Ehrenamtliche Helferin für die Seele: Yvonne Wagner lässt sich in Bamberg zur Kriseninterventionshelferin ausbilden
Hilfe für Menschen, die einen Unfall oder ein Unglück verkraften müssen
Es passiert plötzlich und danach ist alles anders: Traumatische Ereignisse wie ein schwerer Verkehrsunfall, der Suizid eines nahestehenden Menschen oder ein tödliches Unglück sind ein tiefer Einschnitt im Leben eine Menschen. Auch wenn man selbst körperlich unversehrt bleibt, die Psyche wird bei einem solchen Ereignis tief verletzt. Angehörige, Zeugen, aber auch Einsatzkräfte brauchen in dieser Situation Hilfe – Hilfe, die ihnen sogenannte Kriseninterventionshelfer geben.
Yvonne Wagner ist eine von 16 neuen Ehrenamtlichen, die sich in einem Fachlehrgang im Bereich der Psychosozialen Akuthilfen zum Kriseninterventionshelfer ausbilden lässt – ein gemeinsames Angebot des Evangelischen-Lutherischen Dekanats Bamberg und der Johanniter-Unfall-Hilfe Oberfranken.
Ein Stückchen Normalität und Struktur
„Wir versuchen in Extremsituationen ein bisschen Normalität zu schaffe, auch wenn eigentlich nichts mehr normal ist, und den Boden unter den Füßen der Betroffenen wieder etwas zu festigen“, erzählt Yvonne Wagner. Die Ehrenamtlichen in der sogenannten Psychosozialen Notfallversorgung für Betroffene (PSNV-B) werden – wenn der Einsatzleiter ihre Unterstützung anfordert, um Angehörigen oder Hinterbliebenen beizustehen – im Notfall direkt von der Einsatzstelle alarmiert, damit sie möglichst schnell und noch direkt am Unfallort mit ihrer wichtigen Arbeit beginnen können, in enger Abstimmung mit Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und anderen Einsatzkräften. „Die Betreuung ersetzt keine Therapie“, erklärt Johannes Kestler, der als Notfallseelsorger in Stadt und Landkreis Bamberg im Einsatz ist: „Die Psychosoziale Notfallversorgung sichert die Akutbetreuung zwischen dem traumatischen Ereignis und der professionellen Nachbetreuung zum Beispiel durch Psychologen oder Psychotherapeuten.“ Das wichtigste für die Betroffenen ist, dass jemand in dieser Situation da ist und dass er – anderes als die Einsatzkräfte – Zeit hat: Zeit zuzuhören und Zeit, diese Situation mit den Betroffenen gemeinsam durchzustehen. Außerdem geben die PSNV-Helfer den Betroffenen Struktur: Sie wissen, was im Notfalleinsatz passiert und können das Chaos, das bei einem solchen Einsatz vordergründig herrscht, erklären: Wer macht was? Warum tun die Einsatzkräfte bestimmte Dinge? Antworten auf diese Fragen helfen, mit der Situation klarzukommen.
Wenn medizinische Hilfe alleine nicht reicht
Die Kriseninterventionshelfer übernehmen damit eine schwere und belastende Aufgabe: Eine gute Ausbildung ist deshalb entscheidend. Insgesamt 87 theoretische Unterrichtseinheiten haben die Teilnehmer bereits absolviert – ehrenamtlich und in ihrer Freizeit. Auf dem Stundenplan standen unter anderem Grundlagen der Psychotraumatologie, Stresstheorie oder Gesprächsführung. Bevor entschieden wird, ob sie für den Einsatz geeignet sind, und bevor die Ausbildung offiziell erfolgreich beendet ist, folgen nun noch zehn Pflichteinsätze für die „Neuen“, bei denen sie mit erfahrenen Kollegen unterwegs sind, aber noch keine Verantwortung tragen. Yvonne Wagner wird den Johanniter-Einsatzleiter Andreas Dennert in den kommenden Wochen bei einigen Einsätzen begleiten und beim benachbarten PSNV-Team im unterfränkischen Kitzingen hospitieren, bevor die Schlüsselfelderin eigenverantwortlich „Erste-Hilfe an der Seele“ leisten wird: „Sicher werden mich die Einsätze auch selbst mitnehmen, aber ich werde bestimmt einen Weg finden, damit umzugehen. Der Austausch mit den Kollegen wird da sicher eine wichtige Rolle spielen“, ist Yvonne Wagner, die hauptamtlich den Johanniter-Treff in Schlüsselfeld leitet, überzeugt: „Entscheidend für mich ist, dass wir mit unserem ehrenamtlichen Dienst dazu beitragen, dass Betroffene das Erlebte ohne Traumatisierung bewältigen können.“
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