Obstbaumblüte in der Fränkischen Schweiz

Die atemberaubende Blüte von 600 000 Obstbäumen, die alljährlich, je nach Witterung, zwischen Mitte April und Anfang Mai herum in der Region stattfindet, ist ein mächtiges Zeichen der neu erwachten Natur und eine starke Aufforderung an die 5000 Obstbauern der Region, sich verstärkt um die Obstbäume zu kümmern, damit sie gute Erträge bringen. Dazu gehört neben dem „Verjüngen“ des Astholzes durch einen Rückschnitt, auch das „Veredeln“ der Bäume.

Sie tragen charmante Namen wie Cristalline oder Conferance oder vornehme wie Merton Premier oder Madam Verte oder schlichte wie Butterbirne oder Hauszwetschge. Sie liegen tausendfach am Boden eines alten Kellers und warten darauf, von einem Liebhaber begutachtet und mitgenommen zu werden. Jung sind sie alle, daher auch hübsch anzusehen, kräftig im Wuchs und mit gesunder „Haut-“ farbe. Sie sind billige Arbeitskräfte und können jahrzehntelang die schönsten Früchte tragen. Die Rede ist von „Edelreiser“. So heißen die einjährigen Triebe, die im Winter geschnitten, im frostfreien Keller zwischengelagert und ab April an Liebhaber wohlschmeckender Obstsorten für das Verjüngen oder fränkisch „pelzen“ von Obstbäumen ausgegeben werden. Sie gehen eine dauerhafte Verbindung ein mit einem schon älteren Stamm, dessen „Unterlage“, so nennt man die extra gezüchtete Baumwurzel, dafür genügend Saft produzieren kann. Wenn die Verjüngung und die Veredelung richtig durchgeführt sind, dann wachsen am alten Stamm neue Äste nach, die noch im gleichen Jahr wohlschmeckende große Früchte tragen und das ist auch das Ziel der Baumveredelung: Hocharomatische Obstsorten zu erhalten und zu fördern, weil sie eben besser schmecken als das Industrieobst, bei dem es nur aufs äußerliche ankommt, aber nicht unbedingt auf den Geschmack und die Haltbarkeit.

Eingebettet in das satte Grün der Wiesen, begleitet vom gleichmäßigen Summen der Bienen über das riesige Angebot, steigt betörender Blütenduft aus einem Meer von zartem Weiß auf und lässt die Sinne jubeln. Es ist Frühling. Das milde Klima der Fränkischen Schweiz bedingt das besonders gute Gedeihen der Obstbäume in dieser Region. Nach und nach verwandelt sich die Landschaft rund um das Walberla, dem uralten keltischen Plateauberg in ein weißes Blütenmeer. Dann erblühen nach und nach mehr als 200.000 Kirschbäume und weitere 400.000 Zwetschgen-, Apfel-, Birnen- und Walnussbäume, verteilt auf zirka 3.500 Hektar Anbaufläche. Zuerst sind die Frühkirschen dran, die im Tal aufwachsen, zum Schluss kommen die späten Apfelsorten, die auch auf über 500 Metern noch sehr gut gedeihen, weil das Bergmassiv des Walberla vor Wetterextremen schützt. Vor allem Süßkirschen gedeihen hier prächtig. Davon gibt es in der Region mehr als 140 Sorten, deren Reiser alljährlich im größten „Reiserkeller“ Bayerns, in Hiltpoltstein tausendfach an interessierte Laien und Fachbetriebe verkauft werden. 94 Prozent der bayerischen und 15 Prozent der deutschen Süßkirschenernte kommen aus der Fränkischen Schweiz.

