GAL Bamberg: „Mehr Visionen und weniger Verkehr für die Lange Straße“
Podiumsdiskussion auf Einladung der Bamberger Grünen bewertete Umfrageergebnisse zur Langen Straße
Nachgerade antizyklisch mutete eine Veranstaltung der Bamberger Grünen an, welche die Zukunft der Langen Straße zum Thema hatte. Denn keine Wahlkämpfenden saßen auf dem Podium, das Jonas Glüsenkamp (GAL-Vorstand) moderierte, und es ging auch nicht um Parteipolitik. Stattdessen war man sich darüber einig, wie wichtig eine positive Vision für die Lange Straße im Herzen der Stadt ist, wie bereitwillig aber auch viele sind, genau daran mitzuwirken.
Den Auftakt zur Diskussion übernahm die Sozialgeographin Tina Höller, die Ergebnisse ihrer Master-Arbeit über den öffentlichen Raum in der Langen Straße darstellte. An ihren Befragungen hatten rund 300 Personen teilgenommen und teils erwartete teils überraschende Ergebnisse geliefert. So war es mehr als 70% der Befragten eher oder völlig unwichtig, ob es Parkplätze in der Langen Straße gibt. Höller: „Mit Blick auf Angaben zu Zielkauf und Einkaufsbummel kann die häufig gehörte Annahme widerlegt werden, dass Kfz-Stellplätze das Geschäftsleben der Langen Straße sichern.“ Die mit Abstand häufigste Nutzung der Befragten sind der gezielte Einkauf und der Einkaufsbummel mit 31%, danach folgt das Durchqueren der Langen Straße (auch Zufußgehende) mit 18%, ihren Pkw parken hier jedoch nur 1,2%.
Tina Höllers Lösungsangebot, die Lange Straße als Shared Space zu gestalten, also als Verkehrsraum, in dem alle Verkehrsteilnehmenden auf allen Flächen gleichrangig unterwegs sein dürfen, Schrittgeschwindigkeit herrscht und Verkehrsregeln weitgehend durch das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme ersetzt werden, traf bei der Umfrage allerdings noch auf große mehrheitliche Skepsis: 38% können sich das vorstellen, 57% nicht. Dass aber gerade beim Verkehr der dringendste Handlungsbedarf besteht, bewies die mit Abstand meiste Nennung bei der Frage, was an der Langen Straße überhaupt nicht gefällt: Verkehrsführung mit 31%.
Da herrschte auch auf dem Podium Einigkeit zwischen Catharina Beyer (Inhaberin „vomFASS“), Walter Schweinsberg (Mediengruppe Oberfranken, Sprecher der Geschäftsführung), Michael Hartung (Arbeitskreis für Umweltsicherung und Landesentwicklung der CSU Oberfranken) und Christian Hader (Initiative Radentscheid Bamberg und grünes Vorstandsmitglied).
Walter Schweinsberg vermisste den „Mut zu Visionen, Kreativität und weitsichtiger Planung in der Politik“. Stellvertretend für die MOG wünschte er sich einen Neuanfang in der Lange Straße für die Zeit nach den großen Baustellen, wobei er den Verkehr als zentralen Punkt sieht. Die Idee des Shared Space findet er charmant und auch umsetzbar an dieser Stelle. Die Bamberger Verkehrspolitik tritt seiner Ansicht nach auf der Stelle und bringt gerade hier kaum etwas voran bzw. produziert nur Stückwerk.
Dieser Diagnose schloss sich auch Christian Hader an, der vor allem die Radverkehrssituation anprangerte: „Derzeit ist die Lange Straße das Bermuda-Dreieck des Radverkehrs.“ Er erinnerte an den gut durchdachten Masterplan für die Lange Straße, der aus einem Mediationsverfahren mit umfassender Bürgerbeteiligung vor einigen Jahren hervorgegangen war. Der Beschluss des Stadtrats, einige Punkten davon umzusetzen und andere nicht, verursache nun eine völlig konfuse, halbherzige und willkürliche Verkehrspolitik mit dem vorliegenden katastrophalen Ergebnis, und sei überdies ein Affront gegen all die, die sich mit großem Engagement an dem Verfahren beteiligt hatten.
In eine ähnliche Richtung äußerte sich auch Catharina Beyer, die an der letzten Sitzung des neuen Runden Tisches der Stadt zur Langen Straße teilnahm. „Diese Zusammenkunft war mangelhaft vorbereitet, es wurde eine Lösung präsentiert, deren Diskussion auf Grund des engen Zeitrahmens wenig Raum für die Ideen der Beteiligten ließ“, stellte sie enttäuscht fest. Dennoch erkannte sie in den Reihen der Geschäftsleute den deutlichen Willen, sich für die Lange Straße als lebendige, qualitätvolle und einladende Einkaufsstraße einzusetzen. „Wir wollen mitarbeiten und gestalten – dieses Potential sollte die Stadt doch nutzen.“ Sie persönlich setzt sich für eine merkbare Reduzierung des motorisierten Verkehrs ein, fordert neue Logistikkonzepte, um auch den Lieferverkehr zu verringern, und hält öffentliche Kfz-Stellplätze direkt in der Straße für wenig bedeutsam für ihren Geschäftsbetrieb.
Michael Hartung von der CSU ging mit seiner Überlegung, die Lange Straße für den Durchgangsverkehr komplett zu sperren, sogar noch ein Stück weiter als alle anderen auf dem Podium. „Die Altstadt von Bamberg und ihre historische Bedeutung ist so herausragend, dass sie geschützt werden muss. Gerade die Bausubstanz leidet unter dem massiven Verkehrsaufkommen – durch Erschütterungen und durch Abgase.“ Das Weltkulturerbe Bamberg sei geradezu in der Pflicht, den motorisierten Verkehr entsprechend einzudämmen – auch zum Wohle der Menschen, die sich in der historischen Altstadt bewegen und dort leben. Das gelte auch für die Lange Straße, deren Aufenthaltsqualität sich positiv entwickeln und für alle ein Gewinn sein würde.
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