Bläserphilharmonie Forchheim in der Konzerthalle Bamberg
Wirbelnde Stäbe und eine Schlägertruppe
Auch beim fünften Auftritt sorgte die Bläserphilharmonie Forchheim in der Konzerthalle Bamberg für ein außergewöhnliches Hörerlebnis und Beifallsstürme.
Bamberg. Ein Frühsommertag wie aus dem Bilderbuch. Die Stadt summt vor Menschen. Doch an einem Ort: Blitz, Donner und Sturm. Es ist die Konzerthalle am Samstagabend. Blitzende Instrumente, Donner von einer überragenden Percussionsgruppe und „volles Rohr“, wenn sich mehr als 60 Musiker im Crescendo bis zum Fortissimo aufschwingen, und Beifallsstürme im vollen Haus. Die Bläserphilharmonie Forchheim des Musikvereins Buckenhofen liefert zum fünften Mal in dieser Weihestätte musikalischer Hochkultur einen überragenden Beleg gewachsener Musiktätigkeit ab. Mit einem Frühlingskonzert, das dieses Mal unter dem Motto „Mit Herz und Stimme“ stand und das Dirigent Mathias Wehr und Moderator Rainer Streng mit Leidenschaft, Witz und Charme auskleideten.
Das Geheimnis des Erfolgs – auf Basis einer fundierten Ausbildung mit dem Durchschreiten mehrerer Orchesterstufen – ist nicht die Steigerung bis hin zum „Das beste Konzert von allen“, sondern die gleichbleibende Qualität auf allen bespielten Ebenen. Das heißt sinfonische Bläsermusik von Originalkompositionen zeitgenössischer Komponisten bis hin zu Transkriptionen der klassischen und modernen Literatur.
Ein weiterer Schwerpunkt bei den Bamberger Konzerten ist es, herausragende Solisten an die Rampe zu stellen. Das waren Solisten der Bamberger Symphoniker, der aus Forchheim stammende Pianist und Theaterprofi Mathias Mönius, und jetzt also ein „Eigengewächs“ mit Lukas Heim (22) am Marimbaphon. Um es vorweg zu sagen: es „stürmte“ in der Halle nach dem virtuosen Spiel seiner wirbelnden Stäbe.
„With Heart und Voices“ – die Komposition des zeitgenössischen amerikanischen Komponisten David Gillingham gab den Rahmen für Dynamik, Mystik, Emotion, Lyrik und die Herausforderung an differenziertes Spiel mit vertrackten Rhythmen, Dissonanzen und Dramatik. Ausgewählt mit Werken aus Fernost, christlicher Inspiration, der Welt der Film- und Popmusik. Wobei sich Orchester und Auditorium ausreichend „erholen“ konnten im Strom voluminös fließender Harmonien aus dem „tiefen Blech“, in dem die Holzbläser Glanzlichter setzten. „Fanfare“ von Sathoshi Yagisawa entführte das Publikum sofort in die Welt der Elemente in weit schwingenden, von Mathias Wehr ausdirigierten Musikbögen, bei dem sich die Perkussionsgruppe als pulsierendes Herzstück profilierte. „O Magnum Mysterium“ basiert auf einem alten Text, der die Geburt Jesu Christi im Beisein der niederen Tiere an der Krippe besingt. Stichwort Sanftmut. Aber auch „großes Kino“ (Morten Lauridsen), in dem die Klarinetten das Thema an die Trompeten überleiteten.
Lässig und mit einem Lächeln
Dann der solistische Höhepunkt mit „Concertino for Marima and Winds“, von Alfred Reed in japanischem Auftrag komponiert. Romantisch, leicht und filigran und rockig cool die drei Sätze, die Lukas Heim mit jugendlichem Elan, lässig in Schräglage wie sein Dirigent, und immer mit einem Lächeln im Gesicht vor sich ausbreitete. Wie die Harfe in der Klassik setzt das Marimbaphon wichtige Akzente in einem modernen sinfonischen Blasorchester. Auch wenn einem von der Geschwindigkeit des Spiels mit den vier Schlägern schwindelig werden kann.
Wow. Die symphonische Suite zu „Robin Hood – König der Diebe“ (Michael Kamens/Paul Lavender) setzt Maßstäbe. In Film und Filmmusik wurden 50 Millionen Dollar investiert. Für den Titelsong hätte Brian Adams fast einen Oscar bekommen. Die Buckenhofener erwiesen sich als ebenbürtige Interpreten. Flügelhörner und Oboen sorgten im mächtigen Sound rund um den englischen Volkshelden für Profilierung. John Mackeys „Undertow“ (Der Sog) ist etwas für Experten. Halbtondissonanzen, Taktwechsel von 4/4tel auf 7/8tel, starke perkussive Effekte und eine sich wiederholende musikalische Figur forderten vor allem die „Schlägertruppe“, die nur von „Magier“ Mathias Wehr gebändigt werden konnte.
Solistenapplaus für das Plopp
Einen britischen Volkslied zugrunde liegt „Childrens March: Over the Hills and far away“ von Percy Grainger. Mal tänzerisch, mal im Stil einer Marching Band, hat das Stück seine Besonderheit darin, dass sich die Musiker auch sängerisch zeigen konnten. Und zwar vierstimmig! Dann wurde es witzig in „A Fairycocktaile“. Einen Märchenmix rund um Schneewittchen und Aschenbrödel, Prinzessin und Jägersmann sowie den bösen Wolf hat Jan de Vlieger musikalisch illustriert. Die Erzählung, die Rainer Streng augenzwinkernd anreicherte, wurde von der Musik szenisch passend unterbrochen. Wobei das „Plopp“ eines Musikers unter Gelächter den meisten Solistenbeifall erhielt.
Wer Rockkonzerte besucht hat weiß wie der Beat harter Sounds Magen und Zwerchfell fibrieren lässt. Die Bläserphilharmonie setzte das berühmte „Innuendo“ von Queen aus dem 1991 erschienen Album kongenial um. Wobei die Musik von Queen die Grenzen der Rock- und Popmusik oft überschritten hat. In dem von Marco Somadossi bearbeiteten Werk wetteifert ein Mix verschiedener Stile, wobei Anklänge an Flamenco und Ravels Bolero im Gedächtnis bleiben. Nicht nur hier warf Jonathan Wagner am E-Piano wichtige Details für das Hörerlebnis ein. Erwähnung verdienen, ohne andere schmälern zu wollen, die Solisten Christian Libera (Trompete), Nicole Kotz (Oboe), Britta Soens (Querflöte) und Joseph Rumstadt (Kontrabass).
Bamberger im Abseits?
MV-Vorstandsvorsitzender Bernd Froese dankte dem Publikum, darunter Spitzen der Politik und des Nordbayerischen Musikbundes, für die Treue zu diesem Bamberger Konzert und anderen Veranstaltungen. Hingewiesen wurde vom Lions Club auf das Benefiz-Open air der Bläserphilharmonie am Sonntag, 8. Juli, um 17 Uhr auf der Waldwiese des Lebenshilfezentrums.
Am Ende bewege sich eine lange Autoschlange mit Forchheimer Kennzeichen heimwärts. Vielleicht schafft es diese Veranstaltung doch noch, mehr Bamberger zum Kommen zu bewegen, die bisher eher naserümpfend der „Philharmonie aus der Provinz“ gegenüberstehen.
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