ÖDP-Veranstaltung mit Ehrung in Forchheim

Rudi und Angelika Eisen, Thomas Müller. Foto: ÖDP

Rudi und Angelika Eisen, Thomas Müller. Foto: ÖDP

Am Freitag lud der oberfränkische Bezirksverband der ÖDP (Ökologisch-Demokratischen-Partei) zu einer Versammlung ins „StadtloCKal“ nach Forchheim ein. Der Bezirksvorsitzende Thomas Müller (Burgkunstadt) freute sich, zwei Heroldsbacher (Landkreis Forchheim) Mitglieder für die 25-jährige Mitgliedschaft ehren zu können. Er überreichte Angelika und Rudi Eisen jeweils eine Dankesurkunde, die vom bayerischen Landesvorsitzenden Klaus Mrasek unterzeichnet war. Als Geschenk des Bezirksverbandes überreichte er Blumen und eine Flasche Wein.

Natürlich ging Müller, der auf Platz 3 der bayerischen ÖDP-Landesliste steht, auch auf die kommende Bundestagswahl kurz ein.

Die ÖDP fordert eine Abkehr von der vorherrschenden Leitkultur der Verschwendung, der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und der Spaltung der Gesellschaft. Die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist es, allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, ohne dabei den Planeten zu zerstören. Deshalb tritt die ÖDP für eine gerechtere Sozialpolitik und eine gerechtere Wirtschaftsordnung ein. Die ÖDP ist gegen eine „marktkonforme Demokratie“ (Zitat Merkel). Der Markt muss sich an den Vorgaben der Politik orientieren und nicht umgekehrt. Alle politischen Entscheidungen müssen eindeutig, transparent und verständlich sein. Oberstes Ziel sollte es immer sein, dem Wohl der Menschen zu nützen und nicht den maximal möglichen Profit herauszuholen.

Danach ging Müller in seinem Vortrag “ Ist unser Rentensystem noch gerecht? “ auf ein leider vernachlässigtes Thema ein. Denn im Gegensatz zu Beamten und Abgeordneten drohen in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) immer mehr Menschen von der Altersarmut betroffen zu sein. Dafür nannte er im Wesentlichen drei Gründe. Der erste ist durchaus erfreulich, denn in den letzten 50 Jahren hat sich das Lebensalter und damit auch die Rentenbezugsdauer um 10 Jahre erhöht. Letzteres bedeutet allerdings eine Verdoppelung der Ausgaben, was bei gleichzeitiger Reduzierung der Kinderzahl von 2,5 auf 1.5 natürlich das System aus dem Gleichgewicht bringen muss. Der zweite Grund betrifft die Geringverdiener. Um eine Rente über der Grundsicherung zu erhalten, müssten sie einen durchschnittlichen Stundenlohn von 12 Euro erhalten. Der gesetzliche Mindestlohn liegt aber z. Z. bei 8,84 Euro. Der dritte Grund sind die sog. “ Versicherungsfremden Leistungen“ wie z.B. die Mütterrente,die Ost/Westanpassung beim Rentenwert, die Hinterbliebenenrente und der Rentenbezug vor Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abschlag. Diese Leistungen sind durchaus gesellschaftlich berechtigte Ausgaben, die allerdings nicht durch Beiträge gedeckt sind. Sie müssten vollständig aus Steuermitteln finanziert werden. Dies ist aber seit 1957 an in noch keinem Jahr passiert. Bis 2015 hat sich eine Summe von fast 750 Milliarden Euro aufaddiert, die der GRV zugunsten des Bundeshaushalts vorenthalten wurden. Um das Rentensystem wieder auf eine solide Grundlage zu stellen,schlug Müller eine Kombination aus dem Cappucino-Modell der katholischen Verbände und dem Schweizer System vor. 1. Stufe ist eine Sockelrente von ca. 1000 Euro, die für alle in gleicher Höhe ausbezahlt wird. Dafür müssen aber auch alle Erwerbstätigen und Einkommensteuerpflichtigen in sie einbezahlen und zwar ohne Beitragsbemessungsgrenze, d.h. auch alle Beamten, Freiberufler und Unternehmer. Müller rechnet mit einem Satz von ca. 6% auf alle Einkünfte. Als zweite Stufe sollte eine nach den erbrachten Beiträgen bemessene Rente ausbezahlt werden. Diese würde nach dem gegenwärtigen System berechnet, wobei auch Beiträge für Erziehungs- bzw. Pflegeleistungen berücksichtigt werden müssten. Die dritte Stufe wäre eine Betriebsrente, die allgemen verpflichtend eingeführt werden sollte oder eine Privatrente für die Selbständigen.

