Ökologischer Jagdverein Bayern e.V. zur Jagd im Forchheimer Revier „Edelmannsberg“

„Neueste BJV-Einschätzung der Edelmannsberger Jagd ist erschreckend substanzlos!“

Antwort auf die Darstellung des BJV in der JiB 9-2017 S. 20ff

  • Das Gegenteil von vorbildlich (S. 20-23)
  • Rechtskonforme und tierschutzgerechte Jagdausübung? (S. 24)
  • „Dies fördert die Erosion des Rechts“ (S. 25)

Wie man aus der „Jagd in Bayern“  (JiB) 9/2017 entnehmen kann, will der BJV weiterhin gegen die Jagd in Edelmannsberg am 12. Januar 2017 vorgehen. Mit drei Einzelartikeln auf sechs Seiten versucht der BJV besagte Jagd wieder einmal ins Zwielicht zu rücken. Überzeugende Fakten fehlen allerdings. Statt dessen finden sich unzählige Vermutungen, Konstruktionen und Unterstellungen.

Dazu im Einzelnen:

Zum Geschlechterverhältnis

Die Schalenwildrichtlinie sei grob missachtet worden, weil das Geschlechterverhältnis nicht beachtet worden sein soll. Bezug genommen wird auf § 1 Abs. 2 Bundesjagdgesetz und Art. 1.2.2., Bayerisches Jagdgesetz, auf die sich die Schalenwildrichtlinie beruft. Dort steht allerdings explizit nichts von „Geschlechterverhältnis“ oder „Altersstruktur“. Allerdings wird dort ganz stark auf die natürlichen Lebensgrundlagen abgehoben. Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung sollen vermieden werden. Das ignoriert der BJV allerdings völlig.

Seit den 80ger Jahren wissen wir, dass man Rehwild nicht zählen kann. Deshalb wurde der Abschuss nach Zählungen und Schätzungen durch die Jäger abgeschafft und der Abschuss nach dem Forstlichen Gutachten ausgerichtet. Im Jagdrechtskommentar von Leonhard wird darauf ausdrücklich hingewiesen (Anm. 14 zu Bundesjagdgesetz § 21 Abschussregelung). Man könnte Bestandsschätzungen heute kleinräumig z.B. anhand von „Kotanalysen“ durchführen, um annähernde Bestandswerte zu erhalten. Diese Methode ist aber nicht flächendeckend auf ganz Bayern anwendbar. In der Wildbiologie ist daher unbestritten, dass „sich Bestände von heimlich und in deckungsreichen Lebensräumen lebenden Arten nur schwer erfassen [lassen] (z.B. Reh, Luchs, Auerhuhn).“ (Zitiert nach Robin/Graf/Schnidrig: Wildtiermanagement 2017, S. 18)

Auch wenn sich der BJV auf die Schalenwildrichtlinie versteift, kann ganz klar konstatiert werden, dass niemand das Geschlechterverhältnis oder auch die Altersverteilung in den einzelnen Revieren beim Rehwild wirklich kennt! Außerhalb der BaySF wird oftmals vor allem männliches Rehwild bejagt (Trophäenträger!!!) und weibliches Wild geschont (Kuhstallprinzip). Umso weniger ist das tatsächliche Geschlechterverhältnis abschätzbar. Vielleicht hat die Edelmannsberg-Jagd, in deren Abschussplan ohnehin schon einen höheren Anteil der weiblichen Stücke festgelegt war, ja dieses erst wieder ausgeglichen?

„Keine Veranlassung zum Erfüllen des Dreijahresabschussplanes im ersten Jahr“ (zitierte Überschrift S. 21)

Es gäbe „Anhaltspunkte“, „die Vermutung“, es „hätte die Möglichkeiten bestanden“ … Der Stil, wie hier herumgeeiert wird, zeigt, dass man über die Art und Weise, wie Abschussplänen erfüllt werden sollen, trefflich spekulieren kann. Aber neben all diesen Spekulationen bleibt im Kern: der Abschuss war rechtmäßig. Und wann der Forstbetrieb oder auch andere Revierinhaber ihren Abschuss erfüllen, hat der BJV niemandem vorzuschreiben.

Kritik an der „vorbildlichen“ Bewirtschaftung des Staatsbetriebes (S. 21)

Hier wird das Gesetz zur Errichtung des Unternehmens Bayerische Staatsforsten vom 9. Mai 2005 bemüht. Dort heißt es in Art. 4, Satz 2: „2 Die Jagd ist vorbildlich auszuüben.“ Zusätzlich wird aber dort massiv auf den Schutz des Waldes durch die Jagd hingewiesen: „3 Dies umfasst u.a. den Erhalt eines artenreichen und gesunden Wildbestands, …der insbesondere eine natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zulässt sowie die Berücksichtigung der sonstigen landeskulturellen Erfordernisse.“ (Hervorhebung redaktionell!)

Gleiches findet sich bezüglich des Waldes in Art. 18 im Bayerischen Waldgesetz: „(1) 1Der Staatswald dient dem allgemeinen Wohl in besonderem Maß und ist daher vorbildlich zu bewirtschaften. … 4 Hierzu soll die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten durch eine auf einen artenreichen und gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden.“ (Hervorhebung redaktionell!)

