Auftakttreffen zum transnationalen „Europäischen Kulturerbe-Siegel“ für die Steigerwald-Region

Landrat Kalb verhandelt mit sechs Partnerländern

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Europäischen Kulturerbejahr-Projekts des Landkreises Bamberg, das mit seinen Ausstellungen und Exkursionen über 32.000 Besucher in vier Ländern erreichte, geht Landrat Johann Kalb nun den nächsten Schritt, um die Steigerwaldregion mit ihrer bedeutenden Ebracher Klosterlandschaft weiter voranzubringen. Zusammen mit fünfzehn zisterziensischen Klosterlandschaften in sechs europäischen Ländern soll ein gemeinsamer Antrag für ein transnationales „Europäisches Kulturerbe-Siegel“ gestellt werden. Am 24. Januar findet in Brüssel das Auftakttreffen statt. Die Europaabgeordnete Monika Hohlmeier unterstützt das Vorhaben.

Landschaft als Kulturerbe

Mit einem Netzwerk aus über 700 Abteien prägten die Zisterzienser als einer der mächtigsten Orden seit dem Mittelalter Europa. Noch heute ist ihr Wirken nicht nur in den Bauten, sondern auch in unserer Landschaft als gemeinsames europäisches Erbe ablesbar. Für die europäische Geschichte und die Entwicklung Europas war die Ausbreitung des Zisterzienserordens von großer Bedeutung. Daher eignet sich das Thema der europaweit vergleichbaren Landschaftsprägung der Zisterzienser besonders für eine gemeinsame Bewerbung für das Europäische Kulturerbe-Siegel, das die Europäische Union Stätten verleiht, die für die Geschichte Europas und die kulturelle Identität der Menschen von herausragender Bedeutung sind.

Die „Weißen Mönche“, die aus Frankreich kommend sich Anfang des 12. Jahrhunderts rasant ausbreiteten, machten die Abtei Ebrach zum Dreh- und Angelpunkt der Ost- und Südostexpansion des Ordens. Neben der wichtigen spirituellen Rolle entwickelten die Mönche auch eine bedeutende Wirtschaftsmacht und gaben wesentliche Impulse für die Siedlungs- und Landschaftsstrukturen in einem Radius von jeweils mehr als 50 Kilometer um ihre Klöster. Durch die Vernetzung der Abteien untereinander und ihre europaweit einheitlichen Ideale wurde seit dem Mittelalter landwirtschaftliches und technisches Know-How ausgetauscht, Handel betrieben und nach der gleichen Verfassung gelebt und gearbeitet. Im Umkreis der Abteien ist diese gemeinsame europäische Identität noch heute sichtbar.

Von West nach Ost: 15 Klosterlandschaften in sechs Ländern

Vom Mutterkloster Cîteaux im Burgund über die Filiationslinie der Primarabtei Morimond reihen sich Zisterzienserklöster mit noch heute erhaltenen Klosterlandschaften von West- bis Osteuropa aneinander: Das transnationale Projekt „Cisterscapes – Cistercian landscapes connecting Europe“ strebt eine Zusammenarbeit auf kommunaler, wissenschaftlicher und bürgerschaftlicher Ebene an, um die historische Kulturlandschaft ins Bewusstsein zu rücken, zu vermitteln, touristisch aufzuwerten und für die Weiterentwicklung ländlicher Regionen zu nutzen. Multimedia-Landschaftsmodelle und ein transeuropäischer „Zisterzienserweg“ gehören zu den geplanten Maßnahmen. In Brüssel treffen sich unter der Federführung des Landkreises Bamberg Vertreter französischer, deutscher, österreichischer, polnischer, slowenischer und tschechischer Klosterlandschaften, um das Kooperationsprojekt auf den Weg zu bringen. Aus Bayern werden die Klosterlandschaften Ebrach, Klosterlangheim und Waldsassen teilnehmen. Europaweit sollen 15 Klosterstandorte einbezogen werden, um ihr gemeinsames kulturelles Erbe grenzübergreifend herauszuarbeiten und prädikatisieren zu lassen.

Wasser, Wein und Holz

Zu den wesentlichen Merkmalen dieser zisterziensischen Landschaftsprägung zählen Wasserkanäle, Mühlen und Teichketten, alte Weinberge, ausgedehnte Wälder, Wirtschaftshöfe mit ihren Feldern, Wallfahrtswege und -kapellen, die ehemaligen Amtsschlösser mit ihren Gärten sowie die städtischen Warenumschlagplätze, die sogenannten Stadthöfe. Hier fand das wertvolle Buchen- und Eichenholz seinen Absatz ebenso der Wein oder die Apfelsorte Graue Reinette, die durch die Zisterzienser ihren Weg aus Frankreich nach Franken gefunden hatte. Auch an Fisch, Getreide, Bier, Wolle Leder und auch Salz produzierten die Klöster durch ihre Wirtschaftsstruktur weit mehr als sie zur klösterlichen Eigenversorgung benötigten.

Europäisches Kulturerbe-Siegel

Die Ziele des Europäischen Kulturerbe-Siegels bestehen darin, das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen Bürgerinnen und Bürger, insbesondere junger Menschen, zu Europa auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Elemente der europäischen Geschichte und des Kulturerbes zu stärken, den Stellenwert der nationalen und regionalen Vielfalt zu würdigen sowie das Verständnis füreinander und den interkulturellen Dialog zu fördern. Stätten, die mit dem Siegel ausgezeichnet werden, sollen den Menschen etwas über ihr gemeinsames und zugleich vielfältiges Kulturerbe, ihre gemeinsame Geschichte sowie über die Werte Europas vermitteln. Das Europäische Kulturerbe-Siegel wird Stätten zuerkannt, die einen bedeutenden europäischen symbolischen Wert haben und die die gemeinsame Geschichte Europas sowie die europäischen Werte hervorheben. Die grenzübergreifende Kooperation der zisterziensischen Klosterlandschaften bereitet die Antragstellung eines transnationalen Siegels für 2021 vor.