7 Bamberger Künstlerinnen und Künstlern stellen in Kronach aus

Im Rahmen seiner Regionalreihe zeigt der Kunstverein Kronach nach einer Ausstellung mit sieben Bayreuther Künstlern im letzten Jahr nun Werkserien von sieben Bambergern. Die Jury des Berufsverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken hat die Aussteller unter den Bewerben ausgewählt. Die Techniken reichen von Zeichnung über Malerei zu Fotografie und Video.

Peter Schoppel befaßt sich in einer 10-teiligen Serie großformatiger Zeichnung mit der Überlagerung von dreidimensionalen natürlich gewachsenen Pflanzenstrukturen mit rechtwinkligen zweidimensionalen Rasterelementen. Er stellt damit die dynamische Ordnung von evolutionären Prozessen menschengemachten Systemen gegenüber, die den Vorteil zeichenhafter Klarheit mit mangelnder Anpassungsfähigkeit erkaufen.

Klaus Borowietz gruppiert eine größere Anzahl kleinformatiger Tuschezeichnungen und Monotypien zu einem großflächigen Tableau. In ihnen verarbeitet er die Eindrücke der vielgestaltigen Pflanzenwelt auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán zu formal reduzierten Zeichenungen. Aus dem unendlich differenzierten Formangebot der Natur gewinnt er in einem Konzentrationsprozess Zeichenelemente. Sehr aufschlussreich ist es, diese Protozeichen mit den Arbeiten Peter Schoppels zu vergleichen. Durch das Zeichnen entstehen Zeichen.

Gerhard Schlötzer zeigt 36 analogen Farbfotografien, die er auf einem Tableau in visuelle und inhaltliche Beziehung zueinander gesetzt hat. Der Titel: „Exkursionen mit dem Fahrrad in den Landkreis Haßberge und angrenzende Gebiete zu Wahlzeiten“ erklärt weitgehend worum es in dieser Serie geht: Die zeitweise Veränderung des ländlichen und kleinstädtischen Raumes durch Wahlplakate vor der Bundestagswahl 2017. Zu jedem Bild gibt es einen kurzen informativen Text und ein 48 minütiger Film zeigt die Reaktionen verschiedener Personen auf die Fotos und Texte.

Wolfgang Müller zeigt seine 12-teilige Scherenschnittserie „Kunstgeschichten“, in der er ironische Kommentare zur musealen Kunstbetrachtung liefert. Die Aufgabe der Kunst ist es nicht, Kunstgeschichte zu werden, sondern Geschichten entstehen zu lassen.

Walli Bauers Radierungsserie „Menschen hinter Fenstern“ beschäftigt sich mit dem Übergang zweier Räume, dem nächtlichen Außenraum, dem erleuchteten Innenraum und den trennenden Elementen dazwischen, die das Bild überlagern und strukturieren. „Faszinierend finde ich den Gedanken, hinter diese fremde Welt zu blicken. …Ich betrete dabei Daseinsräume mit Lebensszenen aus Schatten und Licht, die Geschichten erzählen und nachdenklich machen. Sie lassen mich an dem Leben der Menschen hinter diesen Fenstern teilhaben.“

Adelbert Heils Kleinskulpturen aus Eisen- oder Bronzeguss erzählen mit Humor und hintergründiger Anteilnahme von menschlichen Beziehungen. Durch die eigenen Lebenserfahrungen fällt es den Betrachtern oft leicht, eine Beziehung zu den tieferen Wahrheiten hinter den Figurenkonstellationen aufzubauen.

Thomas Michels großformatige Gemälde speisen sich aus Nachrichtenbildern. Sie kommentieren teils ironisch, teils sarkastisch oder gar zynisch neueste Entwicklungen in der politischen und öffentlichen Kultur, die zunehmend verroht. Ihm ist eine dezidierte Stellungnahme der Bildenden Kunst gegen wachsende autoritäre Tendenzen auch in den westlichen Demokratien wichtig. Für seinen Appell zur Verteidigung der liberalen Demokratie mit dem Pinsel, kombiniert er aus der Fotografie gewonnene Figurengruppen, die er mit breitem, teils pastosem Farbauftrag darstellt.

