Diskussionsveranstaltung mit den MdBs Uli Grötsch und Andreas Schwarz in Bamberg
Wie sicher ist unser Leben in Deutschland?
Viele deutsche Bürgerinnen und Bürger sind heute verunsichert. Sie fürchten sich vor Kriminalität, vor Migranten, aber auch vor dem Verlust der Arbeitsstelle, vor Altersarmut und Pflegebedürftigkeit. Aber welche dieser Ängste beruhen auf Fakten und welche werden hervorgerufen durch andere Einflüsse, wie z.B. durch soziale Medien?
Um darüber zu diskutieren, luden die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz und Uli Grötsch, Mitglied im Innenausschuss und Generalsekretär der BayernSPD, ins Bistumshaus St. Otto nach Bamberg ein.
„Laut einer Umfrage von Emnid im April 2018 fühlen sich 41% der Bevölkerung unsicherer als vor fünf Jahren. Dabei gab es laut Kriminalstatistik in Deutschland 2017 10% weniger Straftaten“, leitete der Bamberg-Forchheimer Abgeordnete Andreas Schwarz die Diskussion ein.
In Bamberg stieg die Kriminalität entgegen dem deutschlandweiten Trend um 10,1 % an, 51% der Fälle waren Ladendiebstähle. „Die Frage ist nun, welcher Zusammenhang besteht zwischen der Kriminalität und den großen Unterkünften für Asylbewerber, welche wir Sozialdemokraten ablehnen. Würde eine bessere Integration und Kontakt zwischen Asylbewerbern und der heimischen Bevölkerung die Sicherheitslage verbessern?“, stellte Schwarz in den Raum.
Vater Staat muss sichtbar sein
Für den Bundestagsabgeordneten Uli Grötsch macht die mangelnde Polizeipräsenz einen Teil des Unsicherheitsgefühls aus. Als ehemaliger Polizist weiß er, wovon er redet: „Die Polizei hat seit 2005 einen Schrumpfungsprozess erfahren wie keine andere Behörde. Wo früher vier Polizeistreifen ihren Dienst taten, da fährt heute kaum noch eine. Das sorgt für ein diffuses Gefühl der Verunsicherung. Man muss Vater Staat auch sehen“, ist der Abgeordnete sich sicher. „Seit 2015 arbeiten wir im Bund mit Hochdruck daran, die Stellensituation bei Polizei und Zoll zu verbessern. Wir haben in den letzten Jahren viel dafür getan, dass Vater Staat wieder sichtbarer wird und kümmern uns weiter darum. Auch Bamberg hat dies zu spüren bekommen mit dem Ausbildungszentrum der Bundespolizei.“
Aber warum fühlen sich manche Menschen trotzdem nicht sicher? Zum Teil sei dies auch den sozialen Medien geschuldet und den Populisten, welche die Menschen in Angst versetzen wollten, so Grötsch weiter. Hier seien alle politischen Ebenen gefragt, aber auch die ganze Bevölkerung, sich zu informieren und miteinander zu reden, was man gegen diffuse Ängste tun kann. „Allein die Bezeichnung „Flüchtlingskrise“ ist in meinen Augen nicht richtig. Eine „Krise“ haben wir, wenn es Krieg im Land gibt, eine Epidemie ausbricht oder die Infrastruktur zusammen bricht.“
Mehr Polizeipräsenz fordern
Bei den 2017 in Bamberg gestiegenen Straftaten hakte der nächste Redner Dr. Hans de With, Parl. Staatsekretär beim Bundesminister der Justiz a.D. und bis 2014 Vorsitzender der G 10-Kommission, ein: „Am 01.01.2018 betrug das „Soll“ bei der Polizei Bamberg-Stadt 169 Beamte und das „Ist“ 138. Tatsächlich aber waren zu diesem Zeitpunkt nur 121 Polizistinnen und Polizisten für den Dienst verfügbar. Daran sieht man, woran es krankt. Hier ist in den vergangenen Jahren deutlich zu wenig geschehen.“
„Wir haben heute unbestritten erheblich mehr Menschen in der Stadt als noch vor wenigen Jahren. Die Bevölkerungszahl unserer Stadt ist stark gewachsen. Nicht nur wegen der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken in der früheren US-Kaserne. Hinzu kommen durch den Bus- und Schiffstourismus zusätzlich nicht selten pro Tag hunderte Menschen in die Innenstadt.“ De With ist sich sicher: „Wir brauchen mehr Polizeipräsenz in der Stadt, Securityfirmen können Polizei nicht ersetzen.“
Sein Statement schloss de With damit: „Es gibt keinen Grund ängstlich zu sein, aber es gibt guten Grund, Forderungen zu stellen an den bayerischen Innenminister und den Ministerpräsidenten.“
Populisten mit Fakten widerlegen
Die wissenschaftliche Seite beleuchtete Prof. Dr. Ulrich Sieberer, Uni Bamberg, Leiter des Lehrstuhls für empirische Politikwissenschaft: „Objektiv gesehen haben wir bundesweit keine dramatische Situation, was unsere Sicherheit angeht, auch in Bamberg nicht“, betonte Sieberer. „Die allermeisten Bamberger Bürgerinnen und Bürger werden in ihrem Leben nicht von kriminellen Vorkommissen beeinträchtigt.“
„Das Unsicherheitsgefühl der Menschen auf zu wenig Polizeipräsenz reduzieren zu wollen, halte ich für zu kurz gegriffen“, stellt er klar. „Die diffusen Sorgen, die viele Menschen heute haben, werden der Einfachheit halber an etwas Konkretem festgemacht, wie z.B. kriminellen Vorfällen. Gefördert werden die Ängste sicher noch durch den Populismus.“ Es helfe aber weder Panikmache noch ideologisches Ausblenden der Problematik weiter, so der Wissenschaftler. „Wir sollten versuchen, mit wirklichen Fakten auf politischer und gesellschaftlicher Ebene zu argumentieren. Und das geht jeden an.“
Nach diesen Statements entspann sich eine lebhafte Diskussion unter den Anwesenden: Wie holt man so genannte „NoGo-Areas“ wieder in die Gesellschaft? Welche Präventivmaßnahmen gibt es? Wie kann man dem Populismus entgegentreten? Uli Grötsch dazu: „Das Wichtigste ist, den Unwahrheiten zu widersprechen“, meinte der Abgeordnete. Und Andreas Schwarz ergänzte: „Man muss mit Populisten auch mal über andere Themen als die Migration sprechen. Hier wird dann nämlich schnell klar, dass ein veraltetes Frauenbild vorherrscht, es kein Rentenkonzept gibt und der Klimawandel geleugnet wird.“
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