„Maßvoll, kommunalfreundlich und gerecht“: Bezirkstag verabschiedet Haushalt 2019 einstimig
Premiere im Bezirkstag von Oberfranken: Erstmals verabschiedete das Gremium unter der Regie von Bezirkstagspräsident Henry Schramm den Haushaltsetat des Bezirks. Und erstmals seit 15 Jahren votierten die Mitglieder des Bezirkstags einstimmig für das vorgelegte Zahlenwerk, das mit 453 Millionen Euro einmal mehr ein Rekordvolumen beinhaltet. Der Hebesatz zur Bezirksumlage bleibt mit 17,5 Prozentpunkten konstant und ist damit wiederum der niedrigste in ganz Bayern.
„Wie immer bildet der Haushalt des Bezirks Oberfranken einen Spagat zwischen den Interessen der Umlagezahler und den Belangen der dritten kommunalen Ebene. Fakt ist: Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die uns brauchen! Das sind vor allem die Schwächeren und Schwächsten in unserer Gesellschaft: Menschen mit Behinderung und pflegebedürftige Menschen, Kinder und Jugendliche mit Handicap“, erinnerte Bezirkstagspräsident Henry Schramm gleich zu Beginn seiner Rede an die Kernaufgabe des Bezirks.
Über 94 Prozent der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes, rund 417 Millionen Euro, entfielen auf soziale Hilfen. Dafür sei der Bezirk gesetzlich zuständig. „Diesem gesetzlichen Auftrag kommen wir gerne und mit viel Herzblut nach“, so Schramm weiter. Er sprach von einem maßvollen und gerechten Haushalt, der mit den veranschlagten Mitteln für Kultur, Fischerei und Landwirtschaft auch dafür sorge, dass Oberfranken lebens- und liebenswert bleibt. Einen Appell richtete der Bezirkstagspräsident mit Blick auf die steigenden Sozialausgaben in den kommenden Jahren an den Freistaat Bayern: „Die Hilfe für Menschen mit Behinderung und pflegebedürftige Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Kostensteigerungen allein auf die Kommunen abzuwälzen bringt die kommunale Familie in Zeiten schlechter Konjunktur zwangsläufig an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Daher wäre es nur folgerichtig, die Höhe der staatlichen Zuweisungen an die Bezirke an die steigenden Sozialausgaben zu koppeln.“
In ihren Statements gingen die Vertreter der Bezirkstagsfraktionen vor allem auf die Umlagesystematik und die steigenden Sozialausgaben ein. Der Mensch stehe bei den Aufgaben des Bezirks, die vor allem im Bereich der Sozialhilfe liegen, im Mittelpunkt. Die Beibehaltung des Hebesatzes sei das richtige Zeichen an die kommunalen Umlagezahler, die Landkreise und kreisfreien Städten. Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft werde es in Zukunft wohl schwer werden, den Hebesatz auch 2020 konstant zu halten.
Der Bezirkshaushalt wurde im Anschluss einstimmig verabschiedet, auch der Finanzplan und das Investitionsprogramm für die Jahre bis 2022 wurde mit breiter Mehrheit und lediglich einer Gegenstimme auf den Weg gebracht.
Kennzahlen des Haushalts
- Gesamthaushalt: 453 Millionen Euro (Vergleich 2018: 436 Millionen Euro)
(davon entfallen 443 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt,
9,5 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt) - Hebesatz zur Bezirksumlage: 17,5 Prozent (Vergleich 2018: 17,5 Prozent)
- Schulden: keine
- Sozialausgaben: 417 Millionen Euro (ca. 94% des Gesamthaushalts)
- Freiwillige Leistungen: 4,5 Millionen Euro
Stellungnahmen der Fraktionen und Gruppierungen
Christian Meißner (CSU): Die Augen der Landkreise und kreisfreien Städte seien heute auf den Bezirk gerichtet, leitete Bezirksrat Christian Meißner seine Stellungnahme ein. Den Hebesatz konstant zu lassen sei das richtige Zeichen an die kommunale Familie und Ausfluss einer sehr intensiven Debatte. Die Zukunft werde zeigen welche Schwerpunkte der Bezirk Oberfranken vor allem im kulturellen Bereich setzen werde. Meißner signalisierte Unterstützung für die Idee, die Systematik der staatlichen Ausgleichsmittel zu reformieren und an die Sozialausgaben zu koppeln.