Eine Kunstausstellung des Kunstvereins Kronach e.V. mit Werken von 7 Bamberger Künstlerinnen und Künstlern in den Techniken: Malerei, Zeichnung, Metallskulptur, Monotypie, Tuschezeichnung, Radierung, Scherenschnitt, Fotografie und Videofilm.

  • Kunstverein Kronach e.V., Siechenanger Straße 13, 96317 Kronach
  • Eröffnung: Sonntag 24. Februar 17:00 Uhr
  • Dauer: Bis Sonntag 24. März 2019
  • Öffnungszeiten: Do. – So. und feiertags 15 – 18 Uhr
  • Eintritt frei

Begleitveranstaltung:

So. 24.3., 17 Uhr: Finissage mit allen Künstlern. Künstlergespräch zur Arbeit: „Exkursionen mit dem Fahrrad in den Landkreis Haßberge und angrenzende Gebiete zu Wahlzeiten“ von Gerhard Schlötzer

Weitere Informationen unter:

Die Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke

Walli Bauer: Menschen hinter Fenstern

„Jeder kennt den Weg durch nächtliche Straßen mit erleuchteten Fenstern. Wir können Leben in unterschiedlichen Situationen sehen und werden dabei ungewollt oder gewollt Betrachter dieser anonymen Welt. Ich fühle mich als heimlicher Betrachter emotional hineingezogen in diese Atmosphäre der Nachdenklichkeit, der Lebensfreude, Sinnlichkeit, Trauer, leiser Melancholie und lockender Geselligkeit.

Faszinierend finde ich den Gedanken, hinter diese fremde Welt zu blicken. Die Zeit anzuhalten.

In die konzentrierte Stille dieser Schatten-Begegnungen einzutauchen. Dabei beschäftigt mich, wie wohl diese Menschen leben, was sie denken, wie sie fühlen. Ich betrete dabei Daseinsräume mit Lebensszenen aus Schatten und Licht, die Geschichten erzählen und nachdenklich machen. Sie lassen mich an dem Leben der Menschen hinter diesen Fenstern teilhaben.“

Walli Bauer
Grafik, Malerei
Concordiastr. 9
0951/56751
walli.bauer@web.de
http://www.wallibauer.de/

Klaus Borowietz: Yucatán

Bei der Werkgruppe „Yucatán“ handelt es sich um eine Serie von Tuschezeichnungen und Monotypien, die unter dem Eindruck einer Mexiko-Reise entstanden sind. Faszinierend war nicht zuletzt die bizarre Flora Mexikos und besonders die des tropischen Regenwaldes auf Yucatán. Nicht um die Darstellung einzelner Pflanzen geht es bei den Arbeiten dieser Serie, sondern um das Prinzip des Pflanzlichen: Entfaltung, Wachstum, Kraft und Harmonie.

Immer wieder stellte sich während der Arbeit die Frage: Was ist wirklich wichtig, was ist wesentlich, worauf kann ich verzichten? Eine Frage, die weit über künstlerische Dimensionen hinaus reicht.

Klaus Borowietz
Adam Krapp-Straße 16
96114 Hirschaid
09543-3744, tagsüber 0951-51 92 26
klaus.borowietz@gmx.net

Adelbert Heil

Adelbert Heil schafft Kleinplastiken aus Bronze und Gusseisen, die er nach seinem selbst entwickelten Verfahren gießt und in klassischer handwerklicher Tradition bearbeitet. Die fein ausgearbeiteten Figuren reflektieren Zusammenhänge und Systeme der Außenwelt und erzählen manchmal humoristische Geschichten aus seinem eigenen phantasiegeborenen Kosmos.

