Smart und bequem: Neue Textilien für High-Tech-Kleidung, made in Bayreuth
Unbequem, steif und wenig luftdurchlässig: Textile Materialien, durch die elektrischer Strom fließen kann, sind für Alltagskleidung manchmal hinderlich. Doch jetzt haben Forscher der Universität Bayreuth, der Donghua University in Shanghai und der Nanjing Forestry University neuartige Vliesstoffe entwickelt, die sowohl elektrische Leitfähigkeit besitzen als auch flexibel und atemfähig sind. Damit ist der Weg frei für bequeme High-Tech-Kleidung, die beispielsweise das Sonnenlicht in Wärme umwandelt, tragbare elektronische Geräte mit Strom versorgt oder Sensoren für das Fitnesstraining enthält. In der Zeitschrift npj Flexible Electronics stellen die Wissenschaftler ihre Entwicklung vor.
Die Bayreuther Forscher um Prof. Dr. Andreas Greiner haben gemeinsam mit ihren chinesischen Partnern erstmals leitfähige Vliesstoffe hergestellt, die alle Eigenschaften bewahren, die von alltagstauglicher Kleidung erwartet werden. Die Stoffe sind flexibel, passen sich also den jeweiligen Körperhaltungen und -bewegungen an. Zudem sind sie luftdurchlässig, so dass sie die natürliche Hautatmung nicht beeinträchtigen.
Die Kombination dieser Eigenschaften beruht auf einem speziellen Herstellungsverfahren. Die Wissenschaftler haben nicht, im Unterschied zu bisher üblichen Produktionsweisen, Metalldrähte in bereits fertige Textilien eingezogen. Stattdessen haben sie das klassische Elektrospinnen (engl. Electrospinning), das bereits seit vielen Jahren für die Erzeugung von Vliesstoffen angewendet wird, modifiziert: Kurze elektrogesponnene Polymerfasern und geringe Mengen winziger Silberdrähte mit Durchmessern von nur 80 Nanometern werden in einer Flüssigkeit gemischt. Anschließend werden sie abfiltriert, getrocknet und noch kurz erhitzt. Der so entstehende stabile Vliesstoff besitzt bei richtiger Zusammensetzung eine sehr hohe elektrische Leitfähigkeit.
So eröffnen sich jetzt eine Vielzahl innovativer Anwendungsmöglichkeiten, insbesondere im Bereich der smarten Kleidung („Wearables“). Alltägliche Kleidungsstücke können zum Beispiel mit Solarzellen so ausgestattet werden, dass das einfallende Sonnenlicht in Wärme umgewandelt wird und sich die Textilien selbst beheizen. Mobiltelefone, Kameras, Minicomputer oder andere tragbare elektronische Geräte lassen sich zum Aufladen an die Textilien anschließen. In die Kleidung eingearbeitete Sensoren können Sportlern und Trainern wichtige Daten zu Fitness und Gesundheit liefern, oder sie können Angehörige und Freunde über den eigenen Aufenthaltsort informieren. „Ähnliche Funktionen lassen sich nicht nur in Kleidungsstücke, sondern genauso gut auch in textile Materialien einbauen, die für Armaturen und Sitze in Autos oder Flugzeugen geeignet sind“, erklärt Prof. Dr. Andreas Greiner, der an der Universität Bayreuth einen Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie innehat. „Unser Konzept, das der Herstellung leitfähiger Textilien zugrunde liegt, ist grundsätzlich auf viele Systeme übertragbar“, ergänzt Steffen Reich, Doktorand und Erstautor der neuen Studie. Er nennt als Beispiel aktuelle Bayreuther Forschungsarbeiten zu mikrobiellen Brennstoffzellen, in die derartige Vliesstoffe künftig als Elektroden eingebaut werden könnten.
Die jetzt in npj Flexible Electronics veröffentlichten Forschungsergebnisse sind aus einer engen Kooperation der Universität Bayreuth mit der Donghua University in Shanghai und der Nanjing Forestry University hervorgegangen. Erst vor zwei Jahren haben die Donghua University, die seit ihrer Gründung einen Schwerpunkt in der Erforschung und Entwicklung von Textilien hat, und die Universität Bayreuth einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Der vereinbarte wechselseitige Austausch in Forschung und Studium trägt nun erste Früchte.
Veröffentlichung: S. Reich, M. Burgard, M. Langner, S. Jiang, X. Wang, S. Agarwal, B. Ding, J. Yu, A. Greiner, Polymer nanofibre composite nonwovens with metal-like electrical conductivity, npj Flexible Electronics, DOI 10.1038/s41528-017-0018-5 (open access).
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