VGN will den Ausbau der S-Bahn sowie von Park-and-Ride voranbringen

Zeichen stehen gut für die Infrastruktur – dennoch vorerst kein 20-Minuten-Takt auf der S-Bahn-Strecke bis Forchheim

Nach langen Jahren der Unterfinanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Deutschland hofft der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) nun auf eine Zeitenwende. Hintergrund der positiven Erwartungen sind die Aussagen der Regierungsparteien im Koalitionsvertrag zu den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sowie zur Stärkung eines sauberen ÖPNV. Auch der Freistaat Bayern erhöht seine Mittel für die Fahrzeugförderung um 100 Millionen Euro aus seinem Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung.

Der Handlungsbedarf bei Klimaschutz und Luftreinhaltung in den Städten rückt den wichtigen Beitrag des ÖPNV zur Problemlösung in den Fokus. „Der Großteil des Verkehrs, der die Innenstädte belastet, ist auf die Wirtschaftszentren gerichtet, entsteht aber in der Region. Deshalb drängen wir darauf, das regionale S-Bahn-Netz endlich in seiner geplanten dritten Ausbaustufe zu realisieren. Wer möglichst weit außerhalb des Verdichtungsraumes auf das System der S-Bahn umsteigt, betreibt aktiven Umwelt- und Klimaschutz und zwar in Stadt und Land“, erklärt VGNGeschäftsführer Andreas Mäder, zuständig für Planung und Infrastruktur bei der Jahrespressekonferenz am Dienstag, 20. März 2018. „Unser zweites Handlungsfeld ist der Ausbau von Park-and-Ride-Anlagen entlang der Schienenstrecken. Gemeinsam mit den Kommunen und dem Freistaat arbeiten wir daran, den Umstieg vom Pkw auf den Zug weiter zu erleichtern. Auch das trägt zur verkehrlichen Entlastung und zur Luftreinhaltung in den Zentren bei“, so Mäder.

Ausbau im Sektor Nordost Nürnberg – rechte Pegnitzstrecke

Aktuell laufen die Vorplanungen für die Elektrifizierung der Schienenstrecke Nürnberg – Marktredwitz im Rahmen des Bundesverkehrswegeplanes 2030. Zweckverband (ZVGN) und Verbundgesellschaft haben erreicht, dass schon in dieser Planungsphase auch die Anforderungen für den Ausbau der S-Bahn auf der Strecke Nürnberg – Neuhaus a. d. Pegnitz und der Nebenstrecke Nürnberg – Simmelsdorf-Hüttenbach mit einbezogen werden. Durch die frühzeitige Abstimmung der beiden Projekte zu den erforderlichen Baumaßnahmen im Bereich von Bahnhöfen können Zeit und Kosten eingespart werden. Der Abschluss der Vorplanung ist für Ende 2019 vorgesehen. Danach können die weiteren Planungsschritte bis hin zu einem Finanzierungsvertrag vorangetrieben werden. Eine Studie zum Ausbau der S-Bahn im Sektor Nordost prognostiziert einen Zuwachs von insgesamt 5.600 Fahrgästen pro Tag auf der rechten Pegnitzstrecke.

Untersuchung zum Sektor West

Die Rahmenbedingungen für eine Erweiterung des S-Bahn-Netzes um die Strecke Nürnberg – Neustadt a. d. Aisch sowie die Rangau- und Zenngrundbahn haben sich durch das im Bundesverkehrswegeplan vorgesehene dritte Gleis zwischen Fürth und Siegelsdorf verbessert. Deshalb haben sich VGN und Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) darauf verständigt, dass ein aktualisiertes Gutachten zu einer S-Bahn im Sektor West in Auftrag geben wird, sobald um die Jahresmitte der Fahrplan für den künftigen Deutschland-Takt im Nah- und Fernverkehr vorliegt. Eine frühere Studie zum Sektor West aus dem Jahr 2013 hatte ergeben, dass sich mit einer Angebotsverbesserung in diesem Sektor die Fahrgastzahlen um 2.400 Fahrten pro Werktag erhöhen würden. 85 Prozent davon gingen auf eine Verlagerung vom Pkw auf den ÖPNV zurück. Damit ergäbe sich eine Entlastung der Städte Fürth und Nürnberg vom einbrechenden Individualverkehr aus den Landkreisen Fürth und Neustadt a. d. Aisch – Bad Windsheim.

Wenig Neues von der S1

Die Fertigstellung der S-Bahnstrecke zwischen Fürth und Erlangen bleibt weiterhin eine Hängepartie. Mit seinem Urteil vom 9. November 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht den Planfeststellungsbeschluss zum Abschnitt Fürth Nord für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt, jedoch nicht aufgehoben. Es stellte insbesondere Mängel im Bereich Umweltund Naturschutz sowie bei der Abwägung der Trassenvarianten fest. Noch ist nicht bekannt, ob die Deutsche Bahn sich für die Option einer Nachbesserung bei der Planung entscheidet. Dies kann erst nach Vorliegen der ausführlichen Urteilsbegründung erfolgen.

