17 Großplastiken von Rui Chafes in Bamberg zu sehen
„Seelenschatten“ – Ein Spiel mit Schwere und Leichtigkeit
Eigentlich sind es keine Skulpturen, sondern „Ereignisse im Raum“, sagt Rui Chafes über seine bis zu fünf Meter hohen Eisenkolosse, die bis Anfang September an 17 Orten der Stadt zu sehen sind. Jeden Präsentationsort hat er gründlich ausgesucht. Die Figuren des portugiesischen Bildhauers sind im Stadtbild nicht sofort zu sehen, sondern wollen gesucht und gefunden werden.
Seine schwarzen Kugelformationen hängen in Ästen im Hollergraben am Ufer der Regnitz, thronen am Domkranz oder baumeln vom Balkon des ehemaligen Rotenhan-Palais in der Kapuzinerstraße. Beinahe versteckt schweben sie in zwölf Metern Höhe in einem Baumgeäst im Hain, als hätte ihnen jemand die Schwere des Eisens herausgezaubert. Die Figuren(en) „Ich will alles von Dir“ könnten zwei innig verschlungene Liebende sein, die mit den Kugeln des Lebens balancieren und am Durchgang des Brückenrathauses Passanten salutieren. „Kugeln sind ein Zeichen von Bewegung und verkörpern für mich auf ideale Weise die Idee von Immaterialität“, betont der 1966 in Lissabon geborene Künstler.
Schwarz und schwer symbolisieren die Eisenkugeln zugleich die Last, aber auch die Schatten und die Leichtigkeit des Seins. Sie nehmen die Formen des Barock mit seinen Schwüngen und muschelförmigen Ornamenten auf und geben der Schwere des Eisens zugleich eine tröstende Leichtigkeit, indem Chafes sie anscheinend federleicht schweben oder auf Bahnen scheinbar gleiten lässt. „Diese Stadt gibt ein großes Gefühl von Zeit und von Epochen, weil sie nicht zerstört worden ist. Das ist in modernen Großstädten verloren gegangen“, sagt Chafes, der seit seinem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf sehr gut Deutsch spricht und die Werke des romantischen Dichters Novalis ins Portugiesische übersetzt hat. Chafes liebt nach eigenem Bekunden die deutsche Sprache und Kultur – und die Stadt E.T.A Hoffmanns im Besonderen. Er schätze die Hingabe, mit der man sich hier der Kunst und Künstlern widme, die Ressourcen, die Bamberg hierfür aufwende. „Mit Bamberg habe ich mittlerweile eine Liebesgeschichte entwickelt“, gesteht Chafes.
1989, damals noch Student an der Fakultät Fine-Arts der Universität von Lissabon, besucht er die Stadt zum ersten Mal – um das von Tilman Riemenschneider geschaffene Grab des Kaiserpaares Heinrich und Kunigunde im Dom zu sehen. Seither zieht es ihn immer wieder nach Bamberg, zwei, drei Mal präsentierte er hier bereits einige seiner Werke. Zwei von ihnen sind in Bamberg nun zu Hause – in St. Stephan ist seine Skulptur mit dem Titel „Stärker als der Tod“ zu sehen, eine andere befindet sich im Restaurant „Eckerts“. Beide wurden durch private Initiativen erworben.
