Buchautor und SPIEGEL-Journalist Jan Fleischhauer zu Gast bei der CSU Ebermannstadt
Einen ganz besonderen Gast konnte der Ortsverband der CSU Ebermannstadt am vergangenen Freitag begrüßen. Im sehr gut besuchten Sportheim des TSV hielt der SPIEGEL Journalist und Buchautor Jan Fleischhauer einen Vortrag mit dem Titel „Deutsche Ängste, Deutsche Tugenden – ein Streifzug durch die Seelenlandschaft der Nation“.
Neben vielen Gästen konnte die Ortsvorsitzende Diana Striegel auch den Landtagsabgeordneten Michael Hofmann, den 3. Bürgermeister Rainer Schmeußer sowie Altbürgermeister Franz Josef Kraus begrüßen. In Ihrer kurzen Ansprache zitierte Striegel eingangs aus der Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Frage „Wenn das so weiter geht, sehe ich schwarz für Deutschland“. 33% der Befragten stimmten dieser Aussage zu, Anhänger der CDU/CSU zu lediglich 14% . Emotionen sollten bei politischen Entscheidungen nicht unterschätzt werden. Welche Rolle spielt die Meinungsmacht der Politiker und Journalisten dabei?
Jan Fleischhauer wurde mit seinem 2009 erschienenen Bestseller „Unter Linken – von einem, der aus Versehen konservativ wurde“ einem breiten Publikum bekannt. Wie er mit einem Augenzwinkern bemerkte, hat er dadurch oftmals in der SPIEGEL-Redaktion eine Außenseiterrolle. Laut einer Umfrage vom Hamburger Institut für Journalismus tendieren 2/3 der deutschen Journalisten eher zu Rot/Grün. Wer aber deshalb meint, aus der politischen Neigung der Journalisten ließe sich eine Meinungsmacht der Redaktionen ableiten, liegt völlig daneben. Nicht erst seit Helmut Kohl, welcher immer sehr viel Hohn und Spott einstecken musste, sondern bis zu den Wahlergebnissen in die heutige Zeit, erkennt man, dass dem nicht so ist. Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland durchaus sehr stark ausgeprägt, man kann alles sagen was man denkt – es hat aber unter Umständen Konsequenzen. Eine Gesellschaft braucht aber auch Tabus, denn ohne Tabus gibt es keine Grenzen. Eine Gesellschaft ohne Grenzen ist aber keine Gesellschaft! Meinungsfreiheit ist aber auch Auslegungssache und die Wahrnehmung dessen was man sagen sollte und was nicht, ist sehr stark durch die politische Neigung geprägt, argumentierte Fleischhauer. Durch den Schwenk der Bundeskanzlerin vom konservativ/bürgerlichen Lager ins linke Lager sei im politischen Koordinatensystem in Deutschland meinungsmäßig einiges durcheinandergeraten. Für ihn als Journalisten ist dies durchaus spannend zu erleben, „Angela Merkel ist die erste Sozialdemokratin im Kanzleramt, die das SPD-Parteibuch ernst nimmt“. Als große Erschütterung bezeichnet er den Aufstieg der neuen Rechten als dritte Kraft im Parlament.
In der heutigen Zeit findet er sehr viele Parallelen zu den 70er Jahren. Die Protestkultur, in der sich ganz unterschiedliche soziale Strömungen zusammenfinden, die Verachtung des Parlaments, der Glaube an das Volk, mit der Regierung aufräumen wollen, die herrschende Presse, die Untergrundangst. Diese Ängste sind bei einem Teil der Bevölkerung heute wieder vorhanden und werden von der AfD aufgegriffen. Was die Angst vor Atombomben der 70er Jahre war, macht die AfD zur Asylkatastophe der heutigen Zeit. Geschickt spielt die AfD damit, die Angst vor dem Untergang Deutschlands als Motivator für ihr Programm einzusetzen. Während auf der linken Seite des politschen Spektrums beim Umgang mit der AfD Orientierungslosigkeit und Ermattung vorherrscht, so ist für Fleischhauer die CSU die einzige Partei, die aktiv den Kampf mit den neuen Rechten aufnimmt. Die CSU ist die Partei, die über Themen nicht nur spricht, sondern diese Themen auch aktiv angeht. Außerdem sei die Dämonisierung des Gegners nicht zielführend. Vielmehr fordert Fleischhauer eine aktive Auseinandersetzung mit den Positionen der AfD. Für Fleischhauer, der mehrere Jahre für den SPIEGEL als Korrespondent in Amerika gearbeitet hat, kam der Wahlsieg von Donald Trump nicht so sehr überraschend. Die Demokraten hätten das Wahlvolk zu sehr mit erhobenem Zeigefinger gemahnt. Dadurch verstanden sich die Wähler eher kulturell und nicht wie oft vermutet ökonomisch abgewertet. Fleischhauer bemerkte dazu wörtlich: „Wenn Teile der Bevölkerung von den Regierenden laufend zu Deppen erklärt werden, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Deppen sagen ich hab die Nase voll und wähle diejenigen, welche jedenfalls so tun, als ob sie die Deppen verstehen“.
Der große Vorzug der Konservativen war immer, dass sie sich ihrer Volkstümlichkeit nicht geschämt haben – Helmut Kohl ist hierzu ein großes Beispiel. Aber was die Journalisten übersehen haben, ist, dass sich durch den Spott über Kohl ganz viele Leute mit ihrer Lebensweise mitverspottet gefühlt haben.
Ziemlich genervt reagierte Fleischhauer auf die politische Korrektheit und die damit begangenen Sprachmorde im Hinblick auf unsere Sprache. Wenn aus Schwulen und Lesben die LGPD oder noch umfassender die LSBTTIQ Community wird. Oder wenn neuerdings Worte mit der Endung „ling“ als abwertend empfunden werden. Weshalb auch in den Nachrichtensendungen nicht mehr von Flüchtlingen, sondern von den Geflüchteten gesprochen wird.
Politiker so Fleischhauer, täten gut daran, nicht jeden Sprachmord mitzugehen, vielmehr würde er sich wieder Redner vom Format eines Franz Josef Strauß wünschen, welcher nicht nur inhaltlich zu überzeugen wusste, sondern auch etwas für die Unterhaltung tat.
Fleischhauer schloss seinen Vortrag mit dem Rat an die Zuhörer, sie mögen nicht verdrießen und man solle sich von Leuten fern halten, die die ganze Zeit mit heruntergezogen Mundwinkeln herumlaufen und nur davon schimpfen, was man nicht sagen darf.
Die Gelegenheit einen so renommierten Journalisten in Ebermannstadt zu haben, nutzten viele Zuhörer im Nachgang zu einer angeregten Diskussionsrunde. Weit über eine Stunde wurden viele Facetten der großen Weltpolitik bis hin zur Landespolitik angesprochen. Putin und Trump, Markus Söders Kreuzerlass (welchen er übrigens äußerst unkritisch sieht), die Zukunft des Schulsystems – jede Frage wurde von Fleischhauer ausgiebig und oftmals mit äußerst interessanten Anekdoten beantwortet.
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