Artikelserie: Energiewende ja – aber wie? 67. Energiespeicher – Teil 2

Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl
Goliath Poldermolen. Foto: Uberprutser, CC-BY-SA-3.0-nl

Im letzten Kapitel hatten wir die Speicherproblematik im Zusammenhang mit der Stromerzeugung aus fossilen Energiequellen betrachtet und festgestellt, dass diese, aus unterschiedlichen Gründen, zu 100% von Energiespeichern abhängig ist.

Völlig anders ist die Situation bei den erneuerbaren Energieträgern.

Die „Primärenergie“ Sonne und Wind gibt es auf der Erde zu jeder Zeit irgendwo im Überfluss (s.a. Kapitel 32, elektrische Energiewende), aber eben nicht in gespeicherter Form. Diese Energien können nur dann genutzt werden, wenn sie da sind (vergleiche hierzu auch Kapitel 65). D.h. der Umwandlungsprozess von Sonne und Wind in elektrische Energie kann nicht kontinuierlich stattfinden. Um eine bedarfsgerechte, kontinuierliche Versorgung sicherzustellen, müssen deshalb hierbei die Energiespeicher, die bei den mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerken vor dem Umwandlungsprozess liegen, nun hinter den Umwandlungsprozess „geschaltet“ werden. Dies eröffnet aber auch die Möglichkeit, die Speicherfunktionen auf die jeweilige Anwendung zu optimieren. Hierzu gehört auch das Problem der sog. „Regelenergie“. Hierzu mehr in einem späteren Artikel.

Es muss also eine ausreichende Speicherkapazität zur Verfügung stehen, um ein Energieüberangebot von Sonne und Wind in Spitzenzeiten aufzunehmen, dieses langfristig zu speichern, um damit die sog. „Dunkelflauten“ (dunkle, windarme Zeiten) zu überbrücken. Hierfür stehen die unterschiedlichsten Speicherverfahren zur Verfügung, die z.T. bereits im Einsatz sind, oder sich in der großtechnischen Praxiserprobung befinden. Ein wesentlicher Vorteil dieser technischen Speicherverfahren ist, dass sie auf bestimmte Anforderungen hin optimiert werden können. Einen sehr guten Überblick über die verschiedenen Verfahren und deren Funktionsweise gibt Wikipedia, Suchwort: Energiespeicher. Über die, auch in der klassischen Energietechnik bereits genutzten Speicherverfahren wie Pumpspeicher-Kraftwerke hinaus, sind die für die Energiewende 3 wichtigsten Verfahren:

  1. Galvanische Zellen (Akkumulator, Batterie) auf elektrochemischer Basis. Diesen Energiespeicher haben wir bereits in den Kapiteln 58 bis 63 kennen gelernt. Eine Batterie etwa in der Größe eines Kühlschrankes kann ungefähr den Tagesbedarf eines Privathaushaltes decken. Sinnvolle Speicherzeiten: einige Tage, da solche Batterien eine geringe Selbstentladung haben. Dieses Prinzip ist jedoch auch geeignet um damit größere „Batterie-Speicherkraftwerke“ aufzubauen, da diese die gespeicherte Energie extrem schnell zur Verfügung stellen können.
  2. Redox-Flow-Batterien, auch Flüssigbatterie oder Nasszelle genannt. Hierbei wird die elektrische Energie mit einem elektrochemischen Prozess in zwei unterschiedlichen flüssigen Elektrolyten gespeichert. Im Gegensatz zu den galvanischen Zellen haben diese jedoch getrennte Kreisläufe und können in getrennten Behältern gespeichert bzw. gelagert werden. Hierdurch gibt es keine Selbstentladung, die Speicherzeiten sind praktisch unbegrenzt. Die Speicherkapazität ist, unabhängig von einer kurzzeitig benötigten maximalen Leistung, nur von der Menge der Elektrolyte abhängig, und kann auch nachträglich beliebig erweitert werden. Leistung und Speicherkapazität können völlig unabhängig voneinander dimensioniert werden. Diese Batterien sind besonders geeignet für die Langzeitspeicherung von Energieüberschüssen um damit „Dunkelflauten“ zu überbrücken. Der elektrochemische Prozess, der die elektrische Energie aufspaltet und auf die beiden Elektrolyte verteilt, ist umkehrbar, sodass die gespeicherte Energie direkt wieder in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Alles, was wir im allgemeinen Sprachgebrauch als „Energieerzeugung“ bezeichnen, ist in Wirklichkeit immer nur ein Umwandeln einer vorhandenen Energieform in eine andere Form, die für die jeweilige Nutzung geeigneter ist (s.a. Kapitel 8, Kraftwerke). Solche Redox-Flow-Batterien stehen z.Z. für die großtechnische Anwendung zur Verfügung. Eine Miniaturisierung für private Anwendungen ist prinzipiell möglich. So wie heute Öltanks oder Gasbehälter im Keller stehen, wären es dann zwei Elektrolyt-Tanks. Ob eine solche Lösung auch wirtschaftlich gegenüber den jetzigen galvanischen Zellen ist muss die Entwicklung zeigen.
  3. Power-to-Gas: Hierbei handelt es sich um schon lange bekannte Verfahren, die sich jetzt in der großtechnischen Erprobung zur Speicherung von überschüssiger elektrischer Energie befinden, z.Z. überwiegend für Windstrom. Dabei wird Wasser in einem elektrolytischen Prozess in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann dann als Energieträger entweder in Tanks oder auch in sog. „chemischen Wasserstoffspeichern“ praktisch unbegrenzt gespeichert werden und, z.B. in Brennstoffzellen, wieder in elektrische Energie zurück verwandelt werden. Eine weitere Möglichkeit ist es, den Wasserstoff in einem 2. Prozess in Methan umzuwandeln und dem Erdgasnetz (d.h. einem vorhandenen Speicher- und Verteilsystem) beizumischen. Diese Möglichkeit wird dann interessant, wenn in einer späteren Phase der Energiewende auch der Bedarf an Wärmeenergie möglichst aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden soll.