Das Obstanbaugebiet Forchheim/Fränkische Schweiz, eines der größten geschlossenen Süßkirschen-Anbaugebiete Deutschlands. Es hat, wegen seiner Erfolge beim Anbau des Obstes, weltweiten Bekanntheitsgrad erreicht. Geographisch gehört das Anbaugebiet zur nördlichen Frankenalb. Der Süßkirschenanbau findet sich auf Höhen zwischen 280 Meter und 400 Meter über Normal Null (NN) an den frostfreien Hängen der Täler und von 400 –550 m über NN auf den meist ebenen Hochflächen des Jura. Zum Anbaugebiet Forchheim/Fränkische Schweiz zählen auch noch die Obstbaugemeinden der am Landkreis Forchheim angrenzenden Landkreise Bamberg, Bayreuth, Erlangen-Höchstadt und Nürnberger Land. Ausgangspunkt des Kirschenanbaus in der Region ist das einstige Benediktinerkloster Weißenohe, das um das Jahr 1000 nach Christus die ersten Obstbäume kultivierte. Seit zirka 200 Jahren ist der Landkreis Forchheim ein dominantes Süßkirschen-Anbaugebiet. Den hier ansässigen kleinstrukturierten Obstbaubetrieben bot allerdings bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts nur die Doppelnutzung mit Hochstamm und Unterkultur (meist Wiese) bei niedrigen Erträgen eine gesicherte Einnahmequelle. In Folge steigender Erträge in der Landwirtschaft, ausgelöst durch die Ergebnisse der kreiseigenen Obstversuchsanlage und durch neue Maschinen, kann mittlerweile auf die Unterkultur verzichtet und auf niedrigere Baumformen umgestellt werden, was allerdings langfristig eine Veränderung des Landschaftsbildes zur Folge hat. Dominieren heute noch Hochstammbäume das Bild, werden es in einigen Jahren Halbstammbäume und teilweise auch niedrige Büsche sein, die sich leichter, schneller und kostengünstiger abernten lassen. Weitere Infos zum Thema gibt es vom Kreisfachberater für Obstbau, Hans Schilling, Tel. 09191 / 86-1082, https://lra-fo.de/site/2_aufgabenbereiche/Natur_Umwelt/Obstbau/fb_obstbau.php

Obstversuchsanlage – Bayernweit einmalig ist die Obstversuchsanlage in Hiltpoltstein, eine Einrichtung des Landkreises Forchheim seit mehr als 50 Jahren. Hier führen Fachleute Versuche durch, die Aufschluss darüber geben, wie der Obstanbau am nachhaltigsten und wirtschaftlichsten betrieben werden kann. Weitere Infos zum Thema Obstanbau in der Fränkischen Schweiz findet man im Internet:
www.fraenkische-schweiz.com/de/erleben/natuerlich/obstanbau/ und hier:
www.kulturerlebnis-fraenkische-schweiz.de/obst.html

Liste der vorhandenen Reiser: https://lra-fo.de/site/2_aufgabenbereiche/Natur_Umwelt/Obstbau/Reiser.pdf?m=1522066536&

Bild vom Reiserkeller: https://www.komoot.de/highlight/216459 um sich eine Vorstellung zu machen. Wie das aussieht, wenn 20 000 Ruten gebündelt am Boden liegen.

Edelreiser – Ausgabe – Die nächste Edelreiserausgabe ab dem Reiserkeller in Hiltpoltstein findet am Samstag 27.04., von 09–12 Uhr und von 13–16 Uhr statt. Weitere Termine sind vorgesehen am Donnerstag, den 02.05., Mittwoch, den 08.05. und Mittwoch, den 15.05., jeweils in der Zeit von 17–18 Uhr. Reiserbestellungen werden schriftlich entgegen genommen unter folgenden Adressen: Landratsamt Forchheim, Möchser Weg 12, 91355 Hiltpoltstein; E-Mail: obst@lra-fo.de

Blütenbarometer – Um vielen Menschen das einmalige Erlebnis der Kirschenblüte zu ermöglichen, hat die Tourismuszentrale Fränkische Schweiz ein Blütenbarometer auf der Homepage installiert, das schon aktiviert ist. Es zeigt tagesaktuell in fünf Schritten an, in welchem Stadium sich die Blüte gerade befindet und gewährt eine genaue Abschätzung, wann sich ein Besuch der blühenden Gegend lohnt. Siehe: www.fraenkische-schweiz.com/bluetenbarometer Rund 60 Tage nach der Blüte gibt es dann die ersten Früh-Kirschen.

Kirschenkönigin – Seit fast 20 Jahren wird alle zwei Jahre eine Kirschenkönigin gewählt, die das Kirschanbaugebiet auf Messen und gartenbaulichen Veranstaltungen vertritt. Heuer ist es wieder soweit, die Bewerbung läuft bereits. Verantwortlich für die Wahl ist die Wirtschaftsförderung des Landkreises Forchheim, Am Streckerplatz 3, 91301 Forchheim, Tel. 09191 / 86-1020, E-Mail: wifoe@lra-fo.de , Fachbereichsleiter ist Andreas Rösch.

Reinhard Löwisch, TZ Fränkische Schweiz