Sonntagsgedanken: Mit offenen Augen
Die Indianer in den Gebirgen Südamerikas verbanden früher ihren Lasttieren die Augen, damit sie auf den gefährlichen Bergpfaden gefügiger wurden. Ein Blick in den tödlichen Abgrund, ein Blick auf die vereisten Gipfel hätte die Tiere erschreckt, hätte sie fehltreten und mitsamt ihrer wertvollen Ladung abstürzen lassen. Doch was für ein dummes Tier sinnvoll ist, muss es nicht für uns Menschen sein. Manche von uns stolpern so mit geschlossenen Augen durch ihr Leben. Sie wollen keine echten Beziehungen zu ihren Mitmenschen, wollen sich nicht mit dem befassen, was täglich auf uns einströmt. Mit geschlossenen Augen kann man sich seinen Träumen, seinen Illusionen hingeben. Der eine träumt von einer steilen Karriere, der andere von dem großen Lottogewinn, wieder andere malen sich aus, was sie alles unternehmen werden, wenn sie endlich in Rente gehen können.
Diesen Menschen könnten wir aber folgende Geschichte mit auf den Weg geben: Die holländischen Kaufleute des 16. und 17. Jahrhunderts waren erfahren, wagemutig und sehr erfolgreich; und doch unterschrieben sie alle ihre Verträge mit den Buchstaben „SCJ“. Diese Abkürzung stand für die lateinische Formulierung: „sub conditione Jakobae“. Frei übersetzt könnte man sagen: Alles, was hier in diesem Vertrag steht, wird geschehen, wenn Gott es will. Weil Gott der Herr ist, weil er mein ganz persönliches Leben segnen will, deshalb kann ich nun mit offenen Augen durchs Leben gehen, mein Leben in die Hand nehmen in aller Ehrlichkeit und Gelassenheit, und vor allem mit einem guten Schuss Freude, denn als Christ weiß ich, dass nichts, aber auch gar nichts mich von der Liebe Gottes trennen kann. Gott hat uns ausgestattet mit einem freien Willen, mit Vernunft und einem wachen Gewissen. Wir sollten diese Gaben nutzen, um zu tun, was wir tun können, um ein sinnvolles Leben zu führen, um eine humane Gesellschaft aufzubauen. Was das konkret heißt, das kann, ja das muss jeder für sich selbst entscheiden. Das ist die Würde, aber auch die Last des Menschen.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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