Holger Grießhammer (SPD): Der Bezirk Oberfranken habe eine Vorbildfunktion gegenüber den Kommunen im Regierungsbezirk. Grießhammer mahnte im Vorfeld der kommenden Haushaltsberatungen eine transparentere Diskussion mit den Kommunen an. Der Zustand der sprudelnden Steuereinnahmen sei nicht gesetzt, daher müsse man rechtzeitig vorbeugen. Ziel sei es nicht, am Hebesatz zu drehen, vielmehr müssten die staatlichen Zuwendungen erhöht werden. Er plädierte für eine komplette Rückkehr zur Tarifbindung an den TVöD bei den Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (GeBO).
Manfred Hümmer (FW): Eine Haushaltsaufstellung beim Bezirk Oberfranken sei immer eine große Herausforderung und ein großer Spagat. Die Zusammenarbeit mit dem Bezirkstagspräsidenten bezeichnete Hümmer im Namen seiner Fraktion als kooperativ, zielführend und angenehm. Der Bezirkshaushalt sei überwiegend von gesetzlichen Pflichtaufgaben bestimmt, daher bleibe kaum ein freier Handlungsspielraum bei der Gestaltung des Haushaltsentwurfs. Die Tatsache, dass der Bezirk Oberfranken einmal mehr den niedrigsten Hebesatz vorweist, sei bemerkenswert.
Manfred Neumeister (Grüne): Menschenwürdige Pflege sei jeden Cent wert, betonte Manfred Neumeister. Der Bezirk sei das soziale Gewissen Oberfrankens. Die Teilhabe am Leben von Menschen mit Behinderung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ausgrenzung und Wegsehen sei keine Option, vielmehr benötigten Menschen mit Behinderung größtmögliche Solidarität. Er bemängelte, dass der Anteil an der sog. Bundesmilliarde zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Bayern an den Bezirken vorbei direkt an die Kommunen ausgeschüttet wurde, ohne dass diese originär zuständig seien.
Florian Köhler (AfD): Für die neu im Bezirkstag vertretene AfD dankte Florian Köhler der Bezirksverwaltung für die umfassende Beantwortung der im Vorfeld gestellten Fragen. Für die AfD sei es Maßgabe gewesen, dass der Bezirk keine Schulden und keine Erhöhung des Hebesatzes vornehmen dürfe. Gerade in den Kliniken herrsche ein hoher Investitionsstau vor, der abgearbeitet werden müsse. Daher plädierte er für Abstriche bei der Förderung von Zweckverbänden und kulturellen Einrichtungen sowie für eine Konzentration auf die Pflichtaufgaben des Bezirks.
Thomas Nagel (FDP): Eine Senkung der Bezirksumlage sei aufgrund der anstehenden Aufgaben nicht darstellbar. Der Bezirk investiere vor allem in Menschen. Dies sei wichtiger als Investitionen in Denkmalschutzmaßnahmen. Thomas Nagel schlug vor, eine Prioritätenliste für die zukünftige Ausgestaltung der freiwilligen Leistungen aufzustellen sowie die Protokolle der öffentlichen Bezirkstagssitzungen im Internet zu veröffentlichen.
Reinhardt Möller (LINKE): Reinhardt Möller hätte gerne eine Erhöhung des Hebesatzes gesehen, wie er in seinem Statement bekannte. Er zählte die finanziellen Risiken auf, die durch die gesetzlichen Vorgaben im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes entstünden. Daher müsse man rechtzeitig vorbauen, um einen zu hohen Sprung bei der Hebesatzsteigerung zu vermeiden.
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