Sonntagsgedanken: Der Kämmerer aus Mohrenland
Apostelgeschichte des Lukas Kap. 8 V. 26 – 39, Teil III
Betrachten wir die Hauptfigur der Geschichte, die in der alten Luther-Übersetzung als Kämmerer aus Mohrenland bezeichnet wird: Er war ein vornehmer Herr, Minister einer afrikanischen Königin; und doch: sein Reichtum, seine Macht hatten eine Kehrseite, denn er war kastriert. So tragen auch die Schönen, die Reichen unserer Tage ihr vielleicht verborgenes Päckchen mit sich herum und sei es nur, dass sie auf Schritt und Tritt von der sensationslüsternen Skandalpresse verfolgt werden.
Der unbekannte Minister gab sich freilich mit seiner Stellung nicht zufrieden. Er unternahm die lange, teuere, gefährliche Reise ins ferne Jerusalem. Viele Menschen sind so auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens, nach innerer Neuorientierung. Man liest heute sein Horoskop, morgen das Buch eines Weisheitslehrers, nur um übermorgen indianisch zu meditieren, und ein wenig Buddhismus gehört heute natürlich auch dazu. Die Frage nach dem Sinn, nach der letzten Wahrheit verlangt aber vollen Einsatz, die verbindliche persönliche Entscheidung.
Der Kämmerer hatte Jerusalem, den Tempel besucht, hatte sich die Heilige Schrift gekauft, doch nicht verstanden. Wir müssen annehmen, dass er bitter enttäuscht wurde. Als Heide durfte er nur den äußersten Vorhof des Tempels betreten und als Kastrierter galt er im Judentum gar nichts. Doch wir dürfen nicht hochmütig sein, denn viele wenden sich auch von unserer Kirche enttäuscht ab. Sind die Gottesdienste unverständlich geworden, die Gemeinden zu wenig einladend?
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