Gedanken zu Aschermittwoch

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

An diesem Tag beginnt die Passionszeit, wo wir den Tod Jesu zur Vergebung unserer Sünden bedenken. Mit dieser zentralen Aussage des Christenglaubens können immer weniger Menschen etwas anfangen. Ich denke an ein inzwischen verstorbenes Mitglied meiner Gemeinde, das jeden Sonntag treu den Gottesdienst besuchte, mir aber offen erklärte: „Ich fühle mich nicht als Sünder. Ich habe mein Leben lang anständig gelebt.“ Auch die Anhänger anderer Religionen verstehen den Sühnetod Jesu am Kreuz nicht, unterstellen uns, wir würden an einen rachsüchtigen, grausamen Gott glauben. Wenn die Bibel von Sünde spricht, meint sie nicht nur juristisch messbare Schuld, auch nicht nur die Übertretung eines bestimmten göttlichen Gebotes, sondern die verkehrte Grundhaltung des Menschen, dass wir im Guten wie im Bösen immer um das eigene kleine Ich kreisen. So sind Gleichgültigkeit und Hysterie ebenso Formen von Sünde wie Selbstmitleid oder Eigensinn, auch wenn das so nicht in den 10 Geboten steht.

Manchmal kann man gar nicht so einfach feststellen, wo die Sünde beginnt. Wo hört Glaubenseifer auf, wo fängt Fanatismus an? Wo geht Vorsicht in Feigheit über, Mut in Leichtsinn, Gehorsam in Unterwürfigkeit?

Ein englischer Gefängnispfarrer hat einmal erklärt, dass er bei sich selbst die Anlage zu jedem Verbrechen spüre, dessentwegen seine „Kunden“ eingesperrt seien. Vielleicht leben die meisten Menschen nur deshalb äußerlich halbwegs anständig, weil sie zu feige sind, etwas wirklich Böses zu tun, weil sie noch nicht in die Versuchung geführt wurden. Anders als die übrigen Religionen kennt das Christentum die Erbsünde, was meint, dass wir auch unbewusst, indirekt, ja schicksalshaft schuldig werden. Wenn z. B. ein Kind in einer Familie aufwächst, wo Alkohol, Lüge und Gewalt üblich sind, wird es das für normal halten und sich später selbst so verhalten, wird also durch die Schuld der Eltern vom Opfer zum Täter. Oder denken wir an die Soldaten im Krieg, die sich gegenseitig totschießen müssen. Sie handeln auf Befehl, doch Sünde bleibt Sünde.

Der Gott Jesu nimmt unsere heute so hoch gefeierte Freiheit ernst, damit aber auch unsere Verantwortung, lässt keine windelweiche Ausrede zu. Wer seine Verantwortung auf andere abwälzt, der entmündigt sich selbst.

Doch welch ein Trost liegt in der christlichen Botschaft, dass Jesus die Schuld wirklich aller Menschen gesühnt hat, dass nun der Weg zu Gott für wirklich jeden frei ist, der auf Christus vertraut!

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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de

Infos zu Christian Karl Fuchs:

  • geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
  • Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
  • Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
  • Promotion zum Dr. theol. 1995
  • Ordination zum ev. Pfarrer 1996
  • Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
  • seither in Neustadt/Aisch
  • blind