Ratsentscheid in Bamberg: Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Für den Hauptsmoorwald“
zu: Veröffentlichungen im Rathausjournal Nr. 17 vom 26.10.2018 bezüglich des sog. Ratsentscheides
Die Stadtväter Bambergs planen mit dem derzeit zweitgrößten Rodungsvorhaben in Bayern ein völlig überdimensioniertes Industrie- und Gewerbegebiet zu errichten. Möglichst ohne großes Aufsehen sollten die Pläne durchgewunken werden. Erst die Bürgerinitiative Für den Hauptsmoorwald informierte die Bürger objektiv, schaffte Transparenz und erreichte die Ausrichtung eines Bürgerentscheids – jetzt sind die Bamberger Bürger in der Lage mitzubestimmen und am 18.11.18 korrigierend auf die Lokalpolitik einzuwirken.
Von der Bürgerinitiative wurden den Verantwortlichen im Rathaus frühzeitig Vorschläge und Anregungen unterbreitet und den Sorgen der Bürger zu Gesundheits- und Klimaschutz eine Stimme gegeben. Natürlich bemühte sich die Initiative auch um einen Dialog mit der Stadtspitze. Dieses Ansinnen stieß allerdings auf wenig Gegenliebe, längst überfälligen Gespräche auf Augenhöhe wurden erst spät zugestimmt.
Die Ablehnung des Bebauungsplans für das Industrie- und Gewerbegebiet durch 13094 Bürger wurde aus dem Rathaus mit einem Gegenentwurf, dem sog. Ratsbegehren, beantwortet. Kern ist eine Festlegung auf eine Gewerbeflächengröße von 46 ha, ansonsten bleiben die Stadtväter sehr vage und unkonkret, behalten sich also einen nicht kalkulierbaren Spielraum vor. Nach Protesten kam es zu einem Sondierungsgespräch, in dem das Stadtoberhaupt eine Reduzierung der Gewerbefläche von 25 bis 50 Prozent in den Raum stellte, wiederum ohne klare Angaben zur Ausgestaltung des Industriegebietes.
Beantwortet wurde der reichlich unverbindliche Vorstoß der Stadtspitzen mit einem 12 Punkte umfassenden und sehr detaillierten Kompromissangebot der Initiative, das eine Eingriffsfläche von 20,8 ha vorsah. Dies wurde von den Stadtvätern als unannehmbar zurückgewiesen. In einem Pressekommentar wurde die Flächenofferte, die immerhin einer beachtlichen Größe von rund 30 Fußballfeldern entsprach, etwas geringschätzig als „Gewerbe- Gärtla“ abgetan.
Nun brachte der OB eine Gewerbefläche von 23 ha ein, die er allerdings nicht der Bürgerinitiative sondern dem Stadtrat zur Entscheidung vorlegte. Die Mehrheit der Räte/innen lehnte den Vorschlag ab und beschloss den ursprünglichen Ratsentscheid beizubehalten und diesen am 18.11.18 zur Wahl zu stellen. Danach berichtet der Oberbürgermeister allerdings im Rathausjournal vom 26.10.18: „Mit meinem Kompromissvorschlag wurde die Gewerbefläche auf nur ca. 20 ha erheblich reduziert.“ Diese Aussage steht konträr zum Stadtratsbeschluss vom 24.10.18, der die Gewerbefläche auf mehr als das Doppelte, nämlich 46 ha, festlegt. Spätestens jetzt wird deutlich, dass in diesem Zahlenkarussell etwas nicht stimmen kann und genaues Hinsehen gefragt ist.
