Sonntagsgedanken: Der Zug durch die Wüste: Teil 2
Israel erlebte Gottes Eingreifen ganz natürlich ohne Blitz und Donner, ohne Engel, die vom Himmel stiegen: Vögel, vom langen Flug erschöpft, ließen sich mit der Hand fangen. Das Sekret des Tamariskenstrauches lag vor ihren Füßen. Freilich, sich bücken, zupacken mussten sie selbst. Wie die Juden die Gnadengaben Gottes täglich neu einsammelten, sie zum Essen zubereiteten, müssen auch wir die Geschenke Gottes erkennen, festhalten und pflegen, unsere körperliche und seelische Gesundheit, unsere Familie, unsere Gemeinde.
Wir alle ziehen so wie Israel durch die Wüste, nämlich durch die Wüste unseres persönlichen Lebens, durch die Wüste der Geschichte unserer Völker. Kein Wunder, dass mancher den Mut, die Hoffnung verliert, das Ziel aus den Augen verliert und lieber in der nächsten Oase bleiben will. Auch bei uns locken viele solcher Rastplätze: Mancher sitzt stundenlang vor dem Computer, vor dem Fernseher, andere widmen sich ganz dem Geldverdienen oder ihrem Verein. Doch wo sich zu lange, zu viele Menschen aufhalten, da versanden die Brunnen der Oase und sie kann ihren Zweck nicht mehr erfüllen. So haben Arbeit und Freizeitvergnügen ihre Berechtigung. Nur dürfen sie nie zum Lebenszweck werden. Ich wünsche mir, dass unsere Gottesdienste und Gruppenstunden so eine Raststätte, eine Versammlungsstätte der Christen sind, wo wir zur Ruhe kommen, nachdenken, Kraft schöpfen, um dann unsere Wanderung fortsetzen zu können. Dass die Israeliten sich zurücksehnten nach den Fleischtöpfen Ägyptens, die sie als Sklaven nie besaßen, kann ich nachvollziehen. Auch bei uns verklären viele die angeblich so guten alten Zeiten, als die Kirchen noch voll waren, als – angeblich! – noch Sitte und Anstand galten. Auch hier rate ich zu einer gesunden Skepsis. Heute kommen weniger zu uns, dafür aber aus Überzeugung, nicht aus träger Gewohnheit oder unter Zwang, und Lumperei gab es auch früher genug. Klaus Störtebeker und Robin Hood waren eben keine edelmütigen Volkshelden, sondern gewöhnliche Kriminelle.
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Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
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