Sonntagsgedanken: Von christlicher Demut
Lukasevangelium Kapitel 18 V. 9 – 14, Teil II
Zwei Menschen besuchen ehrlichen Herzens den Gottesdienst, um zu beten: Da ist einerseits der Pharisäer. Allein schon dieser Name klingt für uns negativ, ist gar zum Schimpfwort geworden. Aber diese Pharisäer waren keine verschlagenen Heuchler. Sie nahmen ihren Glauben sehr ernst, bemühten sich wirklich, ihr ganzes Leben nach dem Gebot Gottes auszurichten. Sie genossen überall hohes Ansehen. Wir dürfen also dem Pharisäer aus unserem Text kein Unrecht tun. Sein Gebet beginnt mit dem Dank an Gott, nicht mit Klagen und Bitten. Wenn wir heute mehr solche überzeugten Gemeindeglieder hätten wie er eines war, dann stünde es besser um unsere Kirche.
Der andere dagegen, der Zöllner, lässt sich wirklich nicht als Vorbild verstehen. Zöllner waren damals habgierig und gewissenlos, Handlanger der verhassten Besatzungsmacht und der Tyrannen.
Aber nun das Entscheidende: Warum kommt dieser Zöllner so gut weg? Warum verkehrt Jesus die logische Ordnung in ihr Gegenteil? Der Pharisäer meint, Gott gegenüber irgendwelche Ansprüche geltend machen zu können. Er bildet sich etwas ein auf seine Leistung, und genau diesen Grundfehler begehen wir auch heute. Natürlich hat das Leistungsprinzip in Schule und Beruf seine Berechtigung. Schmarotzertum und Faulenzerei sind nicht unsere christliche Sache. Aber die Leistung darf nie Lebenszweck werden, darf nie über Sinn und Wert eines Lebens entscheiden.
Vor Gott stehen wir mit leeren Händen, müssen ehrlich zugeben, dass wir schwache Menschen sind und eben keine Supermänner. Wenn ich mich so wie der Zöllner von Gott geliebt fühle, wenn ich darauf vertraue, dass Gott treu zu mir steht, dann finde ich erst die Ruhe, die Kraft, meine Tage so zu verbringen, wie es Gott möchte und es für mich gut wäre, weil ich mich dann nicht mehr beherrschen lassen muss von meiner Sehnsucht nach Erfolg und meiner Angst zu versagen. Lasst uns deshalb demütig werden vor Gott, um wirklich, innerlich frei zu sein vor den Menschen.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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