Zum Schluß stellte Müller noch die Frage, wie gerecht z. Z. die Berechnungsgrundlage ist. In der GRV bekommen die Versicherten vom Durchschnittsverdienst von fast 50 Jahren 48% als Rente, während die Beamten 70% ihres letzten Verdienstes erhielten. Und der „NormalRentner“ muss mittlerweile auch schon 74% seiner Rente versteuern!

Danach ging der 62-jährige Apotheker noch der Frage nach “ Wie soll unser Gesundheitswesen verändert werden?“ Dass Gesundheit und Heilung Geld kosten, ist jedem klar. Aber das Wohl der Patienten muss wieder an erster Stelle stehen und nicht mehr die ökonomische Effizienz. Vor 20 Jahren hat der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer aus dem Gesundheitswesen einen Markt gemacht. Es sollte alles billiger werden. Lässt man allerdings den Anspruch fallen, dass die Gesundheit höchste Priorität hat, werden Heilung und Patienten zur käuflichen Ware, und die dort tätigen Menschen werden zu Produktionsfaktoren, an denen man dann Effizienzschrauben anbringen kann. Die Logik des Profits ersetzt dann den medizinschen Sachverstand. Hier liegt auch die wirkliche Ursache für die mangelnde Attraktivität als Arbeitsplatz. Denn das Gefühl, dass die Arbeit mit Menschen und für Menschen eine andere Qualität haben sollte als die Herstellung verkäuflicher Waren, ist durchaus noch vorhanden. Müller zitierte einen Krankenhausarzt : „Er wolle aussteigen, weil jetzt Dinge im Krankenhaus laufen, bei denen das Wohl des Patienten den wirtschaftlichen Interessen des Haus in unvertretbarem Ausmaß nachgeordnet wird. Diagnostische und therapeutische Entscheidungen werden häufig nach den Kosten gefällt!“ Dazu komme noch die überbordende Bürokratie mit der die Krankenkassen Ärzte, Apotheker und vor allem die im Pflegebereich Tätigen überziehen. Mit dieser Methode hält man die Ehrlichen von ihrer eigentlichen Arbeit ab – die Betrüger erwischt man aber trotzdem nicht. Im Arzneimittelbereich hat die Sparwelle dazu geführt, dass der größte Teil der Arzneimittel im aussereuropäischen Ausland produziert werden. Dadurch kommt es immer wieder zu Lieferengpässen, was z.B. bei den Antibiotika im Krisenfall durchaus dramatische Folgen haben könnte. Wo es nur noch um den Profit geht, sind auch die Kriminellen nicht nicht mehr weit. Die Gewinnmargen bei Arzneimittelfälschungen liegen höher als beim Rauschgift. In Indien werden z.B. ca. 30% der Arzneimittel gefälscht – neuerdings sogar die klinischen Studien. Bei den mittlerweile nicht mehr nachzuvollziehenden Transportwegen zwischen Herstellung, Abfüllung und Verkauf sind Ganz-oder Teilfälschungen auch bei uns nicht mehr völlig zu vermeiden.

Als Lösungsansatz sah Müller eine Gesamtbetrachtung der Kosten für den jeweiligen Einzelfall, d.h. sektorenübergreifend Krankenhaus + Ärzte + Arzneimittel + Heilmittel bzw. Heilbehandlungen. Im Moment versuche man nur die einzelnen Bereiche gegeneinander auszuspielen.

Aber nur in der Kooperation wird man die besten Ergebnisse für die Patienten erreichen. Entsprechend dem ÖDP – Motto : Mensch vor Profit muss wieder die Heilung des Patienten im Zentrum stehen und nicht das kostengünstigste Verfahren. Ein „weiter so “ hilft nur den Ökonomen aber bestimmt nicht dem Gemeinwohl.

Die zahlreichen Zuhörer diskutierten danach noch ausführlich über die beide Vorträge. Müller verabschiedete sie zum Abschluss mit den Worten: „Eine bessere Welt kommt nicht von alleine. Sie wird nur kommen, wenn alle, die sich eine bessere Welt wünsche, sich auch aktiv dafür einsetzen! Der oftmals gehörte Satz “ da kann man nichts machen“ dient nur der Tarnung der eigenen Bequemlichkeit.“