„Vom dringend erforderlichen 20-Minuten-Takt auf der Strecke bis Forchheim trennen uns weiterhin Jahre, sehr zum Leidwesen unserer Fahrgäste und gerade auf unserer bedeutendsten S-Bahnstrecke“, bedauert Mäder. Zur Verbesserung der Situation setzt sich das bayerische Verkehrsministerium mit Nachdruck für den behelfsmäßigen Anschluss der seit langem vorhandenen Gleise im Fürther Bogen ein. Den Realisierungs- und Finanzierungsvertrag haben der Freistaat Bayern und die Deutsche Bahn im November 2017 bereits unterschrieben. Mit der Fertigstellung der Bedarfslösung ist frühestens Ende 2020 zu rechnen. Danach ist es betrieblich möglich, zumindest mit einer dritten Fahrt je Stunde mehr Kapazitäten auf der nachfragestarken S-Bahnlinie anzubieten.

Gebaut wird in den nächsten Jahren auch an der heutigen S2 Roth – Nürnberg – Altdorf. An allen Stationen werden die Bahnsteige sukzessive auf eine Höhe von 76 Zentimetern umgebaut, um einen barrierefreien Einund Ausstieg in die S-Bahn zu gewährleisten. Nach Fertigstellung werden auf den Strecken nach Roth und Altdorf dann die bewährten ET 442 zum Einsatz kommen. Nach Dombühl, Neumarkt und Allersberg verkehren – voraussichtlich ab Mitte 2020 – die neu bestellten Triebzüge der Baureihe ET 440.4.

Neue Wege bei Park-and-Ride (P+R)

Gemeinsam mit dem Münchner Verkehrsverbund (MVV) treibt der VGN das Pilotprojekt „P+R 4.0“ voran. Ziel ist es, die Möglichkeiten der Verkehrslenkung im Einzugsbereich von Schienenstrecken und Park-and- Ride-Anlage zu testen. Seitens des VGN beteiligen sich im Korridor entlang der S4 die Gemeinden Petersaurach (mit zwei Haltestellen) und Roßtal, die Gemeinde Büchenbach an der S2 sowie die Landkreise Ansbach und Fürth am Projekt. Mittels Detektion der vorhandenen Stellplätze sollen Autofahrer über freie Parkplätze und alternative Fahrtmöglichkeiten informiert werden. Dazu werden Informationen zur Belegung der Anlagen mit den Auskunftssystemen der Verkehrsverbünde und des Freistaats verknüpft und für Smartphone-Apps sowie Navigationsgeräte in den Pkw verfügbar gemacht. Sie können auch für die Verkehrslenkung genutzt werden. Die Vorteile liegen bei den Pkw-Fahrern, die Informationen über alternative Fahrtmöglichkeiten in Echtzeit erhalten, zum Beispiel bei Stau oder auch bei Fahrtbeschränkungen aufgrund zu hoher Emissionsbelastung im Ballungskern. Sie liegen ebenso bei den Zentren, die vom einbrechenden Verkehr entlastet werden. Mit den vorhandenen Daten können die Kommunen vor Ort außerdem die tägliche Auslastung der Anlagen verfolgen und so einen eventuellen Erweiterungsbedarf ermitteln.

Alle in das Pilotprojekt einbezogenen P+R-Anlagen erhalten einen bedarfsgerechten Ausbau, um für die zu erwartende höhere Nachfrage auch ausreichende Kapazitäten bereitzustellen. Als Anreiz für eine Beteiligung hat der Freistaat eine Aufstockung des Fördersatzes von 50 auf bis zu 80 Prozent zugesagt. Den mit allen Partnern abgestimmten Förderantrag hat der VGN Ende Februar eingereicht.

„Bereits heute sind einige Park-and-Ride- sowie Bike-and-Ride-Plätze im Großraum Nürnberg zu mehr als 100 Prozent ausgelastet. Aufgrund des erwarteten Zuwachses von Berufspendlern sehen wir einen deutlichen Mehrbedarf von rund 1.000 zusätzlichen Stellplätzen. Im Hinblick auf die zunehmende Verbreitung von E-Bikes gehen wir zudem von einem steigenden Bedarf an Bike-and-Ride-Stellplätzen mit geschlossenen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder (Fahrradboxen) und Lademöglichkeit aus“, stellt Mäder fest.

Ziel des VGN ist deshalb, mit den Erfahrungen aus dem Modellprojekt P+R 4.0 die Verkehrslenkung zu den Park und Ride-Anlagen in der Region auf weitere Verkehrsachsen auszudehnen. Gemeinsam mit der Stadt Nürnberg wird nun geprüft, inwieweit das durch Mittel des Freistaats geförderte Pilotprojekt mit weiteren Maßnahmen aus dem „Sofortprogramm Saubere Luft“ des Bundes gekoppelt werden kann.