Adelbert Heil
Franz-Ludwig-Straße 26
96047 Bamberg
0951-22855
0175-6028368
adelbert-heil@web.de
www.adelbert-heil.de

Thomas Michel

Ein neues politisches Phänomen geistert als Folge der globalen Finanzkrise im Zuge der Lehman-Pleite durch die Gesellschaften des Westens: die Idee der illiberalen Demokratie. Was vor zehn Jahren noch undenkbar war, der Bruch zwischen den USA und Europa, das Auseinanderbrechen der EU, der Aufstieg der Rechtspopulisten sind heute ein reales Bedrohungsszenario. In Osteuropa werden die ersten Staatssysteme in illiberale Demokratien umgebaut und auch in Westeuropa sind rechtsnationale Kräfte bereits an Regierungen beteiligt oder machen durch ihre Wahlerfolge liberale Regierungen handlungsunfähig. Die Grenze zwischen rechtspopulistisch und rechtsradikal ist fließend, die Verschiebung hin zu den Extremen, zum rechten wie zum auch zum linken, aber unübersehbar. Die Folgen sind eine Spaltung der Gesellschaft, eine Verrohung von Sprache und Sitten, Intoleranz gegenüber Minderheiten und offene Gewalt gegen Andersdenkende oder Menschen mit Migrationshintergrund.

Wenn es für die Kunst einen Zeitpunkt gibt, Position zu beziehen, sich nicht zu verstecken und die Dinge, die die Demokratie und damit auch die Freiheit der Kunst bedrohen, beim Namen zu nennen, dann ist dieser Zeitpunkt jetzt gekommen. Kunst hat nicht nur eine ästhetische Funktion, sondern hatte immer auch eine identitätsstiftende soziale und politische Funktion, die der Zeit ihren Spiegel vorhält. Gerade in Deutschland sollte man sich wieder bewußt werden, daß die demokratischen Errungenschaften mit unvorstellbaren Opfern bezahlt wurden und jeden Tag aufs Neue verteidigt werden müssen. Eine demokratische Gesellschaft ist kein Selbstläufer und gerade in Zeiten globaler ökonomischer, ökologischer und sozialer Umbrüche muß die Kunst ihren Beitrag leisten, einen offenen Diskurs über die gesellschaftlichen Probleme der Gegenwart zu führen.

Zieht sich die Kunst in ihren Elfenbeinturm zurück, wird sie gesellschaftlich irrelevant und droht zur Dekoration zu verkommen. Meine Bilder greifen die aktuelle Stimmung mit ihrer Bedrohungslage auf und thematisieren die Fragilität von sozialen Konventionen, wenn Macht infolge von Systemversagen außer Kontrolle gerät oder das Volk von politischen Eliten manipuliert wird. Die vorliegenden Gemälde sind keine Kommentare zur Tagespolitik, sondern verdichten zeitlos gültige soziale Mechanismen zu einem Panorama unserer Zeit, 100 Jahre nach Gründung der Weimarer Republik.

  • Red Splash, Öl auf Leinwand, 2018, 110 x 165 cm
  • König der Narren, Öl auf Leinwand, 2018, 165 x 110 cm
  • Das Lied der Nachtigall, Öl auf Leinwand, 2018, 125 x 90 cm
  • Fuck Your Morals, Öl auf Leinwand, 2018, 110 x 165 cm

Thomas Michel
Frutolfstr. 52
96049 Bamberg
Telefon: +4917628059171
E-Mail: thommic@gmx.net

Wolfgang Müller: Kunstgeschichten

Scherenschnitte, 70 x 50 cm, 2018

Es ist nicht Aufgabe der Kunst, Geschichte zu werden, ihre Aufgabe ist es, Geschichten zu werden. Immer entsteht die Kunst aufs Neue, in den Augen der Betrachter. So lange es Betrachter gibt für ein Kunstwerk, bleibt es.