Seinen Großgebilden hat er als Kontrast zum harten, kalten Eisen poetische Titel gegeben. „Ich will alles von Dir“, „Langer Traum“ und „Stärker als der Tod“ heißen drei seiner Werke. Sprache und Bildhauerei vereinen sich bei Chafes zu einer Art Universalpoesie. Titel und Skulptur gehören zusammen und geben dem Betrachter eine von vielen Interpretationsmöglichkeiten. „Ich arbeite mit Worten und mit Eisen“, sagt Chafes und fügt hinzu: „Ich wünsche mir Besucher, die sich von meinen Werken erstaunen lassen.“
Im 25. Jahr der Verleihung ihres Weltkulturerbestatus durch die Unesco findet damit in Bamberg wieder eine spektakuläre Schau von Großplastiken statt, die hier schon Tradition haben. Seit 1998 zeigt die Stadt zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum, die Reihe nahm ihren Anfang, als der damalige Leiter des internationalen Künstlerhauses Villa Concordia, Bernd Goldmann, die Bronze-Statuen des kolumbianischen Künstlers Fernando Botero nach Bamberg holte. Auch bei der jetzigen Schau ist Goldmann Initiator und Kurator. Von Sponsoren und durch Stiftungen angekaufte Figuren von Fernando Botero, Joannis Avramidis, Igor Mitoraj, Erwin Wortelkamp, Bernhard Luginbühl und Markus Lüpertz prägen das Stadtbild.
Zu der Ausstellung werden etliche Führungen stattfinden. Zudem ist ein Flyer erschienen, der an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet ausliegt. Unter anderem in den Rathäusern und beim Tourismus- und Kongresservice. Weitere Informationen unter www.bamberg.de
SEELENSCHATTEN – RUI CHAFES
Großplastikenausstellung in Bamberg
von 12. Mai bis 31. August 2018
Rui Chafes (geb. 1966) ist in Lissabon zu Hause. Im Grunde ist der Portugiese Weltbürger, der mindestens fünf Sprachen beherrscht, der in seiner Heimatstadt Bildhauerei studierte, anschließend in Düsseldorf und seitdem weltweit seine eindrucksvollen Plastiken präsentiert, eingeladen von den wichtigsten Museen und Galerien. So nahm er bereits an der Biennale in Sao Paulo und Venedig teil.
Die Stadt Bamberg dankt den Unterstützern und Sponsoren der aktuellen Ausstellung „Rui Chafes – Seelenschatten“, allen voran der Oberfrankenstiftung, der Stiftung der Sparkasse Bamberg, der Stiftung Weltkulturerbe Bamberg, dem Kulturfonds Bayern, dem Erzbistum Bamberg, den Stadtwerken Bamberg und der Stadtbau Bamberg.
Ganz besonders danken wir der Galeria Filomena Soares in Lissabon für die gewährte Leihgabe wie für die finanzielle Unterstützung. Dank gilt Herrn José Lobo de Vasconcellos, Herrn Paulo Pimenta, Herrn und Frau de Burnay, Herrn Pedro Álvares Ribeiro und der Fundação de Serralves aus Portugal sowie Herrn Pierre Debra aus Belgien, die für Monate auf ihre Kunstwerke verzichten. Zu Dank verpflichtet sind wir der Stiftung Würth in Künzelsau für die Möglichkeit, die spektakuläre Arbeit „Was erschreckt dich so?“ im Hain präsentieren zu können.
Seiner Exzellenz Herrn Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Hochwürdigster Herr Domkapitular Dr. Norbert Jung sowie dem Domkapitel sind wir für die Genehmigung dankbar, auf ihrem Gebiet Arbeiten Rui Chafes‘ präsentieren zu können.
Wir entbieten unseren Dank auch dem Präsidenten der Otto-Friedrich-Universität, Herrn Professor Godehard Ruppert, und der Kanzlerin, Frau Dr. Dagmar Steuer-Flieser, sowie dem Bibliotheksdirektor, Herrn Dr. Fabian Franke, für die wieder gewährte Erlaubnis, Arbeiten auf ihrem Gebiet aufstellen zu dürfen.
Beim Aufbau sowie der Erstellung der Fundamente wirkten in bewährter Weise die Fa. Eberth Bau mit ihrem Chef Michael Betz sowie das Gartenamt der Stadt Bamberg. Mit großem Engagement widmeten sich der Ausstellung die Mitarbeiter des Kulturamtes unter der Leitung von Anne Renz-Sagstetter.
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