BUND Naturschutz: „Naturschutz beim Sandabbau Kleinsendelbach mangelhaft“
Pressemitteilung des BUND Naturschutz
Der Sandabbau in Kleinsendelbach wurde 2016 wieder aufgenommen. Dabei beruft sich die Abbaufirma Sand-Hammerrand auf uralte Genehmigungen – aus den 1970er bis 1990er Jahren! Im Rahmen eines Presseortstermins kritisierten Vertreter des BUND Naturschutz nicht nur die Zerstörung der Lebensräume geschützter Arten wie Heidelerche, Eisvogel, Uferschwalbe, Zauneidechse oder Kreuzkröte, sondern auch das Unterbleiben einer im Umfang angemessenen und unabhängigen speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP), und fordert die Vorlage rechtsgültiger Abbau- und Renaturierungspläne.
„Wir sind entsetzt, dass der neue Eigentümer Sand-Hammerand hier keinerlei Gespür für den Erhalt gefährdeter Arten und ihrer Lebensräume aufbringt. Im derzeitigen Abbaustartbereich wurden bereits durch Rodung und Abschieben die Vogelbrutstätten und Insektenlebensräume vernichtet“, so Dirk Petersen aus Kleinsendelbach, der das Geschehen seit Jahren beobachtet und dokumentiert.
Bernhard Birnfeld, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Neunkirchen am Brand und Umgebung: „Wir haben versucht mit der Firma zu sprechen, was ohne Resonanz blieb. Wir haben versucht über das Landratsamt Forchheim Einblick in die aktuellen Genehmigungen zu bekommen. Alle zugänglichen Unterlagen waren älteren Datums, so Genehmigungen aus den Jahren 1976, 1988 und 1999. Es wurde uns zunächst nicht mitgeteilt, dass es momentan keine für die vollzogene Genehmigung wichtige Begleit-Dokumente gibt, wie die aktuelle spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und die daraus vorgegebenen Pläne für Abbaulose samt schritthaltender Renaturierung-Maßnahmen. Die Möglichkeiten, hier Natur zu erhalten werden behördlicherseits leider nicht genutzt.“
„Seither wurden nicht nur von Universitäten Rote Listen gefährdeter Arten aufgestellt, das Bayerische Naturschutzgesetz erlassen, Naturschutzbehörden eingerichtet und Umweltprüfungen eingeführt. Nicht zuletzt hat auch die Europäische Union Regeln zum Schutz gefährdeter Arten verbindlich eingeführt. Und trotzdem tun unsere Behörden so, als ob das alles nicht relevant wäre. Wir fordern den Nachweis einer rechtsgültigen speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) inklusive eventuell notwendiger Umsiedlungsprogramme der geschützten Arten und insgesamt mehr Beachtung der Naturschutzbelange“, so Dr. Ulrich Buchholz, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Forchheim.
Günter-Schulze Vowinkel-Schwedler, Mitglied des BN-Ortsgruppen-Vorstandes Neunkirchen am Brand und Umgebung: „Der weitere Abbau darf zudem nur Schritt für Schritt auf Basis des rechtsgültigen Abbauplans erfolgen und nicht beliebig auf großer Fläche, so wie das in anderen Sandgruben auch möglich ist und wo sofort nach Beendigung des Abbauloses renaturiert wird.“
„Wir haben es hier mit einem Kerngebiet der Sandachse Franken zu tun. Die jahrelang nur im Sommer zum Baden und Lagern genutzten alten Abbaustellen waren ein Eldorado für die Blauflügelige Ödlandschrecke, seltene Sandbienen, Silbergras und Berg-Sandglöckchen, alle auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Man braucht sich nicht wundern, wenn das Insektensterben solche Dimensionen annimmt, wenn nicht einmal die zuständigen Behörden für den Schutz solcher ‚hot spots‘ und deren Beachtung sorgen“, so Tom Konopka, Regionalreferent des BN.
Viele Jahre wurde der alte Baggersee als Freizeitareal für eine Vielzahl von Aktivitäten genutzt. Selbst aus Nürnberg kamen im Sommer Badefreunde und erfreuten sich an dem naturnahen Gewässer und seinen Sandufern. Der frühere Eigentümer Gebr. Schultheiss KG, Spardorf, duldete diese Nutzung. Es standen dort sogar Tafeln, um die dort nachgewiesenen seltenen und gesetzlich geschützten Arten Heidelerche und Uferschwalbe zu erhalten. Am Nordufer sollte nicht gelagert und gebadet werden und viele BesucherInnen hielten sich auch daran.
