Ingo Schulze liest an der Universität Bamberg
Turbulenzen zwischen Waisenhaus und Irrenanstalt
Peter Holtz führt ein ziemlich turbulentes Leben: Aufgewachsen in einem Waisenhaus der DDR und von sozialistischem Gedankengut überzeugt wird er mit zwölf Jahren adoptiert, zieht nach Berlin, macht eine Maurerlehre, erfindet den Punk aus dem Geiste des Arbeiterliedes, gerät mit dem Staatssicherheitsdienst in Kontakt, lässt sich zum Christentum bekehren und kämpft als CDU-Mitglied (Ost) für eine christlich-kommunistische Demokratie. Das ist der Werdegang des Ich-Erzählers im jüngsten Roman von Ingo Schulze: „Peter Holtz: Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst“. Am Mittwoch, 7. November 2018, wird der in Dresden geborene Autor Passagen aus dieser fiktiven Autobiografie lesen. Die öffentliche Veranstaltung der Reihe „Literatur in der Universität“ beginnt um 20 Uhr im Raum 00.25, An der Universität 2, Bamberg.
Holtz’ Leben erfährt mit dem Mauerfall eine Wende – diese ist jedoch eher überraschend: Ohne es darauf anzulegen, findet er sich nach dem Ende der DDR als schwerreicher Immobilienbesitzer im vereinigten Deutschland wieder. Zum Zeitpunkt seines Rückblicks ist er, wie sein literarischer Bruder Oskar Matzerath in Günter Grass’ „Blechtrommel“, Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt. Er wundert sich über den Lauf der Welt, der jedweder Logik widerspricht, und fragt sich, warum die Marktwirtschaft seine Selbstlosigkeit mit Reichtum belohnt. Hat er sich für das Falsche eingesetzt? Und vor allem: Wie wird er das ganze Geld mit Anstand los?
Ingo Schulze feierte seinen ersten literarischen Erfolg mit dem Erzählungsband „33 Augenblicke des Glücks“ von 1995. Seither folgten zahlreiche ausgezeichnete Romane, Erzählungen und Essays, die sich mit der Wendezeit und ihren Folgen bis in die Gegenwart beschäftigen, unter ihnen „Simple Storys“ (1998), „Neue Leben“ (2005) und „Unsere schönen neuen Kleider“ (2012).
Weitere Informationen finden Sie unter www.uni-bamberg.de/germ-lit1/literatur-in-der-universitaet
Neueste Kommentare