus den Sammlungen: Teil 1

10.3. – 19.5.2019
Ausstellungen aus den Sammlungen: Teil 1
Abstraktion / Konkretion / Konzeption
„Platons Erben“

Josef Albers, ADV, Serigraphie, 54,5 x 54,5 cm, Kunstmuseum Bayreuth, Schenkung Herbert BessellJosef Albers, ADV, Serigraphie, 54,5 x 54,5 cm, Kunstmuseum Bayreuth, Schenkung Herbert Bessell

Josef Albers, ADV, Serigraphie, 54,5 x 54,5 cm, Kunstmuseum Bayreuth, Schenkung Herbert Bessell

Die erste Ausstellung zum 20. Museumsgeburtstag zeigt Werke von Künstlerinnen und Künstlern der Moderne, die ihr Werk der Abstraktion, Konkretion und Konzeption widmeten. Die Moderne gilt als Symbol für den technischen und intellektuellen Aufbruch in eine neue Zeit. Die Kunst dieser Zeit ist untrennbar mit diesen gesellschaftlichen Entwicklungen verbunden. Zwischen den Kriegen begleiteten viele, vor allem abstrakt arbeitende Künstler den Aufbruch in eine neue Gesellschaftsform mit pädagogischen Konzepten für eine neue Kunst – und für einen neuen Menschen. Konkrete Kunst heute geht weit über van Doesburg hinaus. In zahlreichen, recht unterschiedlichen Ausprägungen hat sie ihren Ort heute manchmal abseits vom Mainstream der Kunstszene und mit einer fließenden Grenze zur Konzeptkunst.

Oft wird die Kunst der Moderne mit der Entwicklung “ungegenständlicher“ Kunst gleichgesetzt, also einer Kunst, die sich dem Abbild der Wirklichkeit und einer Narration von Geschichte und Geschichten verweigert. Allerdings lässt sich mit Recht fragen, ob es eine bildende Kunst ohne Gegenstand überhaupt geben kann? Vertreter der abstrakten, konkreten und auch konzeptionellen Kunst stellen Fragen an den schöpferischen Prozess, an die Wahrnehmung der Wirklichkeit und an das Bild. Es geht – wie schon in Platons Höhlengleichnis – um grundsätzliche Wahrnehmungsfragen. Was ist sichtbar, was bleibt unsichtbar? Kann man das Unsichtbare erfahren, gar sichtbar, erfahrbar machen? Es sind dies Fragen nach der Realität ebenso wie nach dem Realismus in der Kunst. Josef Albers‘ programmatische Antwort – „I want to open Eyes“ – auf die Frage einer seiner amerikanischen Studenten nach seinem Konzept reflektiert dies.

In den Sammlungen des Kunstmuseum Bayreuth gibt es eine Reihe von Werken von bekannten Künstlerinnen und Künstlern abstrakter, konkreter und konzeptioneller Kunst, die noch nie gemeinsam ausgestellt wurden. Ausstellung und Publikation lassen diese Werke nun erstmals zusammen sichtbar werden.

In der Dr. Helmut und Constanze Meyer Kunststiftung und in der Prof. Dr. Klaus Dettmann Kunststiftung Arbeiten finden sich Werke der Bauhäusler Josef Albers, Lyonel Feininger, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Eugen Batz, Max Bill, Werner Gilles, Ida Kerkovius und Fritz Winter. In Düsseldorf unterrichtete Klee neben Batz auch Hubert Berke, Théo Kerg und Georg Jakob Best, dessen Stiftung der Tochter Viola Schweinfurter im Museum bewahrt wird. Hinzu kam 1932 Caspar Walter Rauh, dessen Sammlung der Oberfrankenstiftung das Kunstmuseum Bayreuth bewahrt.

Mit der so genannten „Stunde null“ erhielt die Abstraktion in der Kunst nach 1945 insgesamt eine neue Bedeutung, galt es doch nun noch einmal, eine neue Kunst für eine neue Gesellschaft und eine neue Welt zu erfinden. Von Max Ackermann bis zu Ossip Zadkine gibt es in den Museumssammlungen zahlreiche Vertreter, die an die Abstrakte Kunst der Zwischenkriegszeit anknüpften und diese weiterentwickelten. Zahlreiche junge Künstlerinnen und Künstler beschäftigten und beschäftigen sich mit den Strukturen der Welt, indem Sie sich ästhetisch mit den platonischen Körpern auseinandersetzten. Hierzu gehören in den Sammlungen des Kunstmuseum Bayreuth zum Beispiel Gerhard Frömel, Winfried Gaul, Otto Herbert Hajek, Erwin Heerich, Diethelm Koch, Georg Karl Pfahler, HD Schrader, Kurt Teuscher. Andere – wie Helmut Bruch, Peter Weber, Raimund Girke, Ulrich Behl oder Ludwig Gebhard – untersuchen das Phänomen von Licht und Schatten, wieder andere – wie Max Ackermann, Josef Albers, Rupprecht Geiger, Diet Sayler, Piero Dorazio, Ernst Wilhelm Nay, Otto Herbert Hajek, Günter Fruhtrunk oder Kurt Teuscher widmeten ihr Werk – zumindest in wichtigen Werkphasen – der Farbe. Und wieder andere verstanden und verstehen konkrete Kunst als Konzept-Kunst, darunter wäre auch die so genannte Optical Art zum Beispiel von Victor Vasarely oder Bridget Riley oder auch das Werk von Brian O’Doherty und Ugo Dossi zu rechnen.

Zur Ausstellung erscheint eine wissenschaftliche Publikation mit Texten von Heidi Bierwisch, Uwe Haupenthal und Marlene Lauter. Ein Fachsymposium zum Thema „Konkrete Kunst heute“ ergänzt ein umfangreiches Vermittlungsprogramm.

Platon war davon überzeugt, dass sich die Welt weder als Begriff, noch als Nachbildung, noch durch Beschreibung begreifen lässt, sondern nur durch Kombination von Begriff, Bild und Beschreibung und im Dialog – als jeweils ganz persönliche Erfahrung, ergänzt durch die Kombinationsgabe der Vernunft. Vielleicht hilft uns die nicht abbildende Kunst unserer Zeit dabei, die Augen zu öffnen, wie Albers es wollte.