Nationalpark-Allianz im Steigerwald wächst
Naturschutzverbände, Bürgerverein, Kommunalpolitiker und Wirtschaftsvertreter fordern faire Chance
Die schon traditionelle BN-Tagung „Naturerbe Buchenwälder“ in Ebrach stand unter dem Motto „Nationalparke – gut für die Entwicklung der Regionen“. Für die mittlerweile 10. Tagung hatte der BUND Naturschutz in Bayern (BN) Bürgermeister, Gastronomen und Touristiker aus den Nationalparkregionen Bayerischer Wald und Hainich eingeladen, um ein authentisches Bild zu bekommen, wie die Nationalparke von den Betroffenen selbst gesehen werden. Das Urteil fiel eindeutig und positiv aus. Die Referenten betonten übereinstimmend die große wirtschaftliche Bedeutung des Titels „Nationalpark“ für ihre Regionen. Hohe Attraktivität und mehr Fördermittel setzen viel Positives in Bewegung, wie den Ausbau und Sicherung des öffentlichen Personennahverkehrs, mehr Dorfläden, die Steigerung der Wirtschaftskraft und viele neue Arbeitsplätze und Zusatzeinkommen. Bei der Podiumsdiskussion war das Credo von BN-Chef Hubert Weiger und von Vertretern der Allianz „Faire Chance für den Steigerwald“ ebenso klar: „Wir kämpfen weiter für einen Nationalpark Steigerwald und fordern, dass zumindest die Option Nationalpark auch für den Steigerwald fair geprüft wird.“ BN-Vorsitzender Weiger dankte den Stadtratsgremien von Gerolzhofen, Haßfurt und Würzburg, die 2017 entsprechenden Beschlüsse in diese Richtung gefasst haben: „Wir wünschen uns noch mehr Gemeinden, die sich bei der Staatsregierung für einen Nationalpark Steigerwald als gesamtfränkisches Projekt einsetzen“.
Nationalpark Bayerischer Wald bereichert die Region immens
Daniel Eder und Robert Kürzinger von der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald, einem Zusammenschluss aus 13 Gemeinden, sehen riesige Vorteile: „Wir profitieren immens vom Nationalpark.“ 58 Prozent der Besucher kommen allein wegen des Nationalparks in die Region. Die Wertschöpfung der Besucher beträgt 21 Millionen Euro im Jahr, ca. 1.100 Arbeitsplätze wurden geschaffen. 28 Prozent der Naturreisenden bevorzugen Ferienwohnungen als Unterkunft, hier gibt es auch im Steigerwald noch viel Potential. Bürgermeister Karlheinz Roth aus Spiegelau nutzt die gute Zusammenarbeit mit dem Nationalpark nicht nur zur Verbesserung der Attraktivität seiner Gemeinde. Er diskutiert im Kommunalen Nationalparkausschuss aus Landräten und Bürgermeistern mit: „Wir haben hier gute Erfahrungen und bisher in allen Punkten Lösungen gefunden“. Die langjährige Projektleiterin des Nationalpark-Verkehrskonzepts im Bayerischen Wald, Christina Wibmer, lobte die Unterstützung von Nationalparkverwaltung und Umweltministerium beim Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs, der meist im Stundentakt fährt. Die Bahnstrecke Zwiesel-Grafenau konnte nur wegen des Nationalparks erhalten werden. „In unserer dünn besiedelten Region könnten wir uns viele Geschäfte und so ein gutes ÖPNV-Netz ohne Nationalpark nicht leisten, das Fahrgastpotential der Einheimischen reicht nicht aus“, so Wibmer. In der Diskussion wurde deutlich, dass es in den ländlichen Gemeinden im Steigerwald große Defizite beim ÖPNV gibt. Ein Nationalpark könnte auch hier helfen die Defizite zu beheben und käme den betroffenen Einwohnern zugute.
