Sonntagsgedanken: Der Zug durch die Wüste: Teil 3
Es fällt mir auf, dass Gott die Rebellion der Israeliten während der Wüstenwanderung nicht als Beleidigung deutete, die zu bestrafen wäre. So sollten auch wir Christen gelassener mit Kritik im eigenen Lager, mit Angriffen von außen umgehen. Gefährlich wird es nur dann, wenn wir einer Fata Morgana nachlaufen, wenn wir Gottes neue Welt aus den Augen verlieren. Unsere Aufgabe ist es, die Neugier der Mitmenschen zu erregen, dass sie sich anstecken lassen vom Feuer des Evangeliums. Wir Christen sollten ehrlicher, verständnisvoller, hilfsbereiter miteinander umgehen als die Außenstehenden, ohne deshalb unsere Konflikte zu bagatellisieren, unsere Irrtümer, unsere Ratlosigkeit zu bemänteln. Freilich liegt auch hier alles am Segen Gottes.
Die Fliehenden waren nicht allein unterwegs auf ihrem langen Marsch durch die Wüste. Der Einzelne wurde von der nationalen Gemeinschaft getragen. Uns trägt heute die Gemeinschaft in der Kirche; und da kann, da soll jeder Christ mitanpacken. Jeder ist durch seine Taufe zum Seelsorger, zum Diakon eingesetzt, ein lebenslanger Prozess. Als Christ will ich nicht nach meiner privaten Glückseligkeit streben wie viele Anhänger von Meditationsbewegungen, sondern dem Mitmenschen Anteil schenken an der Liebe Gottes, die ich selbst täglich neu erfahren darf.
So wie die Israeliten in der Wüste alle gleich viel bekamen, so setzt sich auch die Kirche für soziale Gerechtigkeit ein, für den vernünftigen Ausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, zwischen „erster“ und „dritter“ Welt. Die Christengemeinde könnte der Ort sein, wo die Generationen und politischen Lager sich begegnen, aufeinander hören, einander besser verstehen.
Zur Resignation jedenfalls, zum Selbstmitleid, zum Duckmäusertum gibt es keinen Grund, auch wenn der Weg der Kirche heute durch die Wüste zu führen scheint. Krisenzeiten sind Zeiten der Reife, der Bewährung im persönlichen Leben wie in der Geschichte der Völker, auch in der Geschichte der Kirche.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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