Artikelserie: Energiewende ja – aber wie? 69. Regelenergie und Energiewende
Letzter Teil der Artikelserie!
Die Redaktion bedankt sich ganz herzlich bei Dieter Lenzkes für die vielen interessanten Beiträge!
Im letzten Kapitel haben wir gesehen, dass die Gründe für den Einsatz spezieller Regelkraftwerke zum einen in den ständig wechselnden Energieanforderungen der Verbraucher liegen und zum anderen in der Trägheit der großen Dampfkraftwerke – der Haupt-Stromerzeuger – die diese schnellen und großen Änderungen nicht ausregeln können. Die bisherige Struktur der Stromerzeugung entsprach diesen Gegebenheiten: Die annähernd konstante und gut planbare Grundlast wurde von den großen Dampfkraftwerken geliefert, die ständig wechselnde Spitzenlast von den schnelleren Regelkraftwerken. Bei den letzteren wurde nochmal unterschieden zwischen Mittellast und Spitzenlast. Mittellast-Kraftwerke übernahmen auch einen Teil der Grundlast, um diese dann im Bedarfsfall als negative Regelleistung zur Verfügung stellen zu können. Spitzenlast-Kraftwerke stellten überwiegend positive Regelleistung zur Verfügung. Die Grenzen waren, wie auch die Betriebszustände im Netz, fließend. Details s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Spitzenlast.
Wie ändert sich jetzt diese Situation durch die Energiewende?
Mit dem Einsatz der von Sonne und Wind abhängigen regenerativen Stromerzeuger kam zu den durch die Verbraucher verursachten, Schwankungen eine zusätzliche Komponente auf der Erzeugerseite hinzu. Dies bedeutete für die Bereitstellung der notwendigen Regelenergie zunächst eine zusätzliche Anforderung, zumal es gesetzlich vorgeschrieben war das regenerative Energieangebot vorrangig ins Netz einzuspeisen.
Im Prinzip sind jedoch die regenerativen Stromerzeuger schnell genug regelbar, um auch den Lastschwankungen des Netzes zu folgen, d.h. auch Regelenergie zur Verfügung stellen zu können. Nachdem diese mittlerweile im Energiemix einen Anteil von etwa 25- 30% haben, werden sie auch für die notwendigen Regelaufgaben mit eingesetzt. Windkraftanlagen zurzeit noch vorwiegend für die Bereitstellung negativer Regelenergie; jedoch bei weiterem Ausbau der diversen Energiespeicher um Energieüberschüsse aufzunehmen, in Kombination mit diesen auch positive Regelenergie, ähnlich wie Pumpspeicher-Kraftwerke (s.a. das Beispiel Pellworm aus Kapitel 65). Darüber hinaus gibt es bereits erste Ansätze, gespeicherte Energie aus Solaranlagen zur Eigenversorgung (siehe Kapitel 58 – 61), die von den Erzeugern nicht selbst genutzt werden können, in sog. Communities zu sammeln und dem Netz als positive Regelenergie zur Verfügung zu stellen.
Wie sieht die Zukunft aus?
Das Ziel ist, alle großen Dampfkraftwerke, vordringlich Kernkraft und Braunkohle, stillzulegen. Der gesamte Bedarf an elektrischer Energie ist dann durch regenerative Stromerzeuger zu decken, einschließlich derer, die bisher als Regelkraftwerke betrieben werden. Die Unterscheidung zwischen Grundlast und Spitzenlast erübrigt sich dann. Technisch kann jedes dieser Kraftwerke seinen Anteil sowohl zur Grundlast als auch zur Spitzenlast beitragen. Das häufig gehörte Argument, die Dampfkraftwerke wären auch weiterhin zur Deckung der Grundlast nötig, vertauscht Ursache und Wirkung. Diesem Kraftwerkstyp wurde die Grundlast nur deshalb zugeordnet weil er aus technischen und ökonomischen Gründen nichts anderes kann. Im Prinzip ist jeder Kraftwerkstyp auch grundlastfähig, s.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Grundlastf%C3%A4higkeit. Dies gilt auch für Windkraft- und Solaranlagen, wenn sie in einem optimalen Verhältnis zueinander und mit entsprechenden Energiespeichern zu sog. „virtuellen Kraftwerken“ oder „Kombikraftwerken“ zusammengeschaltet werden (s.a. Kapitel 65 Sonne und Wind).
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass einerseits die regenerativen Kraftwerke weiter ausgebaut werden und dass andererseits auch genügend Energiespeicher zur Verfügung stehen, um Überangebote zu speichern (s.a. Kapitel 66 und 67). Dies ist schon deshalb notwendig um die sog. Dunkelflauten zu überbrücken. Diese gespeicherte Energie kann dann auch zur Deckung einer Spitzenlast verwendet werden. Virtuelle Kraftwerke können also sowohl positive als auch negative Regelenergie zur Verfügung stellen.
Darüber hinaus müssen, wie heute auch, genügend Reservekapazitäten zur Verfügung stehen, um technische Störungen zu überbrücken. Im Grunde sind dann alle Kraftwerke gleichermaßen an der Bereitstellung der jeweils benötigten elektrischen Energie beteiligt. Welche Kraftwerke dann, je nach Energieanforderung im Netz, Spitzenlasten übernehmen bzw. herunter geregelt werden, oder welches Energieüberangebot in welche Speicher geleitet wird, kann nach rein organisatorischen und ökonomischen Gesichtspunkten im Einzelfall entschieden und mit einem entsprechenden Energiemanagement gesteuert werden.
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