Gedanken zum Karfreitag
Auf dem Kreuzigungsbild Ulrich Apts, eines Zeitgenossen Albrecht Dürers, trennt eine dunkle Wolkenschicht den trostlosen diesseitigen Bereich vom himmlischen, in den das Haupt des sterbenden Jesus hineinragt. Klagende und tröstende Engel umflattern mit leuchtend bunten Flügeln jenseits der Wolkenschicht den Verscheidenden, während die Menschen auf Erden das Geschehen entsetzt anstarren, hämisch grinsen oder einfach nur gleichgültig bleiben. Allein ein Kind blickt unverwandt nach oben und ahnt wohl etwas vom Geheimnis dieses Tages.
Der Künstler hat die Bedeutung des Karfreitagsgeschehens bildhaft dargestellt, besser als lange Predigten es vermöchten. Da stirbt ein Unschuldiger einen furchtbaren Tod. Dergleichen geschieht täglich tausendfach nicht nur in den Kriegs- und Krisengebieten unserer Zeit, sondern auch ganz unspektakulär in den Krankenhäusern, den Altenheimen, vielleicht auch in der Wohnung nebenan. Mit dem Leiden und Sterben Jesu können viele nichts mehr anfangen, denn es passt scheinbar nicht mehr in unsere Zeit, wo Leistung und Spaß zählen. Jesus starb ja nicht so edel, philosophierend wie einst Sokrates, nicht so weltabgewandt, versonnen lächelnd wie Buddha. Apts Bild erinnert uns aber daran, dass Gott sich der menschlichen Schwäche, Feigheit und Bosheit bedient, um seinen Plan durchzuführen, den wir rational, wissenschaftlich nicht nachvollziehen können. Mit kindlichem Vertrauen, mit kindlicher Offenheit, mit kindlichem Eifer sollen wir das Geschenk Gottes annehmen: Der „Sohn Gottes“ hat so gelitten, damit wir in größter Not und Verzweiflung einen Trost haben, hat die schlimmste Schuld gesühnt. Der Moslem muss sich in schweren Zeiten dem unerforschlichen, unabwendlichen Willen seines Gottes unterwerfen, der Asiate macht sein schlechtes Karma, das er sich in einem früheren Leben durch böse Taten angehäuft hat, für sein bitteres Los verantwortlich. Wir aber dürfen vertrauen, dass der Gott, der den so elend Gekreuzigten zum „ewigen“ Leben geführt hat, auch uns von den Toten auferwecken wird. Als Symbol für das Wunder der Auferstehung hat man früher gern Raupe und Schmetterling genommen. Der bunte, lebensfrohe Schmetterling hat scheinbar mit der grauen, hässlichen Raupe nichts zu tun und doch entwickelt er sich aus ihr. Die Raupe ist tot und doch lebt sie als Schmetterling weiter.
Weitere Sonntagsgedanken
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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