Und wiederum Gleiches steht natürlich auch in unserem Bayerischen Jagdgesetz. Auf Art. 1 habe ich oben ja bereits hingewiesen.

Diese grundlegenden und wichtigen Aufträge des Gesetzgebers und damit der Gesellschaft an die Jagd ignoriert der BJV völlig. Statt dessen fieselt man an der Schalenwildrichtlinie herum und konstruiert und spekuliert, etwa am objektiv nicht belegbaren Geschlechterverhältnis, herum, argumentiert mit Vorgehensweisen, nach denen der Abschussplan „üblicherweise“ eben in drei und nicht einem Jahr erfüllt werden soll, etc.. Wie so oft wird dabei mit dem schwammigen Begriff der Weidgerechtigkeit gearbeitet. Nirgends kommen konkrete Gesetzesverstöße auf die Anklagebank – weil es sie nicht gibt! Und dass sich die „Vorbildlichkeit“ auch wesentlich auf den Zustand des Waldes bezieht, wird schon gar nicht erwähnt. Vorbildlichkeit zeigt sich aber nicht im kleinkarierten Pochen auf Vermutungen, Annahmen, Spekulationen etc., sondern für die BaySF vor allem darin, ob die Verbisssituation in den BaySF-Revieren eine zukunftsgerichtete Waldverjüngung zulässt. Dazu muss nicht nur tierschutzgerecht sondern auch effektiv gejagt werden. – Nichts anderes ist in Edelmannsberg geschehen!

Gott-sei-Dank folgt die BaySF nicht der „üblicherweisen“ Bejagung. Denn dann wäre die Bayerische Verbisskarte noch roter als sie ohnehin schon ist. Man darf an dieser Stelle auch fragen, ob die fast 50% der Reviere im roten Bereich in Bayern nicht zwingend als Gesetzesverstoß zu werten sind und zu ahnden wären? Da hätte der BJV ein reiches Aufgabenfeld. Dadurch, dass Waldbesitzer und Wald vielerorts den unhaltbaren Verbiss seit Jahrzehnten ertragen müssen, wird das Recht seit langem erodiert! (S. Interview S. 25)

Tierschutz/Grundgesetz

Immer wieder wird auf den Tierschutz (Artikel S. 22 oder Interview mit der Peter Greeske S. 25) verwiesen. Einziger direkter Bezug sind die ominösen Bilder (S. 22), deren kausaler Zusammenhang mit der Jagd nicht belegt ist. Der ÖJV fragt nochmals ganz dezidiert: Wo wurde der Tierschutz bei der Edelmannsberg-Jagd nicht beachtet?

In Bezug auf die ominösen Bilder fragt man sich unwillkürlich, warum das verletzte Rehwild in einer Zeit ohne jede Notlage im Februar und März an einer Fütterung zusammenkommt? Der ÖJV hat deshalb besagte Fütterung mehrmals kontrolliert: Bis in den Juli hinein (Notzeit!!!) war sie mit Getreide beschickt, was wir mit Bildern und den zugelegten Tageszeitungen belegen können. Ohne damit in die Öffentlichkeit zu gehen, teilte ich dies der UJ in Bamberg mit. Der Begang etwa eineinhalb Wochen später zusammen mit dem Kreisjagdberater ergab, dass die Fütterung leer war.

Und weiter fragt man sich, weshalb scheinbar niemand versucht hat, die leidenden Tiere durch Erlegen von ihrem Leiden zu erlösen (gemäß Tierschutzgesetz § 17). Aber als Mittel zum Zweck waren sie recht!

Niemand bestreitet, dass der Tierschutz ein wichtiger Wert ist und zu Recht ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Zum Tierschutz gehört aber auch der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (übrigens zeitlich schon lange vor dem Tierschutz – im GG genannt). Und diese Lebensgrundlagen werden bei zu hohen Schalenwildbeständen, die im Edelmannsberger Revier nicht durch Kirrung angelockt wurden, langfristig zerstört.

Grundgesetz Art 20a: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ (GG, Stand: Zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 13.7.2017 I 2346) (Hervorhebung redaktionell!)

Dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen kommt im Zeitalter des Klimawandels und angesichts der unlängst erst wieder über Bayern hereingebrochenen verheerenden Stürme höchste Beachtung zu!

Zusammenfassung

Es gibt nach wie vor keine belastbaren Fakten gegen die Jagd in Edelmannsberg am 12. Januar 2017. Organisation und Durchführung waren vorbildlich. Daran ändern auch Vermutungen, Annahmen, Spekulationen und konstruierte Vorwürfe nichts.

Dass der „anerkannte Jagdverband“ BJV und ein Tierschutzverband derart substanzlos beschuldigen, ist der eigentliche Skandal. Und dass diese Verbände auf einer solch dürftigen Basis beteiligte Personen öffentlich unter Namensnennung an den Pranger stellen, grenzt schon an üble Nachrede oder Verleumdung.

Dr. Wolfgang Kornder
Vorsitzender ÖJV Bayern