Nationalpark und Welterberegion machen Region attraktiv
Bürgermeister Bernhard Bischof aus Hörselberg-Hainich (Thüringen) ist Vorsitzender des Vereins „Welterberegion Wartburg-Hainich“, die seit 2013 für das Weltnaturerbe Hainich und das Weltkulturerbe Wartburg wirbt. „Der Nationalpark hat eine hohe Akzeptanz im Hainich, er bietet einen Standortvorteil im Wettbewerb der Regionen“, so Bischof. „Wir haben mehr Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze, das hält junge Familien in der Region. Wir bieten auch attraktive Freizeitangebote, gute Erholungsmöglichkeiten und Naturerleben an. Es gibt keinen Bürgermeister oder Landrat in der Region, der den Nationalpark ablehnt.“ Erika Mielke vom Landferienhaus Pension Erika, zertifizierte Nationalpark-Partnerin, bestätigt den Zugewinn: „Durch den Nationalpark kamen mehr Gäste, wir konnten unsere Pension ausbauen. Wir haben im Sommer eine Auslastung von 80 Prozent, die Gäste bleiben im Durchschnitt 7 Tage und viele kommen wieder. Wir sind eine große Familie und werden vom Nationalpark durch gute Zusammenarbeit unterstützt.“
BUND Naturschutz hält am Nationalpark Steigerwald fest
Hubert Weiger, Vorsitzender des BN, sieht bayernweit viel erreicht durch die Nationalpark-Diskussion im Steigerwald: „Das Projekt „3. Nationalpark in Bayern“ ist ein riesiger Schritt für den Naturschutz nach vorne, aber der Ausschluss des Steigerwalds durch die Staatsregierung ist falsch und fachlich nicht zu begründen. Viele Verbände und Bürger haben sich im Steigerwald für einen Nationalpark engagiert. Inzwischen gibt es mit einer Zweidrittel-Mehrheit eine große Akzeptanz in der Bevölkerung dafür. Der BN setzt sich weiter für den Nationalpark Steigerwald ein!“
Weltnaturerbe Steigerwald ist nur mit Waldschutzgebiet möglich!
Die Waldexkursion ins Naturwaldreservat Waldhaus unter der Leitung des ehemaligen Forstamtsleiters Georg Sperber und der Abendvortrag zum Hohen Buchenen Wald von BN-Waldreferent Ralf Straußberger machten deutlich, dass der Steigerwald das Potential für ein Weltnaturerbe hat. „Wir appellieren eindringlich an die Staatsregierung, im Hohen Buchenen Wald dauerhaft auf eine Holznutzung zu verzichten und ein Schutzgebiet einzurichten“, so Straußberger. Sollte ein Holzeinschlag stattfinden, sind massive Proteste vor Ort vorprogrammiert. Der BN hat im mittlerweile aufgehobenen Schutzgebiet über 7.600 Starkbäume, zumeist Buchen, punktgenau erfasst, um sie vor der Fällung zu bewahren. Der BN klagt gegen die Aufhebung des Schutzgebietes vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Vertreter aus Kommunalpolitik und Wirtschaft für Nationalpark Steigerwald
Unter den über 200 Unterstützern der Allianz „Faire Chance für den Steigerwald“ engagiert sich auch Wolfgang Heyder, langjähriger Basketball-Manager von Brose Baskets Bamberg, für einen Nationalpark Steigerwald. Der Bamberger Kreisrat Wolfgang Heyder kritisierte bei der Podiumsdiskussion der Tagung, dass ein Staatssekretär gegen den klaren Mehrheitswillen der Bevölkerung hier einen Nationalpark bislang verhindert. Parteiübergreifend fordern die Kommunalpolitiker Max-Dieter Schneider (Kreisrat Bamberg und Ebrachs Bürgermeister, SPD), Dr. Liebhard Löffler (Kreisrat Bamberg, FDP) und Thomas Vizl (Stadtrat Gerolzhofen und Kreisrat Schweinfurt, Grüne, geo-net) einen fairen Umgang und eine faire Prüfung der Nationalparkoption für den Steigerwald. Diesen Wunsch nach einer fairen Chance unterstützen auch Geschäftsinhaber, Handwerker, Gastwirte und lokale Unternehmen aus der holzverarbeitenden Branche, wie „silenta“, Bio Kindermöbel–Manufaktur aus Ebrach. Inhaberin Heidrun Schindler-Schaller ist überzeugt, dass die lokale Holzversorgung gesichert bleibt, wie es auch die Staatsregierung beim Suchprozess zum dritten Nationalpark zusagte. Schindler-Schaller beklagt die irreführenden Aussagen des Forstbetriebs zur Holzwirtschaft. Der Forstbetriebsleiter will den Nationalpark verhindern, indem er künstlich Ängste über die Holzversorgung schürt und die Zahl der Sägewerke stark übertreibt. „Wir erwarten uns hier mehr Transparenz und Wahrheit von der Bayerischen Staatsforsten“, so Schindler-Schaller. In der Diskussion wurden die Landräte im Steigerwald massiv kritisiert, weil sie durchsetzen, dass im Regionalen Dialogprozess die Nationalpark-Option entgegen bestehender Vereinbarungen nicht mehr diskutiert werden darf.
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