Universität Bamberg mit Angebot zur Stressprävention
Im Rahmen der Tandemreihe zum Thema „Stress am Arbeitsplatz – Prävention und Frühintervention“ schlägt die Hochschule ein digitales Interventionsprogramm vor
Hilft ein digitales Interventionsprogramm zur Stressprävention den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von kleineren Unternehmen, um einen Einstieg in den Umgang mit Stress am Arbeitsplatz zu finden? Die Otto-Friedrich-Universität Bamberg möchte dies gerne herausfinden und hat im Rahmen der Tandemreihe, die bei Vorträgen wissenschaftliche Erkenntnisse mit Praxiserfahrungen verbindet, das Angebot eines entsprechenden Testlaufs gemacht. „Wir könnten uns vorstellen, für Oberfranken ein Online-Portal zur Stressprävention und -intervention aufzubauen und dessen Nutzung und Wirksamkeit wissenschaftlich zu begleiten“, schlug Professor Dr. Jörg Wolstein, Referent der Tandemreihe zum Thema „Stress am Arbeitsplatz – Prävention und Frühintervention“, den Zuhörern in der Aula der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vor.
Zuvor hatte der Inhaber der Professur für Psychopathologie mit seinem Vortrag „Stress macht krank. Sollen wir dann bei der Arbeit im Liegestuhl liegen?“ den wissenschaftlichen Part der Tandemreihe übernommen. Wolstein skizzierte die Ursachen von Stress und machte den Wandel beim Auslöser der körperlichen Reaktion plakativ an zwei Begrifflichkeiten fest: War es früher der Urzeit-Tiger, der dem Menschen Stress bereitet hat, ist es heute häufig der Uhrzeit-Tiger, also Zeitdruck. Wie die verschiedenen Stressoren allerdings wirken, sei von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wolstein: „Gleich ist, dass jeder Mensch sein persönliches Stresslevel hat. Ist dieses überschritten, empfindet die Person Stress.“ Wird es dauerhaft und immer wiederkehrend überschritten und fallen die notwendigen Erholungsphasen aus, steigt die Gefahr von Symptomen wie Burn-out oder gar einer langfristigen Erkrankung wie Depression. „Deswegen“, schlug Wolstein, den Bogen zu seinem Vortragstitel, „nutzt es auch nichts, im Liegestuhl zu arbeiten.“ Ausschlaggebend sei vielmehr, aktiv an der Vermeidung der Stressfaktoren zu arbeiten, etwa durch Zeitmanagement oder körperliche Betätigung, und tatsächliche Erholung zu ermöglichen.
Die Tandemreihe bringt die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit den Erfahrungen aus der Praxis zusammen. Daher setzte Barbara Dornig von der Autohausgruppe Dornig auf das Referat von Prof. Wolstein auf. Die Geschäftsführerin nimmt mit der Autohausgruppe an dem geförderten Programm “unternehmensWert:Mensch“ teil, das sich zum Ziel setzt, kleine und mittlere Unternehmen vor allem durch eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik für zukünftige Herausforderungen zu sensibilisieren. „Wir sind 2016 mit dem Programm gestartet und arbeiten seitdem viel und hart vor allem an der Mitarbeiterführung“, sagte Barbara Dornig, die keine Zweifel daran ließ, dass es sich dabei um keinen einfachen Weg handelt. Heute aber sei die Autohausgruppe mit 180 Mitarbeitern so weit, dass nahezu alle Abteilungsleiter auch Führungskräfte seien – im Sinne eines guten und effektiven Führens – und im Unternehmen ein vertrauensvoller und offener Umgang gepflegt werde. Die Geschäftsführerin kam dabei auf das Thema Stress am Arbeitsplatz zurück. „Durch unsere Veränderungen in der Unternehmenskultur und im Miteinander sind wir jetzt auch in der Lage, Stresslevel zu erkennen und Auslöser auch aus dem privaten Bereich zu erfahren. Das ist echte Prävention und auch die Chance zur frühzeitigen Intervention.“
Präventionsgesetz schafft Möglichkeiten für Betriebe
Die AOK Bayern hat als Krankenkasse Stress und die durch Stress bedingten Symptome und Krankheitsbilder naturgemäß im Blick. Seit 2016 gibt es auch einen gesetzlichen Auftrag dazu, der im Präventionsgesetz verankert ist. Dieses hat die Gesundheitsförderung direkt im Lebensumfeld zum Ziel. „Damit sind auch viele Möglichkeiten für Betriebe geschaffen worden“, erklärte Volker Weißmann vom Fachbereich Arbeitswelt im Bereich Gesundheitsförderung der AOK Bayern in der Diskussion, die sich an die Vorträge anschloss. So hätten die Krankenkassen viele Möglichkeiten, Betriebe bei gesundheitsfördernden Maßnahmen zu helfen.
Auch seitens des Auditoriums kamen Nachfragen an die Experten aus Wissenschaft, Unternehmen und gesetzlicher Krankenkasse. Die Fragen, ob ein Unternehmer die private Situation eines Mitarbeiters ansprechen dürfe, oder wie man seinem Chef am besten sagen könne, dass der Vorgesetzte selbst ein Stressfaktor sei – diese mussten in ihrer Individualität unbeantwortet bleiben. Denn pauschale Lösungen gibt es rund um Stress, Stressprävention und -intervention nicht. Nur ein Vorgehen helfe immer, wie Barbara Dornig bestätigte: „Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation.“ Oder wie es Professor Wolstein formulierte: „Reden Sie miteinander!“
INFO:
Die Tandemreihe ist eine Gemeinschaftsinitiative der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der IHK für Oberfranken Bayreuth und der Handwerkskammer für Oberfranken und bringt einmal pro Semester Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Ziel ist es, den Austausch untereinander zu fördern und den beidseitigen Transfer von Wissen anzuregen.
Weitere, ständig aktualisierte Informationen zu der Veranstaltungsreihe finden Sie unter www.uni-bamberg.de/transfer/veranstaltungen/tandem
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