Nach dem Gesagten wird klar, dass die kontinuierliche und bedarfsgerechte Bereitstellung elektrischer Energie neben der technischen Herausforderung auch erhebliche logistische Probleme beinhaltet. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Quellen und mit welchen Methoden die Umwandlung in elektrische Energie erfolgt. Nur die Art der Probleme und deren Lösungen unterscheiden sich.

Zeitgleich mit dem Ausbau der elektrischen Energienutzung aus fossilen Energiequellen in den letzten 70 Jahren, wurden deren jeweils spezifischen Problemen entsprechend angepasste und optimierte Lösungen entwickelt, wodurch erst die kontinuierliche Bereitstellung elektrischer Energie im Überfluss möglich war. Bei der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen entstehen andere spezifische Probleme und erfordern andere Lösungen, die genauso zeitgleich mit deren Ausbau entwickelt und optimiert werden müssen. Viele technische Probleme, die jetzt während der Umstellung auf Erneuerbare Energien auftauchen, haben ihre Ursache darin, dass während dieser Umstellungsphase beide Systeme parallel laufen müssen. Das alte System wird durch das neue „gestört“, das neue System ist noch nicht fertig ausgebaut. Dies sind aber keine prinzipiellen und dauerhaften Probleme, sondern Umstellungsprobleme, die Zug um Zug gelöst werden.

Fazit: Die Energieversorgung der Zukunft aus erneuerbaren Quellen erfordert es, dass alle Komponenten, d.h. Sonne, Wind, Wasser, evtl. Bioenergie und die verschiedenen Speichersysteme zusammen wirken und die Energieflüsse über ein entsprechendes Managementsystem gesteuert werden. Dies kann sowohl großräumig als auch dezentral auf kommunaler Ebene erfolgen, weil das Energieangebot – Sonne, Wind – ja auch dezentral zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern, die erst aufwändig zu den Kraftwerken transportiert werden müssen, deren Endprodukt elektrische Energie dann wieder aufwändig in der Fläche verteilt werden muss. Dass dies nicht nur reine Theorie ist, demonstriert ein Pilotprojekt auf der Nordfriesischen Insel Pellworm. Hier werden zur Energieerzeugung Photovoltaik-, Windenergie- und Biogasanlagen betrieben. Zur Energiespeicherung und die Bereitstellung von Regelenergie werden Lithium-Ionen-Batterien und Redox-Flow-Batterien benutzt, alles verknüpft über ein sog. „smart grid“ mit einem angepassten Energie-Managementsystem. Die Erprobungsphase 1 ist abgeschlossen. Die Insel ist mit ihren ca. 1200 Einwohnern und einem Mehrfachen an Kurgästen zu 100% energieautark. In einer 2. Phase wird jetzt erprobt, weitere noch überschüssige Energie dem Festlandsnetz als Regelenergie zur Verfügung zu stellen.

Detailinformationen:

Was sich unter dem oben genannten Stichwort „Regelenergie“ verbirgt, hierzu mehr in der nächsten Folge.

Dieter Lenzkes
Bürger-für-Bürger-Energie
www.bfb-energie.de

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