Vom Landratsamt Forchheim wurden Mitte 2015 die Abbaurechte der 1970er bis 1990er Jahre, wie seinerzeit an die Fa. Gebr. Schultheiss KG vergeben, an die Fa. Sand Hammerand von der Öffentlichkeit unbemerkt übertragen. Seit über zwei Jahren wird am Baggersee Kleinsendelbach wieder Sand im großen Stil abgebaut. Dazu wurden zunächst Vorbereitungsmaßnahmen durchgeführt und dann große Sandaufbereitungsanlagen aufgebaut. Das Gelände entlang der Straße wurde durch Busch- und Gestrüppanhäufungen uneinsehbar gemacht und eine neue Zufahrt geschaffen. Ein Sicherheitsdienst patrouilliert in den Sommermonaten, um Unbefugte vom Baden und dem Betreten des Geländes abzuhalten. Seit der Wiederaufnahme der Arbeiten belasten täglich eine Vielzahl von LKWs das Ortsgebiet und die für die Logistik benötigten Straßen.
Die BUND Naturschutz Ortsgruppe Neunkirchen am Brand und Umgebung recherchiert bereits seit einigen Jahren zu dem Abbaugelände, da sich die genehmigungsrechtliche Situation intransparent und unzeitgemäß darstellt. Sie wirft eine Vielzahl von Ungereimtheiten und Fragen auf.
Der BUND Naturschutz kann hierbei nicht nachvollziehen, wie eine Behörde wie das Landratsamt Forchheim den Abbau vollziehen lassen kann ohne den Nachweis einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) inklusive evtl. notwendiger Umsiedlungsprogramme der geschützten Arten, ohne Vorlage eines rechtsgültigen Abbauplanes, ohne Vorlage eines rechtsgültigen Rekultivierungsplanes, der die Anordnung zur sofortigen Rekultivierung direkt nach dem Abbau der einzelnen Abbausektoren und die Einbettung des abgebauten Areals in die Sandachse Frankens beinhalten müsste.
So wurden die Jahrzehnte alten Genehmigungen / Planfeststellungen weitestgehend und ohne Berücksichtigung der sich drastisch veränderten Natur- und Umweltsituation und ohne bewussten Blick auf mittlerweile geltendes EU-Recht im Artenschutz auf das heutige Abbauunternehmen ganz einfach nur übertragen.
Ob die geschützten und gefährdeten Arten überhaupt noch vorhanden sind, ist vermutlich zumindest für das derzeit große Abbaugebiet im westlichen Bereich eher unwahrscheinlich. Hier wurde evtl. der Tatbestand des Tötungsverbotes nach Bayerischem Naturschutzgesetz, missachtet.
Auf mehrfache Nachfrage beim Landratsamt Forchheim hieß es immer wieder, dass die von Fa. Hammerand beauftragte und bereits für Pfingsten 2018 „in Aussicht gestellte“ saP immer noch nicht vorläge. Seit Monaten heißt es, dass das vom Sandabbau-Unternehmen beauftragte Nürnberger Büro sei überlastet. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Fa. Hammerand deshalb abwartet, damit der bereits laufende Abbau nicht durch geschützte Arten behindert werden kann. Der Behörde seien angeblich die Hände gebunden. Sie toleriert den Abbau ohne Vorlage der erforderlichen naturschutzrechtlichen und abbaurechtlichen Nachweise. Müsste die Behörde hier nicht den Abbau vorübergehend aussetzen?
Ähnlich verhält es sich im Grunde mit den vom Landratsamt Forchheim bei der Fa. Hammerand Anfang 2018 angeforderten Abbauplänen nach Abbaulosen. Abbauabweichungen sind dann immer noch möglich, sie müssen aber behördlich kontrolliert und freigegeben werden, was nicht nur eine enge Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde in Ebermannstadt erfordert, sondern auch eine kompetente und fachkundige Beratung mit entsprechendem Personal voraussetzt.
Die Basis-Abbaupläne wurden lt. Behördenangaben erst kürzlich geliefert und an das Wasserwirtschaftsamt Kronach weitergeleitet. Hier wurden wohl bereits Ergänzungen angefordert, da es jetzt schon Abweichungen zu den Ursprungsplänen gibt. Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass Behörde und Öffentlichkeit vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Was einerseits den Verdacht eines in Teilen illegalen Abbaus (welcher zum Teil von Vorschriften, Gesetzen und Genehmigungen abweicht) stärkt, ist auch die Tatsache, dass die Fa. Hammerand nicht auf die Bitte eines gemeinsamen Gespräches mit dem BUND Naturschutz reagiert hat. Gerade im Hinblick auf die äußerst wichtige Rekultivierung des Geländes hatte die BUND Naturschutz Ortsgruppe Neunkirchen am Brand und Umgebung angeboten ihr Knowhow einzubringen.
Nur so wäre gewährleistet, dass das wertvolle und große Abbaugebiet Kleinsendelbach innerhalb der überregional bedeutsamen SandAchse Franken – wie aber auch in Verbindung mit dem lokal direkt angrenzenden geschützten Landschaftsbestandteil “Sandgrube Dormitz“ – einen höchstmöglichen Nutzen für Natur und Umwelt, die Artenvielfalt, insbesondere auch für die geschützten Arten und hieraus auch einen Mehrwert an Erholung für den Menschen hat. Dass die Sandgrube der Abbaufirma einen Mehrwert verschafft, ist schließlich sicher.
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