Titel der Arbeiten:

  • „ART TROUVE“
  • „INSPIRATION“
  • „INFIZIERT“
  • „JUGEND“
  • „POINTILISMUS“
  • „KONSTRUKTIVISMUS“
  • „VOYEUR“
  • „KLEINKOPIST“
  • „BLICKFANG“
  • „VERTIEFUNG“
  • „BANAUSE“
  • „ERNST“

Wolfgang Müller
Urbanstraße 4
96047 Bamberg
0951-51955495
mueller.schrenschnitt@gmail.com
www.müller-scherenschnitt.de

Gerhard Schlötzer: Exkursionen mit dem Fahrrad in den Landkreis Haßberge und angrenzende Gebiete zu Wahlzeiten

36-teiliges Fototableau, 100 x 240 cm mit Texten und Videofilm 48 min., 2017-18

5 Fahrradtouren führten mich im September 2017, kurz vor der Bundestagswahl, von Bamberg aus in den angrenzenden Landkreis Haßberge. Ausgangsidee war es, die zeitweilige Veränderung des öffentlichen Raumes durch die Wahlplakate zum Anlass für analoge Farbfotografien zu nehmen. Daraus entwickelten sich verschiedene Themenstränge wie Sandstein, Fachwerk, Schaufenster-auslagen, Straßen, Tankstellen, usw., denen ich nachging. Aus dem entstandenen Material wählte ich 36 Fotografien aus und setzte sie auf einem Tableau in inhaltliche, formale und farbliche Beziehungen, ein zweidimensionales Beziehungsgeflecht an der Wand. Dazu entstand ein Begleitheft, mit kürzeren und längeren Texte zu den einzelnen Fotografien. Im Anschluss bat ich 30 Personen, sich die Fotos und Texte anzuschauen und vor der Videokamera darüber zu sprechen. Das Ergebnis ist ein 48 minütiger Film, der aus den Äußerungen dieser Personen montiert wurde und vier Themenbereiche umfasst: „Haßberge und die Heiligen Länder“, „Wahlzeiten“, „was ist schön?“, „welche Kunst wünschst du dir?“

Die Betrachter der Arbeit können ihre eigenen Meinungen und Reaktionen auch im Spiegel der Äußerungen der Filmteilnehmer reflektieren.

Gerhard Schlötzer
Nürnberger Straße 203
96050 Bamberg
0951-16744
0178-1904852
gschl@gmx.de
www.gerhard-schloetzer.de

Peter Schoppel: Index Garten, 10-teilige Werkgruppe 2013 – 14

Ausgangspunkte dieser mehrteiligen Zeichenarbeit sind florale Motive aus meinem fränkischen Hausgarten, gesammelte Betrachtungen von Ordnungen einer einfachen vertrauten Natur im Ablauf der Jahreszeiten, im Kontext vom Werden und Vergehen.

Rasterstrukturen als Sinnbilder unserer heutigen, technologischen Aufrüstung greifen in diese Bildordnungen ein. Erst ganz langsam, unscheinbar, dann verdichten sich diese konkreten Strukturen von Arbeit zu Arbeit immer mehr und stülpen sich wie eine zweite Haut über Blüten, Blätter, Samenstände und Laub, bis dieses komplexer werdende Raster derartig ausartet, dass kein Durchblick auf die florale Welt mehr möglich ist. Am Ende verbleibt nur ein Epilog gänzlich verdrängter Natur, ein Planspiel technologischer Ästhetik.

floral – A4/F1-F9, 9-teilige Werkgruppe 2015

Das vorgegebene Din A4-Format dient mir als verbindende formelle Struktur dieser Malserie. Ein freies Spiel floraler Ausschnitte im Rasterformat, ein Dialog zwischen konkreten Systemen technologischer Din-Norm und Fragmenten einfacher Natürlichkeit.

Peter Schoppel
Bamberger Straße 7
96163 Gundelsheim
0951-44260
schoppel-peter@gmx.de
www.schoppel.wordpress.com