Steigende Gewalt gegen Oberfrankens Polizisten

Symbolbild Polizei

OBERFRANKEN. 627 Attacken gegen oberfränkische Polizisten im Jahr 2017 belegen laut dem aktuell veröffentlichten Lagebild „Gewalt gegen Polizeibeamte“ erneut, dass Einsatzkräfte vermehrt in das Visier von Gewalttätern geraten. Im Vergleich zu 2016 bedeutet dies für Oberfranken eine Steigerung um 3,8 Prozent. 178 Beamte zogen sich bei den körperlichen Übergriffen zum Teil schwere Verletzungen zu.

Mit umgerechnet etwa zwölf Fällen pro Woche, veranschaulichen diese Zahlen eindrucksvoll, welchen Gefahren die Polizeibeamtinnen und -beamten tagtäglich ausgesetzt sind. Das massive Aufbegehren gegen polizeiliche Maßnahmen beginnt bereits bei geringfügigen Eingriffen wie Identitätsfeststellungen und eskaliert mitunter bei Platzverweisen, Gewahrsamnahmen oder Festnahmen. Oft liefern Maßnahmen im Zusammenhang mit kleineren Bagatelldelikten gewaltbereiten Bürgern bereits Anlass genug, ihrer Aggression und Respektlosigkeit freien Lauf zu lassen.

Hohe Aggressionsbereitschaft

Mit welcher Gewaltbereitschaft oberfränkische Beamten konfrontiert werden, zeigte die statistische Auswertung auch für das Jahr 2017 wieder deutlich. In einem Fall stellten Polizisten sogar einen Angreifer mit einer scharfen Schusswaffe fest und acht Mal hatte das polizeiliche Gegenüber eine Hieb- oder Stichwaffe dabei, mit der der Täter zum Teil gedroht oder sie sogar gegen die Beamten eingesetzt hatte. Die sonstigen körperlichen Übergriffe erfolgten in 118 Fällen durch Schläge mit der Hand oder Faust und 112 Mal durch Treten. 15 Mal führten die Angreifer einen Kopfstoß aus und in 23 Fällen wurden die Polizisten vom Gegenüber gebissen. In sieben Fällen setzten Personen ein Kraftfahrzeug gegen die Ordnungshüter ein.

Meist handelte es sich bei den Straftaten um Widerstandshandlungen, Beleidigungen, Körperverletzungsdelikte und Bedrohungen. Knapp die Hälfte der Übergriffe fand auf öffentlicher Straße statt, gefolgt von Privatwohnungen und Grundstücken sowie innerhalb der Polizeidienststelle. Eher seltener stellen Gaststätten oder Diskotheken die Tatorte dar.

Zu einem versuchten Tötungsdelikte zum Nachteil einer Polizeibeamtin kam es Anfang Oktober 2017, als eine Streifenbesatzung der Bamberger Polizei zu einer Streitigkeit unter zwei Männern in eine Disko in der Lange Straße gerufen wurde. Als die Kontrahenten von den Einsatzkräften getrennt und fixiert wurden, kam ein 25-Jähriger seinem Bekannten zu Hilfe und griff eine 26-jährige Polizeibeamtin an. Er würgte die Polizistin mit bloßen Händen bis zur Atemnot, bevor weitere Unterstützungskräfte ihre Kollegin aus den Griffen des 25-Jährigen befreien konnten. Der Mann aus dem Landkreis Bamberg muss sich unter anderem wegen versuchten Totschlags strafrechtlich verantworten.

Polizeibeamte durch Übergriffe verletzt

Bei den 627 Übergriffen im Jahr 2017 in Oberfranken (2016: 604) waren 1.470 Beamte und damit rund 70 Prozent der oberfränkischen Polizeivollzugsbeamten betroffen. Während zwar der Großteil dieser Polizisten die Attacken körperlich unbeschadet überstand, zogen sich dennoch 178 Beamte bei körperlichen Übergriffen zum Teil schwere Verletzungen zu, die insgesamt etwa 240 krankheitsbedingte Ausfalltage nach sich zogen. Dies entspräche umgerechnet dem Ausfall eines Polizeibeamten für ein ganzes Jahr.

Berauschte Angreifer

Die Erhebungen für das Jahr 2017 zeigen erneut, dass das Kriterium Alkohol bei gewaltsamen Übergriffen auf Polizeibeamte den Aggressionsverstärker Nummer 1 darstellt. Knapp drei Viertel der Täter standen bei den Übergriffen unter dem Einfluss berauschender Mittel, wobei der Großteil übermäßig Alkohol konsumiert hatte.

Beleidigungen gegenüber Polizeibeamten nehmen inzwischen weit mehr als ein Drittel der Gesamtdelikte ein und stehen neben ganz konkreten Bedrohungen bereits auf der Tagesordnung. Über 80 Prozent der überwiegend deutschen Täter waren Erwachsene, über zehn Prozent Heranwachsende und etwa sechs Prozent Jugendliche.

Null Toleranz gegenüber Gewalt

Auf Grundlage des Lagebildes „Gewalt gegen Polizeibeamte“ setzen die Behörden die gewonnenen Erkenntnisse für Einsatzstrategien und -konzepte effektiv um, damit diesem Phänomen adäquat begegnet werden kann. Auch zukünftig wird die Oberfränkische Polizei in eine bedarfsgerechte Schutzausrüstung für die Polizeibeamten investieren und das Einsatz-Equipment ständig und angepasst verbessern. Ferner werden die Beamten in bislang bewährter Weise im Rahmen von Aus- und Fortbildungsmodulen beim polizeilichen Einsatztraining (PE-Training) durch spezielle Trainer geschult. Konflikte im Umgang mit dem polizeilichen Gegenüber sollen nach Möglichkeit mit Mitteln der Kommunikation gelöst werden. Gleichwohl trainieren alle Vollzugsbeamten regelmäßig für den Ernstfall einer Attacke, denn die Statistik zeigt, dass die bevorzugte kommunikative Lösung des Konflikts leider nicht immer die Zustimmung des Gegenübers erfährt.