Der Faktencheck zeigt, dass der aktuelle Beschluss der Stadtführung folgendes beabsichtigt, nämlich eine • Eingriffsfläche von 70 ha, dies entspricht der Fläche von ca. 100 Fußballfeldern, eine • Rodungsfläche von 50 ha, also Waldverlust im Umfang von ca. 70 Spielfeldern und eine • Gewerbefläche von 46 ha, also einer Fläche von ca. 63 Fußballplätzen! Dazu kommen vage und nicht aussagekräftige Wortkonstrukte, wie „grüner Gewerbepark“ und „ökologische Schutzmauern“, wodurch die Auswirkungen von Schadstoffbelastungen der Gewerbeund Industrieanlagen für Mensch und Umwelt, denen Wald und Wiesen weichen sollen, verharmlost werden! Stellungnahmen zu besorgniserregenden Fragen wurden dagegen ausgespart. „Dass Rodungen das Mikroklima im Bamberger Osten empfindlich stören und uns die Luft zum Atmen genommen wird, findet keine Erwähnung!“, bedauert Astrid Kohl-Zahner.
Wenig Verlässliches ist auch bezüglich Armeestraße und Geisfelder Str. zu lesen.
Die Rathausspitze will nach wie vor Geisfelder Straße und Armeestraße, die zusätzlich mit einem Kreisverkehr auf Höhe Moosstraße versehen werden soll, mit dem Industrie- und Gewerbegebiet verknüpfen, obwohl viele Bürger diese Pläne strickt ablehnen. Statt das Vorhaben ad acta zu legen, werden immer neue Begründungen von den Stadtplanern beschworen, um Ausbau und Anbindung doch noch durchzusetzen. Zu Beginn musste eine Polizeistation zur Rechtfertigung herhalten, nachdem diese weichen musste wurden Hochwasserschutzmaßnahmen angeführt, obwohl erst vor wenigen Jahren ein teurer Wassergraben entlang der Armeestraße für diesen Zweck angelegt wurde.
Jetzt wird sogar die nicht unmögliche aber keineswegs gesicherte Umwandlung der AEO in ein Wohngebiet ab dem Jahr 2025 als Rechtfertigung herangezogen. Argumente, die weder stichhaltig noch nachvollziehbar sind.
Die Bürgerinitiative dagegen steht für eine Armeestraße und eine Geisfelder Straße die nicht an ein Industrie- und Gewerbegebiet angebunden sind und an der keine Kreisverkehre durch Rodungen und Flächenversiegelung entstehen. „Die Initiative setzt sich für den Schutz der angrenzenden Wohngebiete, Sportstätten, Kleingärten und der Lebenshilfe vor den Gefahren drohenden Schwerlastverkehrs, von Abgasen und Lärm ein“, stellt Stefan Kurz klar.
Dies alles wird im Rathausjournal nicht deutlich, stattdessen wird suggeriert, dass das „grüne Gewerbegebiet“ ein Musterbeispiel für Naturschutz, Biodiversität und Umweltschutz wird, aber genau das ist nicht der Fall! Offensichtlich werden durch das Ratsbegehren die Interessen der Wirtschaft gefördert, Aspekte des Gemeinwohls, wie Luft- und Lärmschutz, ungebremster Flächenverbrauch, Vernichtung natürlichen Lebensraums für seltene Tiere und Pflanzen, ausufernde Verkehrsbelastungen, sowie Klimaschutz und Klimawandel werden dagegen nicht in erforderlicher Weise berücksichtigt.
Die Situation ist komplex, die Bürgerinitiative steht für eine Abkehr vom zugrundeliegenden Bebauungsplan 429, ein Kompromissangebot der BI wurde abgewiesen, die Stadtspitze hält weiterhin an ihren Plänen fest.
„Die Bamberger Bevölkerung ist deswegen gut beraten, am 18.11.18 für das Bürgerbegehren der Bürgerinitiative zu stimmen“, appellieren Astrid Kohl-Zahner und Stefan Kurz unisono. Denn nur damit können der Bebauungsplan 429 endgültig gestoppt und neue Möglichkeiten eröffnet werden.
Stefan Kurz
Astrid Kohl-Zahner
BI Für den Hauptsmoorwald
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