Zeils Bürgermeister Stadelmann: „Exponate aus Zeil sind in Plech absolut an der richtigen Stelle gelandet“
Über 600 Polaroid-Aufnahmen von Schah Reza Pahlawi, Adenauer, Kennedy, Cassius Clay und anderer Prominenten der Sechziger Jahre entdeckt – Saisonstart im Kameramuseum
„Mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ begingen die Macher und Freunde des Deutschen Kameramuseums in Plech die Vernissage zum Start der Saison 2019 mit einer Sonderausstellung „Neue Exponate aus Zeil am Main“. Zeils Bürgermeister Thomas Stadelmann und zwei Mitstreiter des im Mai 2018 verstorbenen Zeiler Museumsgründers Dr. Gerhard Binder waren ungeachtet des heftigen Schneegestöbers vergangenen Sonntag extra aus den Haßbergen nach Plech gereist, um die Übergabe der Zeiler Ausstellungsstücke zu besiegeln und sich davon zu überzeugen, dass das Zeiler Photomuseum im Deutschen Kameramuseum weiterleben wird.
Der Plecher Museumsleiter Kurt Tauber fasste die Ereignisse des vergangenen Jahres in seiner Begrüßungsrede so zusammen: „Wir haben eine Reihe teils exotischer, teils einfach liebenswerter Exponate aus dem früheren Zeiler Museum übernehmen dürfen. Wir gewinnen wunderschöne Gerätschaften und Deko-Artikel dazu, aber Zeil verliert gleichzeitig eine über Deutschland hinaus bekannte Einrichtung.“
Im Mai 2018 starb nach längerer Krankheit, aber dennoch völlig überraschend, im Alter von nur 62 Jahren der Gründer und Betreiber des Zeiler Photomuseums, der Arzt Dr. Gerhard Binder. Die Stadt Zeil, der Binder schon 2016 genau für diesen Fall die Eigentumsrechte am Bestand des Museums übertragen hatte, sah sich trotz vieler Gespräche und Überlegungen außer Stande, das Museum weiter zu betreiben.
Im Sinne des Zeiler Sammlers, der in sein Museum „sehr viel Geld und noch viel mehr Liebe und Mühe“ gesteckt habe, so Tauber, habe Bürgermeister Stadelmann zusammen mit Ulrich Möller, einem Freund und Helfer Dr. Binders sowie dem langjährigen ehrenamtlichen Museumsführer Edgar Kolb dafür gesorgt, dass das Zeiler Photomuseum im Deutschen Kameramuseum sozusagen weiterlebe. Tauber versprach der Zeiler Delegation: „Wir werden diese Exponate dauerhaft in unsere Ausstellung integrieren und sie angemessen präsentieren.“
Als Dank für die kostenlose Überlassung der zur Besichtigung im Plecher Museumseingang aufgebauten Schätze aus Zeil hilft ein Team des Plecher Museums der Stadt Zeil bei der Auflösung des dortigen Museums mit Rat und Tat. So habe man es sogar geschafft, „wie man glaubte, unverkäufliche Geräte“ an den Mann zu bringen. Darunter einige so sperrige Teile wie zentnerschwere 35-mm-Kinoprojektoren aus Gusseisen.
Aktuelles Beispiel: Ziemlich unbeachtet standen neun mannsgroße Bilderrahmen mit mehr als 600 Fotos in einer Ecke des wirklich an Blickfängen nicht armen Museums. Bei genauerem Hinsehen stellten die Plecher Fachleute fest, „dass es sich bei den scheinbar lieblos und ungeordnet aufgeklebten Schwarzweißbildchen um einen wahren Schatz handelte: Original-Polaroidfotografien von Politikern und Prominenten der 1960er Jahre – teilweise mit Originalunterschriften auf dem Passepartout.“
Fotos: Herbert Maas/Repros: Deutsches Kameramuseum
Der Plecher Museumschef voller Begeisterung: „Wir entdeckten Schnappschüsse von Konrad Adenauer, Willy Brandt, Ludwig Erhard, Schah Reza Pahlawi und seiner Farah Diba, John F. Kennedy, Nikita Chrustschow, Cassius Clay, Paul McCartney, Sammy Davis jr., Louis ‚Satchmo‘ Armstrong, Hildegard Knef, Toni Sailer, Mario Adorf, Mireille Mathieu und Dutzender anderer Promis aus Politik, Kultur und Sport.“ Das seien Aufnahmen, die es so nur einmal gebe: Keine gedruckten Autogrammkarten oder tausendfach verbreitete Kopien sondern „sensationelle Originale, teils mit Autogrammen und Widmung“ an den Fotografen, einem Journalisten namens Herbert Maas aus Bad Soden im Taunus.
„Diese Polaroid-Schätze hätten wir natürlich auch gerne für unser Museum gehabt, aber es wäre in meinen Augen nahezu unanständig gewesen, wenn wir sie hätten behalten wollen.“, sagte Tauber: „Solche fotografischen Dokumente der Zeitgeschichte gehören wissenschaftlich erforscht, dokumentiert, nach den Regeln der Kunst aufbereitet und dann einem größeren Publikum dauerhaft zugänglich gemacht.“ Das hoffe man durch einen jetzt eingeleiteten Verkauf erreicht zu haben. Dass die Jugendarbeit der Stadt Zeil ganz nebenbei damit eine Finanzspritze bekomme, die „mehreren Jahresetats des Deutschen Kameramuseums“ entspreche, zeige, dass sich diese vielen E-Mails, Telefonate und Fahrten gelohnt hätten.
Bürgermeister Thomas Stadelmann aus Zeil am Main skizzierte in seinem Grußwort nochmals die Gründe, die letztlich zur Auflösung des Zeiler Museums geführt hätten und zeigte sich beim anschließenden Rundgang richtiggehend begeistert von dem Angebot und Konzept des Plecher Museums und betonte mehrmals: „Wir haben ja schon in den letzten Monaten erfolgreich und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Aber jetzt bin ich vollends überzeugt, dass die Exponate aus Zeil in Plech absolut gut aufgehoben und an der richtigen Stelle gelandet sind.“
Wer sich die Sonderausstellung mit den Neuzugänge aus Zeil und die anderen Veränderungen im Deutschen Kameramuseum anschauen möchte, hat dazu bis Ostern Gelegenheit. Die Polaroid-Fotos gab es übrigens nur am Vernissagen-Sonntag zu bewundern.
Inzwischen sind die schon abgeholt worden. Auf der Museumshomepage kann man aber die eindrucksvollsten Beispiele in einer Dokumentation (www.kameramuseum.de/zeil) finden.
Das Plecher Museum ist bis Ende November jeden Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet (letzter Einlass: jeweils 16 Uhr). Einen Überblick über die Neuzugänge und die Bedeutung des Zeiler Photomuseums gibt es auf der Plecher Homepage unter www.kameramuseum.de
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